Hardware
Wie Tobi schon festgehalten hat, ist die Xbox Series X ein faszinierendes Stück Technik. Als reines Enthusiasten-Spielgerät möchte ich die Konsole allerdings nicht betiteln. Bei der vorherigen Generation war schon zum Start klar, wo die Reise aufgrund von bestimmten Limitierungen enden könnte. Nun ist es bei der Xbox Series X aber so, dass ich mit Spannung erwarte, zu welchen Höchstleistungen die Hardware gepusht werden kann. Die einzelnen Komponenten der Series X greifen nämlich perfekt ineinander, weshalb sie für alle kommenden Spiele gerüstet ist.
Grafikleistung und Bildqualität
Der Grafikchip von AMD ist perfekt für hohe Auflösungen ab 1440p geeignet und strebt darüber hinaus eine Framerate von 60 fps an. Im für die Series X optimierten Gears 5 nähert sich die Konsole den bisher unerreichbaren Maximaleinstellungen der PC-Version. Anti-Aliasing, das zur Glättung von Polygonkanten verwendet wird, um störende Treppchen-Effekte zu vermeiden, funktioniert noch einmal eine Spur sauberer. Das gesamte Bild wirkt geringfügig schärfer und als besonderes Bonbon kommen wir in den Genuss von Schattenwürfen auf Basis von Ray-Tracing.
Ansonsten gibt es nicht viel von Ray-Tracing zu sehen: Das visuelle Meisterwerk von The Coalition ist in unserem Test-Parcours der derzeit einzige Titel mit Ray-Tracing-Unterstützung. Zum Launch soll aber auch Watch Dogs: Legion über eine entsprechende Implementierung verfügen. Die Performance scheint in Gears 5 jedenfalls nicht darunter zu leiden: 60 fps werden in 4K nahezu ohne Probleme gehalten, nur beim Durchqueren von großen Arealen fallen ein paar Frames ab. Dessen sind sich die Entwickler bewusst, ein Patch ist in Arbeit. Im Multiplayer lassen sich hingegen sogar einhundertprozentig stabile 120 fps anwählen. Dieser Modus verfügt jedoch über keine Ray-Tracing-Funktionalität.
Optimierte Spiele mit kleineren Problemen
In unserem Xbox-Series-S-Test weisen wir auf viele Kritikpunkte in Sea of Thieves hin und auch die Version für die Series X bleibt nicht von Fehlern verschont. Zwar ist die Bildqualität nun auf einem höheren Niveau, im direkten Vergleich fällt jedoch die unstete Framerate der eigentlich leistungsfähigeren Konsole auf. Tummeln sich viele Objekte auf dem Bildschirm, werden stabile 60 fps nicht mehr gehalten. Zudem ploppen Felsen und Bäume in der Distanz aggressiver ins Bild als in der PC-Version auf Ultra-Einstellung. Entwickler Rare wird zum Launch der Konsolen aber noch einen Patch nachliefern, möglicherweise werden diese kleineren Probleme dadurch behoben.
Neuveröffentlichungen noch ohne Next-Gen-Feeling
Ob nun Dirt 5, Assassin's Creed Valhalla oder Yakuza: Like a Dragon: All diese Spiele lassen einen optisch sichtbaren Generationssprung vermissen. Ausgiebig zocken konnte ich von den genannten Beispielen nur Dirt 5 und da machte unsere Vorabversion noch ein paar Probleme. Über die Pisten zu rauschen ist zwar sehr launig und auch die Reflexionen im Matsch können sich sehen lassen, ein verbuggtes HUD und Bildzerreißen stören den ansonsten guten Eindruck allerdings. Hierbei sei aber erwähnt, dass diese Version von Dirt 5 noch noch nicht final für die Xbox Series X/S optimiert war und nicht das finale Spiel repräsentierte.
Aber auch so fehlt es der Xbox Series X an einer echten technischen Killer-App, die einen wirklich vom Hocker reißt.
