Eigentlich ist es kaum zu glauben. Während die beiden Avatar-Filme von Regisseur James Cameron zu den erfolgreichsten Streifen aller Zeiten gehören und fleißig Rekorde purzeln lassen, konnte die Marke im Videospielbereich bislang noch nicht wirklich Fuß fassen. Avatar: Frontiers of Pandora von Ubisoft soll das ab Dezember 2023 endlich ändern.
Und die Voraussetzungen sind nicht schlecht, denn Frontiers of Pandora bringt einige vielversprechende Argumente mit, darunter das The Division-Studio Massive Entertainment als Entwickler oder einige bewährte Open-World-Mechaniken.
Ein paar Wochen vor dem offiziellen Release konnte ich den Titel für ein paar Stunden anspielen und hatte dabei bereits eine ganze Menge Spaß.
Die wichtigsten Fakten zum Spiel:
- Avatar: Frontiers of Pandora
- Genre: Action-Adventure mit Shooter-Elementen
- Publisher/Entwickler: Ubisoft/Massive Entertainment
- Plattformen: PlayStation 5, Xbox Series X/S, PC
- Release: 7. Dezember 2023
Was habe ich gespielt?
Bei meinem Anspieltermin per Remote-Session war ich insgesamt etwas mehr als zwei Stunden auf Pandora unterwegs und konnten in dieser Zeit vier Hauptmissionen sowie ein paar der Open World-Aktivitäten ausprobieren. Gespielt wurde die PC-Version mit einem Xbox-Controller.
Ein Kind zweier Welten
Frontiers of Pandora spielt in den namensgebenden Grenzgebieten des Mondes Pandora, dessen natürliche Ressourcen wie in den Filmen von der menschlichen “Ressources Development Administration” (RDA) ausgebeutet werden. In der Rolle eines Na'vi, also einem der humanoiden Ureinwohner Pandoras, gilt es, die Pläne der RDA zu durchkreuzen.
Der Clou: Als Kind wurde der eigene Charakter von der RDA entführt und im sogenannten Ambassador-Programm wie auf der Erde trainiert, bevor er dem Tötungsbefehl des Schurken John Mercer entging und nach 15 Jahren in einer Cryo-Kammer nicht nur auf Rache sinnt, sondern auch erst mal mit den Gepflogenheiten der Na'vi zurecht kommen muss.
Drei der Alien-Stämme gibt es im Spiel, von der Story bekomme ich während meiner Anspiel-Session aber nur am Rande etwas mit, kann also noch nicht wirklich beurteilen, ob der Plot besonders packend oder nur nettes Beiwerk ist.
Wunderschöne Spielwelt
Spielerisch setzt Avatar: Frontiers of Pandora wie schon erwähnt auf Bewährtes, nämlich die Kernelemente einer anderen Ubisoft-Serie: Far Cry. Die Grenzlande sind als offene Spielwelt mit mehreren Biomen ausgelegt, die ich aus der Ego-Perspektive in einer Mischung aus Shooter und Action-Adventure erkunde und dabei Missionen erfülle, meinen Charakter verbessere, Waffen, Rüstungen sowie Items crafte und mich natürlich immer wieder mit der RDA anlege.
Und dieser Mix lässt sich bereits in den ersten Spielminuten sehr gut an. Das liegt vor allem an der ebenso wunderschönen wie fremdartigen Spielwelt mit ihrer faszinierenden Flora und Fauna. Der dichte Dschungel von Pandora erstrahlt mit seinen verschnörkelten Pflanzen in satten Grün-, Lila- und Rottönen, Schmetterlinge flattern durch die Luft, Lianen hängen von mächtigen Baumriesen.
In der Ferne schweben majestätische Felsen in der Luft, neugierige Hundewesen kommen jaulend herbei, überall wuselt etwas, alles ringt um meine Aufmerksamkeit. Ich merke, wie sich mein Entdeckerdrang meldet, den ich aber erst einmal unterdrücke, um meiner ersten Hauptmission nachzugehen.
