Wylde Flowers macht von Anfang an keinen Hehl daraus, dass dem Entwicklerstudio drydock Repräsentation wichtig ist: Über dem Rathaus der Stadt Fairhaven weht etwa die Regenbogen-Fahne. Aber auch abseits davon wirkt das Spiel überraschend divers und queer. Ganz anders, als wir das von den meisten Farming-Sims wie Stardew Valley gewohnt sind.
So hebt sich Wylde Flowers von Stardew Valley & Co ab
Wylde Flowers wirkt auf den ersten Blick wie die nächste heimelige Farming-Sim vom Schlage eines Stardew Valley, My Time at Portia, Animal Crossing oder Story of Seasons – und bis zu einem gewissen Grad stimmt das auch. Es gibt aber zwei große Unterschiede.
Die Story von Wylde Flowers steht viel stärker im Fokus als bei der Konkurrenz. Wir übernehmen hier zwar auch die Farm unserer Oma und müssen mit den Bewohner*innen des Ortes klarkommen. Aber wir sind gleichzeitig auch noch eine Hexe und das birgt großes Konfliktpotential.
Mehr zur emotional mitreißenden Story von Wylde Flowers findet ihr hier:
Außerdem setzen die Wylde Flowers-Macher*innen stark auf queere Repräsentation und einen diversen BIPOC-Cast. Wir treffen unter anderem ein schwules Pärchen, eine nichtbinäre Person und eine lesbische Frau. Hauptfigur Tara können wir selbst ebenfalls queer spielen.
David Molke
@DavidMolke
Stardew Valley zählt zu Davids absoluten Lieblingsspielen, aber auch Lieblinge sind nicht perfekt. Vor allem, wenn es um queere Repräsentation geht, haben fast alle noch Nachholbedarf. Auch viele Cozy Games wie Animal Crossing und Co..
Die Unterschiede: Das läuft anders als in Stardew Valley & Co
In Stardew Valley könnt ihr zwar einen homosexuellen Charakter spielen (oder einen Mitbewohner statt Ehepartner*in haben), aber in den entscheidenden Punkten fehlt etwas: Die romantische oder sexuelle Orientierung der Charaktere spielt keine Rolle – es wird genommen , wer genug Geschenke gemacht hat. Unabhängig davon, welches Geschlecht ihr spielt.
Theoretisch sind also alle potentiellen Partner*innen bisexuell oder können zumindest schwul beziehungsweise lesbisch sein, je nachdem, wie wir spielen. Aber gesprochen wird darüber mysteriöserweise nie. Die Figuren bleiben dadurch diffus, ihre Identität beliebig und wir können uns höchstens mit der Hauptfigur identifizieren, eine richtige Repräsentation bleibt aus.
Hier geht Wylde Flowers viel weiter. Wir können zwar ausschließlich als Frau spielen. Aber wir haben die Wahl, wie und wen wir lieben oder begehren (und wie unser*e Ex-Partner*in heißt). Vor allem treffen wir explizit homosexuelle oder heterosexuelle Charaktere, die auch über ihre Identität sprechen.
Mit Kim gibt es auch eine explizit nichtbinäre Figur im Spiel, was beispielsweise in einem Stardew Valley überhaupt keine Rolle spielt. Und natürlich macht es einen Unterschied, dass wir die Option haben, auch Kim zu daten. Repräsentation ist wichtig und fühlt sich für alle, die sich darin wiederfinden, besonders gut an.
Was Wylde Flowers so beeindruckend macht
Mir persönlich gefällt vor allem der unaufgeregte, normale Umgang des Spiels mit den Figuren und Themen. Die Autor*innen wedeln nicht mit dem Zeigefinger und lassen den Holzhammer stecken.
Klar, Kim klagt augenzwinkernd darüber, dass es offenbar ziemlich viel verlangt ist, Menschen mit den richtigen Pronomen anzusprechen. Selbstverständlich spricht Amira darüber, dass sie lesbisch ist und wie schwierig das beim Dating sein kann. Auch die Beziehung zwischen Francis und Angus bleibt natürlich nicht unerwähnt, immerhin heiraten die beiden.
Aber das passiert nicht auf eine Art und Weise, die "OMG, die sind schwul, seht her!" schreit, sondern so, dass es komplett normal ist. Weil es eben einfach normal ist. Es gibt nun einmal homosexuelle Personen oder nichtbinäre Menschen und sie führen ein ganz normales Leben mit eigenen Geschichten: Sie sind unter uns – deal with it!
Die Gratwanderung zwischen zu wenig Repräsentation und plakativem, hohlem Tokenism gelingt Wylde Flowers ganz hervorragend und das kann gar nicht lobend genug erwähnt werden. Das fühlt sich einfach angenehm unaufgeregt und fortschrittlich an. Wie ein zeitgemäßes Spiel aus dem Jahr 2022 eben.
Was ist Tokenism? Tokenism bezeichnet grob zusammengefasst und stark vereinfacht Alibi-Personen, die als Vorzeige-Menschen oder Aushängeschilder ausgenutzt werden. Wie zum Beispiel wenn Leute behaupten, sie könnten nicht rassistisch sein, weil ihr Hausmädchen ja "Ausländerin" sei, sie schon mal einen Schwulen gefragt hätten, der Diskriminierung okay fand und so weiter. Mehr dazu lest ihr zum Beispiel hier beim Rosa Mag oder hier im Missy Magazine.
Aber da geht noch mehr: Die Repräsentation macht anscheinend vor trans Personen Halt. Auch Menschen mit Behinderungen oder asexuelle, aromantische Leute suche ich bisher vergebens in Wylde Flowers. Das empfinde ich zumindest als kleinen Dämpfer meiner sonstigen Begeisterung, einfach weil es nicht ganz konsequent zu Ende gedacht wird.
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