Abwärtskompatibilität
Da die wenigsten Spiele des Xbox-Katalogs auf die brandneue RDNA-2-Architektur der Xbox Series X hin optimiert sind, müssen wir in fast allen Fällen auf Xbox One-X-Versionen zurückgreifen. Jeder Titel profitiert dabei unterschiedlich stark von der immensen Hardware-Power. Sofern, wie beim 2016er Doom, auf eine dynamische Auflösung zurückgegriffen wurde, wird diese nun deutlich häufiger bei vollen 4K gehalten. Dadurch erhalten solche Spiele einen höheren Schärfegrad, unabhängig vom Geschehen auf dem Bildschirm.
Ein Performance-Boost, den man fühlen kann: Einige Spiele bieten zudem eine freigeschaltete Framerate, die mit der Leistung des Systems skaliert. Dead or Alive 6 ist nun bspw. durchweg mit 60 fps in 4K spielbar. Obendrauf gibt es noch eine bessere Texturfilterung für fast alle Titel. Das macht sich bemerkbar: Alle abwärtskompatiblen Spiele machen einen glasklaren und knackscharfen Eindruck.
Fest einprogrammierte Framerates mindern das Vergnügen: Ein Spiel, das mit konstanten 30 fps läuft, wirkt zumeist flüssiger als ein Titel, der immer wieder zwischen 30 und 60 fps schwankt. Dementsprechend viele Spiele sind auf maximal 30 fps festgenagelt. Dadurch entsteht die ärgerliche Situation, dass zum Beispiel Remnant: From the Ashes wunderbar ausschaut, aber kein ganz so flüssiges Spielerlebnis bietet wie Shooter, die auf 60 fps laufen.
Stromverbrauch
Neben der Spiel-Performance, habe ich auch den Stromverbrauch der Xbox Series X getestet. Das Netzteil ist für Lasten von maximal 315 Watt konzipiert, diese werden momentan jedoch nicht einmal annährend erreicht. Interessant ist zudem, dass der Verbrauch nicht an die Auflösung des Systems gekoppelt ist. Wie schon bei der Xbox One X bestimmt die Software die Render-Auflösung. Die Konsole skaliert den Output dann wahlweise hoch oder runter. Nun aber zu einigen Testergebnissen:
- Gears 5: 170 W (Kampagne), 183 W (Versus)
- Sea of Thieves: 164 W (Jungfernfahrt)
- Dirt 5: 151 W (Rennen)
- Call of Duty: Warzone: 145 W (Gameplay)
- Ori and the Will of the Wisps: 126 W (Lumaseen)
Es lässt sich feststellen, dass die Xbox Series X hat noch viel Luft nach oben hat und äußerst sparsam zu Werke geht. Laut AMD wurde bei der Entwicklung der RDNA2-Architektur besonders darauf geachtet, dass die erzielte Performance pro Watt sehr hoch ausfällt und das können wir so bestätigen.
NVME-SSD als interner Datenträger
Die Xbox Series X|S lässt veraltete Festplattentechnik hinter sich und beschert uns modernsten SSD-Speicher. Noch immer sind in wenigen Geräten Datenträger mit PCI-Express-Gen.4-Anbindung vertreten, weshalb die Next-Gen-Konsolen tatsächlich eine gewisse Vorreiterrolle einnehmen. Das ist auch höchst wünschenswert: Während Festplatten auf Datentransferraten von bis zu 120 MB/sec limitiert sind und durch hohe Zugriffszeiten ausgebremst werden, kann die NVME-SSD der Xbox Series X|S bis zu 2,4 GB an Rohdaten, bzw. 4,8 GB an komprimierten Dateien pro Sekunde transferieren.
Das ändert sich in der Praxis: In Spielen äußert sich dies vorerst durch viel kürzere Ladezeiten, aber auch Menüs lassen sich flotter navigieren. Karten sind Sekundenbruchteilen aufgerufen und Vorschau-Screens, etwa wenn ihr den Skin eures Avatars ändern möchtet, lassen sich zügig bedienen. Das Betriebssystem der Xbox Series X legt ebenfalls zu: Beim Hochfahren müsst ihr nur noch 19 Sekunden Wartezeit einplanen, das Dashboard reagiert wunderbar responsiv auf eure Eingaben.
