Watch Dogs Legion - Innovative Hacker-Armee in Standard-Open World

Watch Dogs Legion hat keinen festen Protagonist, sondern gleich eine ganz Hacker-Armee, die wir in den Widerstand führen können. Hannes erzählt euch, wie sich dieser innovative Ansatz spielt.

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Watch Dogs Legion lenkt die Hacker-Reihe in eine neue Richtung. Watch Dogs Legion lenkt die Hacker-Reihe in eine neue Richtung.

Es ist wohl kein Zufall, dass Watch Dogs Legion keine 3 im Namen trägt. Das nächste Hacker-Abenteuer von Ubisoft fühlt sich nämlich eher wie eine Neuinterpretation der Reihe an und weniger wie ein direkter Nachfolger. Im Kern bleibt mit der Widerstandsgruppe DedSec und dem fiesen Überwachungsprogramm ctOS zwar alles beim Alten, doch was Watch Dogs Legion daraus macht, ist anders und interessanter.

Watch Dogs Legion
Releasetermin: 29. Oktober 2020
Plattformen: PS4, Xbox One, PC, Google Stadia
Was konnten wir spielen?
- Prolog (ca. 20 Minuten)
- Open World-Gameplay (ca. 150 Minuten)

Wir hatten bereits Gelegenheit, uns etwa drei Stunden in der Welt von Watch Dogs Legion aufzuhalten, Rebellen anzuheuern, gegen private Sicherheitsfirmen vorzugehen und Fahrzeuge gegen die Wand zu fahren. Durch das innovative NPC-Rekrutierungssystem fühlte sich das überraschend taktisch an, auch wenn die Open World eher gewohnte Kost liefert.

Dystopisches (aber brandaktuelles) London-Setting

Nach den Besuchen in Chicago und San Francisco lässt die Watch Dogs-Reihe die USA hinter sich und wagt den Sprung nach Europa. Das fiktive Post-Brexit-London, das uns in Legion als Setting dient, liegt aber nicht nur auf einem anderen Kontinent, es ist auch dystopischer und aktueller denn je. Überwachung und Korruption sind jetzt nur noch ein Teil des Problems - auch nationalistische Tendenzen, soziale Ungerechtigkeit und ein autoritäres Regime machen das Leben in London schwer.

Hinweis zur angespielten Version
Die Coronavirus-Pandemie macht natürlich auch nicht vor Presseevents halt, also haben wir Watch Dogs Legion nicht vor Ort an einer Konsolen anspielen können. Stattdessen stellte Ubisoft eine Streaming-Version zur Verfügung, die wir an einem Rechner und mit einem Xbox-Controller gespielt haben. Da dadurch keine authentische Testumgebung gewährt werden konnte, werden wir in unserem Anspielbericht auch keine Aussagen über die Performance von Watch Dogs Legion treffen.

Einen festen Hauptcharakter gibt es zwar nicht, aber einen Cast an Nebenfiguren, der uns durch die Story führt. Einen festen Hauptcharakter gibt es zwar nicht, aber einen Cast an Nebenfiguren, der uns durch die Story führt.

Und da ist es umso passender, dass uns Watch Dogs Legion keinen festen Protagonisten an die Hand gibt. Aus DedSec, der kleinen aber effizienten Gruppe aus tech-affinen Hacker-Rebellen, ist ein ausgewachsener Widerstand geworden, der auch einfache Bürger in seinen Reihen willkommen heißt. Die Zeiten der individuellen Leistungsträger wie Aiden Pearce oder Marcus Holloway ist vorbei - alle müssen jetzt an einem Strang ziehen.

Wir sind das Hacker-Volk!

Dieser Gemeinschaftsgedanke ist in Watch Dogs Legion deutlich zu spüren. In unserer Zeit mit dem Spiel hatten wir Zugriff auf etwa ein halbes Dutzend unterschiedlicher Charaktere, mit denen wir unsere Missionen hätten erledigen können. Zudem stand uns jederzeit offen, neue DedSec-Mitglieder zu rekrutieren, wobei uns wortwörtlich die gesamte Bevölkerung Londons zur Verfügung steht. Problemlos verlaufen diese Rekrutierungen aber nicht.

Watch Dogs Legion beginnt nämlich mit einer Reihe an verheerenden Bombenanschlägen, die die Stadt erschüttern. Wer dahinter steckt, ist die große Frage, die wir beantworten müssen. In den Medien sind die Schuldigen aber längst gefunden: DedSec soll verantwortlich sein. Und wie das mit Fake News so ist, gibt es auch viele, die fest daran glauben. Also kann es gut sein, dass wir Unterstützung anheuern wollen, selbst aber als Feind wahrgenommen werden.