Durch die Augen eines Na'vi
Und diese Hauptmission ist vermeintlich simpel. Für die Na'vi-Anführer Etuwa und Nefika soll ich den Nektar einer Mangroven-pflanze einsammeln. Ein Blick in die Missionsnotizen verrät mir, wie die Pflanzen aussehen, mit einem Questmarker werden sie aber nicht automatisch markiert. Wer mag, kann also sehr geduldig die Umgebungen absuchen, das Ganze auf Wunsch mit der Na'vi-Sicht aber auch abkürzen.
Per Druck auf die Schultertaste macht die nämlich interaktive Elemente oder Geruchsspuren in der Umgebung sichtbar oder zeigt Missionsziele farblich an, wenn sie entsprechend angepinnt sind. Mit dieser Hilfe finde ich die entsprechende Pflanze im Nu und zupfe den wertvollen Nektar ab.
Beim Pflücken von pflanzlichen Ressourcen baut Frontiers of Pandora ein kleines Minispiel ein. Reiße ich die Frucht nur mit der Schultertaste ab, ist sie in einem weniger guten Zustand, als wenn ich den linken Stick in eine bestimmte Richtung bewege und dann den Trigger betätige. Das verschafft mir natürlich wertvollere Ressourcen, ich bin mir aber nicht sicher, ob dieses etwas gezwungen wirkende Minispiel nicht auf Dauer nervig werden kann, wenn es ständig eingesetzt wird.
Kochen und craften
Den Nektar gebe ich anschließend bei einem der überall verteilten Basislager ab, an denen nicht nur andere Na'vi mit Nebenaufgaben warten, sondern auch Koch- und Crafting-Stationen. Die Werte meines Na'vi lassen sich durch köstliche Gerichte nämlich kurzzeitig verstärken, etwa Angriffskraft oder Lebenspunkte, dazu können immer zwei der in der Spielwelt gesammelten Nahrungsmittel kombiniert werden.
Und an den Crafting-Stationen klöppele ich bessere Waffen, Rüstungsteile oder Items wie Ablenkungsgranaten zusammen – die entsprechenden Ressourcen natürlich vorausgesetzt. Offenbar ist das aber nur an festen Punkten in der Spielwelt möglich, eine Option um Dinge "on the fly" herzustellen, entdecke ich nicht. Es wäre schade, wenn Frontiers of Pandora in dieser Hinsicht im fertigen Spiel so einschränken würde.
Ganz und gar nicht eingeschränkt ist hingegen das vermittelte Bewegungsgefühl meines Na'vi, was besonders in der nächsten Mission hervorragend zur Geltung kommt. Hier soll ich nämlich einen Ikran zähmen, ein vieläugiges geflügeltes Reittier. Doch das Vieh denkt gar nicht daran, sich von mir tätscheln und damit besänftigen zu lassen, sondern flüchtet auf die riesigen schwebenden Felsen, die ich vorhin noch aus der Ferne bestaunt habe.
Turnen durch Pandora
Also nichts wie hinterher! Bei der Hatz über Lianen, schwebende Wurzeln und Steinformationen merke ich, wie gut es sich anfühlt, sich durch die Spielwelt von Frontiers of Pandora zu bewegen. Mein Na'vi ist behände und steuert sich herrlich direkt, hüpft hoch in die Luft und kann dort sogar noch einen kleinen Zusatzboost aktivieren, zumindest, wenn dieser über einen der fünf Talentbäume freigeschaltet worden ist. Mir fehlt allerdings eine Animation, wenn sich meine Figur an einer Kante hochzieht, das sieht im Spiel aktuell noch etwas unbeholfen aus.
Bei der Ikran-Verfolgung merke ich auch, dass die Wegfindung im Spiel wegen der fehlenden Questmarker manchmal etwas knifflig ist. Frontiers of Pandora kaut mir den idealen Weg zum Reittier nicht vor, sondern lässt mich selbst die Umgebung absuchen und herausfinden, wie ich am besten weiterkomme. Dementsprechend belohnend fühlt es sich an, als ich das Tier hoch oben auf den Felsen endlich besänftigen kann.