Hier eine kleine Übersicht mit Messungen, die wir im Hinblick auf Ladevorgänge vorgenommen haben:
- Gears 5: 6 Sekunden (Savegame Akt 2, Kapitel 3)
- Sea of Thieves: 12 Sekunden (Jungfernfahrt)
- Dirt 5: 14 Sekunden (Freeplay, Brasilien)
- Ori and the Will of the Wisps: 5 Sekunden (Savegame Brunnquelllichtung)
- Remnant: From The Ashes: 12 Sekunden (Teleport zum Nebelsumpf)
Doch das ist erst der Anfang: Künftige Spiele sollen in größerem Umfang von den Fähigkeiten der NVME-SSD Gebrauch machen. Gigantische Welten mit nahtlosen Übergängen können dank der enormen Geschwindigkeit des Speichermediums kreiert werden.
Eure Spielfigur muss dann keine ewig langen Fahrstuhlsequenzen mehr absolvieren und auch das überaus filmische Hindurchquetschen durch Felsspalten gehört der Vergangenheit an. Des Weiteren wird es in Zukunft möglich sein, Assets, wie etwa Texturen oder Charaktermodelle, direkt von der SSD zu laden. So wird der Arbeitsspeicher der Series X entlastet. Wobei dieser bei weitem nicht so knapp bemessen ist, wie etwa bei der kleineren Xbox Series S.
120 fps und Variable Refresh Rate (VRR)
Mit der Xbox Series X|S halten innovative Technologien Einzug, die sich aus der HDMI-2.1-Tauglichkeit der Konsolen ergeben, aber auch mit kompatiblen HDMI-2.0-Geräten verwendet werden können. Zumindest sofern sie euer Bildschirm unterstützt. Zockt ihr auf einem Monitor, der über ein Panel mit mindestens 120 Hz verfügt, könnt ihr in Spielen wie Gears 5 oder Dirt 5 die Framerate auf diesen Wert anheben.
Obwohl HDMI-1.4-spezifizierte Displays laut Standard auch von dieser Option Gebrauch machen könnten, sperrt die Xbox Series X diese aus.
VRR verhindert störendes Bildzerreißen: Sollte euer Bildschirm FreeSync- oder HDMI-VRR unterstützen, so könnt ihr damit die Bildwiederholrate des Displays mit der Framerate der Xbox Series X synchronisieren. Das Spielerlebnis fühlt sich dann stets flüssig an, da keine Zwischenbilder mehr generiert werden. Bildzerreißen wird außerdem vollständig eliminiert.
HDR
Die Xbox Series X verfügt über volle Kompatibilität zu HDR10. Zusätzlich lässt sich Dolby Vision in Streaming-Apps aktivieren. Zukünftige Spiele werden den Dolby-Standard, der eine noch höhere Leuchtdichte von bis zu 10.000 Nits wiedergeben kann, ebenfalls verwenden. Interessant ist überdies die "Auto-HDR" -Funktion, die Titel ohne nativen HDR-Support mit dem erweiterten Dynamikbereich verziert.
Die Ergebnisse variieren stark: Da pur weiße Bildschirmelemente, wie etwa Schrift, überbelichtet werden und damit beißend grell leuchten, ist nicht jedes Spiel für Auto-HDR geeignet. Dunkle Umgebungen, wie etwa in Outlast oder Layers of Fear, erhalten jedoch eine völlig neue Tiefe.
Sound
Mit Dolby Atmos und DTS:X unterstützt die Xbox Series X|S die beiden gängigsten Bitstream-Formate für 3D-Sound. Vor allem Dolby Atmos lohnt sich, da der Standard in vielen Spielen genutzt wird und mit einem glasklaren, dreidimensionalen Sound auftrumpft. DTS:X wird hingegen nur von einer Handvoll Titeln angeboten. Beide Anbieter stellen darüber hinaus Algorithmen bereit, die in der Lage sind, Spiele mit einfachem PCM-Sound oder älteren Tonformaten neu abzumischen, so dass diese um eine dreidimensionale Ebene, sowie eine enormen Tiefe erweitert werden. Das funktioniert in der Praxis echt klasse!
