Verrat, Zwietracht und Korruption. Jeder kennt die schon tausendfach erzählte Geschichte eines Gangsters, der von einem Freund hintergangen wird, das passiert in Yakuza Kiwami auch der kriminellen Hauptfigur Kazuma Kiryu. Er nimmt es sogar in Kauf ins Gefängnis zu wandern, um die Menschen zu beschützen, die ihm nahe stehen. Als er zehn Jahre später als freier Mann auf die Straße tritt, hat er nicht nur viel aufzuarbeiten, sondern muss auch seine Ehre wieder herstellen.
Ja, diesen Plot hat man schon in etlichen Varianten durchgekaut. Doch was die Yakuza-Serie von anderen Gangsterballaden unterscheidet, ist die kontrastreiche Art und Weise, mit der auf der Klaviatur der Emotionen gespielt wird. Virtuos wechselt die Handlung zwischen todernsten Gesprächen, herzerwärmenden Situationen und völlig überzeichnetem Irrsinn. Dabei werden die sehr unterschiedlichen Charaktere jedoch nie unter Wert verkauft.
Alle bleiben in ihren Motiven nachvollziehbar und fügen sich organisch in diese wundervolle Mischung aus herben Kontrasten ein. Die Figuren machen die Handlung düsterer, heiterer, einfach bewegender als die in anderen Gangster-Geschichten, die nur eine einzige Tonart kennen. Dieser schwierige Balanceakt ist einer der Gründe, weshalb die Yakuza-Serie eine so treue Fangemeinde gewinnen konnte. Und es ist bereits in Kiwami spürbar, wohin die Reise mit den Nachfolgern gehen würde.
Neuer Anstrich
Kiwami ist ein vollumfängliches, originalgetreues Remake. Im guten, wie im schlechten Sinne. Auf der Haben-Seite sind die zahlreichen Erweiterungen in der Handlung, die mit Details die Motivationen der Charaktere sehr viel besser verdeutlichen. Zusammenhänge zwischen Handlungssträngen werden nun klarer; die Tiefe nimmt zu. Sogar einst unvertonte Nebengespräche haben stellenweise eine Sprachausgabe verpasst bekommen.
Die wurde ohnehin vollständig neu aufgenommen, was den Originalsprechern von damals die Chance gegeben hat, ihre Figuren besser zu interpretieren. Allerdings sind Texte, Kameraeinstellungen und sogar Motion Capture ohne Änderungen aus der Urversion von 2005 übernommen worden, vor allem den Bewegungen ist der Zahn der Zeit anzusehen.
Ein Highlight ist jedoch die komplett überarbeitete Grafik. Schon einmal das erleuchtende Gefühl erfahren, wenn man eine brandneue Brille auf- oder Kontaktlinsen einsetzt? So ähnlich fühlt es sich an, wenn man das schwammige Original von der ollen PlayStation 2 noch im Gedächtnis hatte. Kiwami benutzt die gleiche Technik, die auch schon in Yakuza 0 zum Einsatz kommt. Die Straßenzüge von Kamurocho erstrahlen durch schicke Beleuchtungs- und Wettereffekte im neuem Glanz. Gesichter, Kulissen, überhaupt das gesamte Gewusen mit den umherstreifenden Nachtschwärmern: Alles explodiert vor Details und hat gleichzeitig diesen charmant klaren Look, den man nur von Sega-Titeln kennt.
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Umso stärker fällt der Kontrast zu den alten Animationen auf, wenn zum Beispiel in den Zwischensequenzen die suboptimalen Mundanimationen der PS2-Fassung zu sehen sind. Doch das nimmt man angesichts der sonstigen Pracht gerne in Kauf, zumal sich Ladebildschirme rar gemacht haben. Vorbei sind die Zeiten, wo der Spielfluss mit ständigen Pausen unterbrochen wurde. Übergänge zwischen Außen- und Innenarealen sowie auch zu den Kämpfen sind nun größtenteils fließend.
Kleidung, die nach 10 Jahren nicht mehr passt
An den Grundpfeilern der Serie hat sich nichts geändert. Erneut kreuzt Sega eine offene Spielwelt voller optionaler Nebenaufgaben mit einem Brawler. Unser Held Kiryu kämpft oft. Sehr oft. Da ist die Übernahme des schnellen Kampfsystems aus Yakuza Zero eine willkommene Verbesserung. Unser Protagonist kann jederzeit zwischen vier Kampfstilen wechseln und serientypisch völlig übertriebene Moves vom Zaun brechen. "Brechen" ist überhaupt ein gutes Stichwort, denn Kiwami geizt nicht mit Blut.
Hier werden hemmungslos Gesichter auf den Asphalt geschlagen, Knochen zum Splittern gebracht oder Kiefer um Backenzähne erleichtert. Das klingt brachial und das saftige Trefferfeedback lässt keine Zweifel: Mit Kiryu legt man sich besser nicht an!
Doch ausgerechnet bei den Prügeleien merkt man, dass das neue Kampfsystem und die alte Spielwelt nicht immer zusammen passen. Oft stellen sich Kiryu Feinde in engen Korridoren und Räumen entgegen, die nicht genug Raum für die großflächigen Kampfstile geben. Die Einengung schränkt die strategischen Optionen ein. Besonders bei den Bosskämpfen merkt man, dass in der Serie eine große Entwicklung stattgefunden hat.
Die Bewegungen und Kampfmuster der Obermotze wurden nicht an das moderne Kampfsystem angepasst, Kiryu ist ihnen überlegen und die Kämpfe werden zu stumpfem Gesundheitsbalken-Wegprügeln ohne Dynamik. Dies wäre ein Aspekt gewesen, wo sich Kiwami konsequent von seinen Altlasten hätte trennen müssen.
Neu in Yakuza Kiwami ist die Integration von Majima. Er ist bei den Fans einer der beliebtesten, weil durchgedrehtesten Charaktere. Er kann Kiryu nun überall und jederzeit über den Weg laufen, um von ihm herausgefordert zu werden. Man gibt dem Augenklappenträger nicht nur ordentlich auf's Fressbrett, sondern wetteifert auch in den zahlreichen Mini-Spielen gegen ihn. Ob diese Neuerung der Dramaturgie hilft ist fraglich, doch Majima-Fans klatschen sicher aufgeregt in die Hände. Besiegt man ihn bei allen Aktivitäten, erhält man seine Movesets für Kämpfe.
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Schöner Nebeneffekt: Auf diese Weise lernt man alle Nebenaktivitäten kennen. Und das ist absolut lohnenswert! Zwar ist nicht jedes dieser Minispiele ein Volltreffer. Rennen mit ferngesteuerten Autos oder Billard sind zum Beispiel nur auf dem Papier aufregend. Aber Karaoke oder das skurrile Wrestling-Spiel »Battle Bug Beauties: MesuKing« sind wiederum ein großer Spaß. Ja, Letzteres solltet ihr googlen. Das ist so bekloppt, dass wir es selbst kaum fassen konnten.
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