Für den finalen Vertrauensbeweis springe ich anschließend vom schwebenden Felsen in die Tiefe, der Ikran schießt hinterher und fängt mich in der Luft auf, kurz darauf schwebe ich auf seinem Rücken über die Dschungellandschaft von Pandora, alles untermalt von toller orchestraler Musik – ein echter Gänsehautmoment.
Talentbäume
Frontiers of Pandora belohnt für abgeschlossene Missionen mit Skillpunkten, die dann in insgesamt fünf Talentbäume investiert werden können:
- Survivor: Fokus auf höhere Gesundheit und Energie sowie die Möglichkeit, mehr Items tragen zu können.
- Warrior: Optionen für u.a. besseres Waffen-Handling oder höheren Schaden.
- Hunter: Erhöht die Chancen auf verbessertes Material und höhere Munitionskapazitäten.
- Rider: Verbessert die Ikran-Steuerung und die Fähigkeiten des Flugtiers.
- Maker: Fokus auf bessere Crafting- und Kochergebnisse.
Ein geflügelter Freund
Der Ikran – dem ich einen von mehreren vorgegebenen Namen geben kann – dient ab diesem Zeitpunkt als jederzeit rufbares Transportmittel, das sich zwar etwas hakelig steuert und auch vergleichsweise langsam fliegt, dafür aber tolle Aussichten auf Pandora bietet und natürlich auch für bestimmte Missionen benötigt wird. Darunter auch die, die jetzt in meiner Preview-Session ansteht.
Zwei schwebende RDA-Plattformen stören den Luftraum über dem Na'vi-Gebiet, jeweils bewacht von ein paar Samsons, kleinen helikopterähnlichen Flugvehikeln der menschlichen Ausbeuter. Die sind aber für das Sturmgewehr meines Na'vi kein Problem, das sich glücklicherweise auch während des Fliegens abfeuern lässt. Qualmend stürzen die Heli-Wracks kurze Zeit später zu Boden.
Nun muss ich noch die Plattformen unschädlich machen. Und auch hier nutzt Frontiers of Pandora ein kleines Minispiel. Auf der Plattform gelandet, muss ich mit einem Scanner ein Ringsymbol treffen, indem ich den rechten Trigger in einer bestimmten Stärke drücke. Dann öffnet sich ein Kontrollpanel, in dem ich innerhalb eines Zeitlimits eine Linie bis zum Ende nachfahren muss.
Das legt dann wiederum zerstörbare rote Tanks frei, die die Plattform im Anschluss in die Luft fliegen lassen. Eine gefällige Mischung aus Action und Knobelei also, auch wenn das Kontrollpanel-“Rätsel” nicht sonderlich anspruchsvoll ausfällt.
Schießen oder schleichen?
Actionreich geht es dann in der letzten Mission während der Preview zu, in der ich drei Bohrtürme in einem RDA-Außenposten deaktivieren muss. Der ist natürlich schwer bewacht, neben “normalen” menschlichen Soldaten stapfen auch gepanzerte Exoskelette über das Areal.
Es gäbe jetzt die Möglichkeit, leise in die Basis einzudringen, Gegner vorsichtig auszuschalten und möglichst wenig Lärm zu machen. Mit Blick auf die Uhr entscheide ich mich aber für die rabiatere Variante, auch um herauszufinden, wie sich Frontiers of Pandora in diesen klassischen Shooter-Momenten spielt.
Mein Charakter kann dank der RDA-Ausbildung sowohl menschliche Argumentationsverstärker wie Sturmgewehre oder Pistolen führen, aber natürlich auch traditionelle Na'vi-Waffen wie Holzbögen.
Die Schießereien mit den RDA-Truppen fühlen sich grundsätzlich zwar nicht so responsiv und direkt wie in anderen Shootern an – was auch an der etwas tumben KI der Feinde liegt –, dennoch macht es durchaus Laune, die Exoskelette und Soldaten nach und nach mit gezielten Pfeilschüssen zu eliminieren und anschließend geschickt zur nächsten missionsrelevanten Position zu turnen.
Das ist aber auch nötig, denn viel kann mein Na'vi nicht einstecken und die Basis lässt sich auch nicht komplett säubern, weil immer wieder RDA-Nachschub in die Basis strömt. Dennoch gelingt es mir, im Kugelhagel am Ende auch den dritten Bohrturm zu deaktivieren und damit die finale Mission abzuschließen.