Nutzer von Kopfhörern dürften ebenso entzückt sein: Mit DTS Headphone:X, Dolby Atmos for Headphone und Windows Sonic stehen gleich drei Raumklangsimulationen für Setups ohne fettes Heimkinosystem zur Verfügung. Lediglich Windows Sonic ist ohne Lizenzgebühr nutzbar und verrichtet seinen Dienst bereits absolut respektabel. Den vollen Hörgenuss gibt es aber nur über die kostenpflichtigen Dolby- bzw. DTS:X-Standards.
Info
Besitzt ihr ein neueres Mixamp oder eine Wireless-Station von Astro, könnt ihr diese zum Teil updaten, um sie über USB an eurer Xbox betreiben zu können. Das Unternehmen stellt dafür eine Anleitung samt Kompatibilitätsliste bereit. Habt ihr bisher ein Xbox-Wireless-lizenziertes Produkt genutzt, lässt sich dieses ganz einfach mit der Xbox Series X synchronisieren.
Besitzer älterer Kopfhörer müssen umdenken
Während bei Lautsprecher-Setups weiterhin ein AV-Receiver mit Unterstützung für die genannten Ton-Formate ausreicht, sieht es im Kopfhörerbereich kniffliger aus. Solltet ihr nämlich auf einen optischen Tonausgang angewiesen sein, müsst ihr den Umweg über den Controller oder einen HDMI-Extraktor gehen. Diese Anschlussmöglichkeit fehlt bei der Xbox Series X|S leider völlig.
Der Klinkenausgang am Controller sorgt immer wieder für Probleme: Ich habe die Xbox Series X mit quasi allen Controller-Generationen seit dem Xbox-One-Launch 2013 und zwei Kopfhörern mit unterschiedlicher Impedanz ausprobiert. Nahezu immer stieß ich auf Probleme. Mit abnehmenden Ladestand der Akkus kam es zu störenden Hintergrundgeräuschen, beim Anstecken während eines laufenden Spiels fror die Konsole sogar ein. Auch Tonaussetzer waren keine Seltenheit. Vor allem die Kopfhörer mit einer Impedanz von 250 Ohm ließen jeden Hi-Fi-Eindruck vermissen.
Erneut kein Bluetooth-Support: Eine Unterstützung von Bluetooth-Audio wäre eine wirklich gute Alternative, wenn ihr euer Audio-Equipment nicht ausschließlich für eine Konsolennutzung zusammengestellt habt. Zumal die Verbreitung entsprechender Kopfhörer stetig steigt, da immer mehr Smartphones auf einen Klinkenanschluss verzichten. Von Bluetooth fehlt bei der Xbox Series X jedoch jede Spur.
Hardware-Fazit
Chris Werian
@DrChrisRespect
Obwohl ich mit der Series X deutlich weniger Zeit verbringen konnte als mit der kleineren Series S, bereitete sie mir viel mehr Freude. Werden 4K und 60 fps vom Spiel unterstützt, ist sie visuell eine absolute Wucht. Dabei geht sie besonders sparsam mit Energie um, weshalb ich nicht davon ausgehe, dass ihr alsbald die Luft ausgehen wird. Der Schritt zur SSD war außerdem überfällig und ich bin gespannt darauf, wie Entwickler mit dem internen Datenträger in Zukunft umgehen.
Ein Großteil meiner Spielerfahrung basiert aber noch auf abwärtskompatiblen Xbox-One-X-Versionen, die im besten Fall makellose 60 fps oder eine freigeschaltete Framerate bieten, im schlechtesten Fall für 30 fps programmiert wurden. So sehr man solche Titel mit besserem Anti-Aliasing oder hochwertiger Texturfilterung auch aufhübschen mag, konstante 60 fps sind mir persönlich wichtiger.
Auch die schwierige Position als Besitzer eines älteren Astro-Mixamps bereitet mir Kopfzerbrechen, Auf einen Großteil der Xbox-Series-X-Zielgruppe wird das aber wohl eher nicht zutreffen. Wer in einem Heimkino mit perfekt aufeinander abgestimmten Komponenten und großem 4K-Fernseher sitzt, der bekommt mit der Series X genau das, was er sich immer erträumt hat: Ein irrsinnig leistungsfähiges und leises Gaming-Center, das visuell beeindruckende Landschaften auf den Bildschirm zaubert.
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