Über sogenannte Rekrutierungsmissionen können wir das Vertrauen der Bevölkerung allerdings wieder zurückgewinnen. Falls wir beispielsweise den besten Freund aus dem Gewahrsam der willkürlichen agieren Sicherheitsfirma Albion befreien, dann ist jede Überzeugungsarbeit bereits geleistet.

An jeder Straßenecke können wir auf die zukünftigen Stars unseres DedSec-Teams treffen. An jeder Straßenecke können wir auf die zukünftigen Stars unseres DedSec-Teams treffen.

Die Qual der Wahl

Allzu sinnvoll ist es aber nicht, jeden dahergelaufenen Passanten in das DedSec-Team aufzunehmen. Via digitalen Background-Check können wir NPCs auf Knopfdruck analysieren und ihre Stärken und Besonderheiten herausfinden - für manche Jobs braucht es nämlich die richtige Person.

Individuell sind die NPCs in Watch Dogs Legion zwar vor allem deswegen, weil sie über eigene Tagesabläufe und Hintergrundgeschichten verfügen, für uns zählen aber andere Einstellungskriterien. Jeder NPC hat seinen Talent-Schwerpunkt entweder im beim Hacken, im Kampf oder im Stealth. Je nachdem wie unser Plan für eine Mission aussieht, brauchen wir entsprechende Kandidaten. Besondere Waffen, Fahrzeuge, Gadgets und Fähigkeiten runden das Bewerbungsgespräch dann ab.

So eignen sich bei Infiltrationen natürlich immer Insider am besten. Wir mussten uns beispielsweise auf eine abgesperrte Baustelle schleichen, um dort Hinweise auf den Verbleib eines Gefangenen zu suchen. Wer eignet sich also besser für diesen Auftrag als eine Bauarbeiterin mit Warnweste und gelben Hartplastik-Helm? Dass Bauarbeiter*innen dann noch mit der exklusiven Nagelpistole auf den Plan treten und halbwegs lautlos töten können, macht die Wahl perfekt.

Cargo-Drohnen, wie hier im Hintergrund zu sehen, können von Bauarbeiter*innen eingesetzt werden. Cargo-Drohnen, wie hier im Hintergrund zu sehen, können von Bauarbeiter*innen eingesetzt werden.

Weitere Beispiele für rekrutierbare NPCs:

  • Spion*innen: verfügen über eine Schalldämpferpistole, eine "Spionageuhr", die feindliche Waffen unbrauchbar macht und ein besonderes Auto, das Raketen verschießt und sich tarnen kann
  • Fußball-Hooligans: nehmen beim Prügeln weniger Schaden und können auf Knopfdruck ihre Freunde in einem Kampf hinzuholen
  • Polizist*innen: verfügen über eine Polizeiuniform (Zutritt zu abgesperrten Bereichen), einen Schlagknüppel und können festgenommene DedSec-Mitglieder wieder freilassen

Rekruten, die einen Hintergrund im Medizinwesen haben, können zudem hilfreich sein, indem sie verletzte DedSec-Mitglieder schneller gesunden lassen. Scheitert eine Mission, fällt der aktuelle Charakter meist für eine bestimmte Zeit aus, im ärgsten Fall kann er aber auch sterben und dauerhaft aus dem Team verschwinden. So oder so lohnt es sich, ein umfangreiches Netzwerk an DedSec-Rebellen aufzubauen.

War Permadeath ursprünglich noch als Kernfeature angedacht, habe man sich jetzt für einen gesonderten Modus entschieden, wie uns Game Director Clint Hocking im Interview verraten hat.

Insgesamt soll drei unterschiedliche Modi geben:

  • Normal Mode - Teammitglieder landen nur im Gefängnis oder Krankenhaus und sind nach dem Ablauf einer bestimmten Zeit wieder verfügbar. Sind alle Charaktere gleichzeitig außer Gefecht, wird automatisch der NPC wieder zugänglich gemacht, der die wenigste Zeit absitzen muss.
  • Hardcore Mode - Sind alle Teammitglieder gleichzeitig außer Gefecht, ist das Spiel beendet und es herrscht Game Over.
  • Permadeath Mode - Charaktere, die in Missionen scheitern, können dauerhaft sterben und sind damit nicht mehr verfügbar. Sind keine Charaktere übrig, ist das Spiel vorbei.

Klar, ein Spion kann ordentlich austeilen, wer will darf aber auch den Otto-Normal-Rebellen spielen. Klar, ein Spion kann ordentlich austeilen, wer will darf aber auch den Otto-Normal-Rebellen spielen.