Kollege Jonas Gössling aus dem Video-Team hat Frontiers of Pandora ebenfalls ausprobiert. Seine Einschätzung samt vieler bewegter Spielszenen seht und hört ihr in seinem Vorschau-Video:
Da sind viele Punkte auf der Karte vorprogrammiert
Danach werfe ich noch einen Blick auf einige der Nebenaktivitäten im Spiel, von denen es Ubisoft-typisch einige geben wird. Im Dschungel entdecke ich beispielsweise eine verlassene RDA-Station. Als ich den Strom wieder anstelle – mithilfe des vorhin erwähnten Minispiels –, bekomme ich den Auftrag, nach einem Piloten zu suchen, der in der Nähe mit seinem Flugzeug abgestürzt ist. Das Wrack wird von RDA-Truppen bewacht, zudem kommt erneut die Na'vi-Sicht zum Einsatz, um den Spuren des Piloten zu folgen.
Außerdem können in der Spielwelt Totems oder Malereien entdeckt werden, darüber hinaus warten durch die RDA mit Pfeilen markierte oder gefangene Tiere auf Hilfe bzw. Befreiung und natürlich wollen auch weitere Außenposten des RDA ausgeräuchert werden.
Die schicke 3D-Karte und mein Missions-Log sind während meiner Anspiel-Session zwar noch nicht wirklich vollgeknallt, ich rechne aber fest damit, dass das im fertigen Spiel passieren wird.
Trotz der Einschränkungen durch die Streaming-Situation – die Auflösung ist beispielsweise auf 1080p beschränkt – macht Frontiers of Pandora beim Anspielen schon einen sehr guten technischen Eindruck. Besonders die Spielwelt mit ihren vielen detaillierten Pflanzen und Charakteren sowie einer ordentlichen Weitsicht macht schon einen echten "Next-Gen-Eindruck", die Präsentation wird durch die orchestrale Musik und tolle Soundeffekte abgerundet.
Die Charaktermodelle in den wenigen Zwischensequenzen wirken allerdings noch etwas hölzern, hier muss bis zum Dezember noch nachgebessert werden. Doch auch so stehen die Chancen schon jetzt sehr gut, dass Avatar mit Frontiers of Pandora endlich eine erste richtige Videospiel-Duftmarke setzen kann.
Einschätzung der Redaktion
Tobias Veltin
@FrischerVeltin
Ich mag die Far Cry-Spiele und kann auch mit den Avatar-Filmen etwas anfangen. Dass mir Frontiers of Pandora gefallen könnte, war also nicht unwahrscheinlich. Aber dass es mir tatsächlich SO gut gefallen würde wie bei meinem Anspieltermin, hätte ich dann doch nicht gedacht. Denn eigentlich macht der Titel nichts wirklich außergewöhnlich oder besonders, sondern bedient sich vieler bekannter Mechanismen, die aber derart gut gemixt sind, dass ein in sich stimmiges Gebilde entsteht.
Besonders gut gefallen mir schon jetzt die ebenso schicke wie fremdartige Spielwelt mit ihren vielen Details sowie das Bewegungsgefühl meines Na'vi, sowohl bei der Navigation über Pandora als auch in den Kämpfen. Positiv empfinde ich auch, dass mir das Spiel nicht alles vorkaut und ich mich an einigen Stellen wirklich bewusst mit der Umgebung auseinandersetzen muss, um weiterzukommen. Zusammen mit der schon jetzt mehr als solide wirkenden Technik und Präsentation habe ich große Lust, im Dezember nach Pandora zurückzukehren.
Natürlich bleiben aber auch noch viele Fragen offen: Wie gut ist beispielsweise das Missionsdesign auf lange Sicht? Wie lohnend sind die Nebenaufgaben? Und kommt die Story über ein solides Niveau hinaus? Sollte Frontiers of Pandora diese Fragen in der finalen Version zufriedenstellend beantworten, könnte uns zum Abschluss des Jahres 2023 noch ein weiteres Open World-Highlight erwarten.
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