So interessant das Rekrutierungssystem auf dem ersten Blick aber auch ist, bei den unzähligen NPCs verhält es sich wie bei jedem RPG mit umfangreichen Lootmechaniken. Die Standardbeute wird schnell ignoriert und nur das Beste vom Besten ist gut genug. Die fähigsten NPCs verfügen über gleich mehrere Perks und sind beispielsweise mit einem eigenen Symbol auf der Weltkarte markiert.

Hier liegt die Gefahr, dass wir zwar in der Theorie jeden NPC für uns gewinnen können, in der Realität ein großer Anteil der Leute aber kaum spielerischen Nutzen bringt. Zumindest trafen wir auch auf Charaktere, die uns als Besonderheit lediglich einen Mitarbeiterrabatt in einem lokalen Bekleidungsgeschäft anbieten konnten.

Herausforderung selbstgemacht: Game Director Clint Hocking sieht darin aber auch eine Chance für Watch Dogs Legion. Im Gespräch mit GamePro.de zeigte er sich hoffnungsvoll, dass Spieler die Vielfalt der Charaktere nutzen, um nicht nur effizient zu spielen, sondern auch individuelle Ansätze suchen. Als Beispiel nannte Hocking hier einen NPC, der als alter Mann ständig vom plötzlichen Tod bedroht war und zudem unter Spielsucht litt und das DedSec-Konto damit belastete.

Je nachdem, wie wir unser Team zusammenstellen, können wir es uns also auch schwerer machen, vergleichbar mit der Nuzzlocke Challenge in Pokémon-Spielen. Aber natürlich spielt auch immer der Spielspaß eine Rolle und Watch Dogs Legion mit einer illustren Bande voller Paradiesvögel zu beenden, hat seinen ganz eigenen Reiz.

Altgewohnte Hacker-Open World

Ist der Wunschkandidat aber erst einmal gefunden, hüpft Watch Dogs Legion zurück in alte Gepflogenheiten. Das Open World-Gameplay funktioniert so, wie wir es von einem modernen AAA-Titel erwarten: es gibt Nebenaktivitäten wie geheime Fight Clubs, einzelne Geschäfte und vor allem Sidequests, die den Einfluss feindlicher Fraktionen schwächen. Nach und nach können wir beispielsweise Londoner Viertel durch das Stehlen geheimer Daten von der bereits erwähnten Albion-Sicherheitsfirma befreien und die Stadt zurückerobern.

Um sich von der Rebellion abzulenken, können wir uns auch in geheimen Fight Clubs prügeln. Um sich von der Rebellion abzulenken, können wir uns auch in geheimen Fight Clubs prügeln.

Noch ist es schwer zu sagen, inwieweit das Setting einer autoritär regierten Weltmetropole voller gesellschaftspolitischer Probleme einen Einfluss auf das Design der Spielwelt nimmt. Auf dem ersten Blick waren beispielsweise Laserschranken zu sehen, die durchfahrende Bürger auf ihre Zugangsberechtigung scannen. Unklar ist aber, ob es auch DedSec-Mitglieder gibt, die dadurch von bestimmten Teilen der Karte ausgeschlossen sind.

Das markentypische Hacking ist natürlich ebenfalls wieder mit von der Partie und ist eine Fähigkeit, auf die jeder DedSec-Rekrut Zugriff hat. Auf Knopfdruck lassen sich damit versperrte Türen öffnen, fremde Fahrzeuge aus sicherer Entfernung steuern oder auch Drohnen hacken, die uns dann entweder ungesehen passieren lassen oder sogar für uns kämpfen - abhängig von den eigenen Fertigkeiten. Letztere lassen sich mit Skillpunkten aufwerten, die in der Spielwelt wie Währungen herumliegen und gefunden werden können.

Abseits aller Aktivitäten bietet die offene Spielwelt von London natürlich auch das erwartbare Open World-Gameplay, wie es GTA vor Jahren zum Industriestandard gemacht hat. Wir können Fahrzeuge stehlen, durch die Gegend fahren, uns Verfolgungsjagden mit der Polizei liefern und natürlich gibt es auch ein Fahndungslevel. Das ist so solide wie gewohnt, gerade aber das Fahren sorgte dank schwammiger Steuerung für holprige Ausflüge. Hier könnte aber auch das Streamingverfahren (siehe oben) dahinter stecken, daher halten wir hier noch die Füße still.

Was Watch Dogs Legion aber besonders macht, sind nicht die wiederkehrenden Hacker-Mechaniken oder die Möglichkeit, sich frei in einer großen Spielwelt zu bewegen. Das Herzstück des Spiels sind klar die zahlreichen rekrutierbaren NPCs. Wenn hier die Abwechslung und das Balancing stimmt und wir nicht mit den immergleichen drei Leuten losziehen, könnte Watch Dogs Legion der Hacker-Reihe einen interessanten Neustart bescheren.

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