In der GamePro-Redaktion ist es mittlerweile ein Running-Gag: “Rae spielt sechs verschiedene Shooter gleichzeitig und bricht in allen Spielzeit-Rekorde.”
Was mittlerweile nichtmal mehr für ein müdes Schulterzucken sorgt, hätte sich vor ein paar Jahren niemand vorstellen können, war ich doch vor allem bekannt für meine (noch immer anhaltende) Liebe zu Rollenspielen und Indies.
Schuld an diesem Wandel ist Warzone 1, das nun von Activision-Blizzard in den Ruhestand geschickt wurde. Grund genug, ein Abschiedstränchen zu vergießen und ein paar Worte dazu zu schreiben, wie der Free2Play-Ableger von Call of Duty mein Gaming-Leben verändert hat.
Schleichende Shooter-Liebe
Erst einmal vorweg: Shooter gespielt habe ich schon immer. Meine Liebe zum Genre wurde schon in Kindheitstagen mit Doom 2 geweckt, beschränkte sich allerdings in den darauf folgenden Jahren vor allem auf Singleplayer-Titel.
Egal ob First-Person-Titel wie BioShock, Superhot oder Crysis oder Third-Person-Games mit Shooter-Elementen wie Alice: Madness Returns, Tomb Raider oder Uncharted: Wo allein geschossen wurde, war auch ich in der Regel zu finden.
An Multiplayer-Shooter traute ich mich dagegen nicht so wirklich heran. Mir fehlte der entsprechend spielende Freundeskreis und insbesondere die Horrorgeschichte, was gerade weibliche Spieler*innen sich in Online-Lobbys anhören mussten, ließ mich Jahre einen Bogen um Call of Duty und Co. machen.
Meine Skepsis gegenüber Online-Titeln änderte sich erst mit dem Multiplayer von Mass Effect 3, der mir die wohlige Welt der Koop-Shooter näher brachte. Die Einstiegshürde war hier niedriger, da es vor allem das Setting und vertraute Gameplay einer meiner Lieblingsreihen war, die mich aufs kooperative Schlachtfeld lockten.
Hier wurde der Grundstein gelegt für meine Liebe zu Left 4 Dead 2 und später Destiny (2). Und letztlich auch für Warzone.
Bis zum Release von Warzone 1 war Call of Duty eine Reihe, die ich vor allem im Singleplayer spielte oder in Beta-Phasen ausprobierte. Hier wurde mir durch katastrophale K/Ds aber immer wieder vor Augen geführt, dass ich schlicht zu wenig Zeit mit dem Kampf gegen andere verbrachte, um einigermaßen mithalten zu können.
Meine Devise war: Ich werde nie genug Zeit in einen Multiplayer-Shooter stecken, um wirklich gut darin zu werden und Spaß zu haben.
Und dann kam die Corona-Pandemie.
Bis heute Abend in Verdansk
Für viele gilt vor allem das putzige Animal Crossing: New Horizons als DAS Spiel der Pandemie. Aber obwohl auch ich fast 500 Stunden auf meiner eigenen Insel verbracht habe, ist es trotzdem Warzone 1, das mir zuerst einfällt, wenn wir über die besonderen Spiele des Ausnahmejahrs 2020 sprechen.
Warzone ging am 10. März 2020 online, also drei Tage bevor wir für “zwei Wochen" (die drei Jahre dauerten) ins Home Office wechselten und der erste von mehreren Lockdowns folgte.
Das “echte Leben” befand sich in einem heute kaum noch vorstellbaren Moment des Stillstandes. Wer Zeit mit Personen außerhalb des eigenen Haushaltes verbringen wollte, musste das online tun.
Kein Problem für eine Redaktion voller Gaming-Nerds, erst recht nicht, wenn gerade ein neues Spiel veröffentlicht wurde. So beschlossen einige GamePro-Kolleg*innen und ich kurzerhand, uns den neuen Free2Play-Shooter von Activision einmal näher anzusehen.
Wir waren eine muntere Mischung aus Multiplayer-Veteran*innen und Leuten, denen Shooter zu diesem Zeitpunkt eigentlich nicht gleichgültiger hätten sein können. Aufgrund der großen Shooter-Erfahrungsspanne einigten wir uns “vorerst” auf den einsteigerfreundlichen Modus Plunder aka Beutejagd.
Für die einen ist die Battle Royale-Alternative, in der es eigentlich nur um das Sammeln von möglichst viel Geld geht, lediglich ein Ort, um Waffen hochzuleveln. Für unsere bunte Truppe war es ein perfekter Ort, abzuhängen und jede Menge Blödsinn zu treiben.
K/D? Vollkommen egal. Matches, ohne je einem einzigen Gegner zu begegnen? Keine Seltenheit. Leute mit dem Heli zerschnetzeln? Noch immer eine von Lindas Lieblingsbeschäftigungen.
Wir trafen uns fast jeden Abend , um einfach nur gemeinsam auf der Verdansk-Karte abzuhängen und die Realität für ein paar Stunden auszusperren. Eine Tradition, die auch lange nach dem ersten Lockdown beibehalten wurde.
Warzone war nur der Anfang
Wenn ihr jetzt denkt “Aber Rae, ist Plunder auf die Dauer nicht verdammt langweilig?!”, dann kann ich euch nur sagen: Nein und ja.
“Nein”, weil es mir bei Plunder nie wirklich um das Spiel an sich ging und mehr um die Möglichkeit, Zeit mit Freund*innen zu verbringen.
“Ja”, weil ich sonst wohl kaum diesen Artikel schreiben würde.
Meine Zeit auf Verdansk wurde nach und nach immer actionreicher. Während wir zu Beginn noch eher die Flucht suchten als die Auseinandersetzung, änderte sich das spätestens mit der Einführung von Resurgence zur ersten Season von CoD Cold War.
Der neue Modus auf der kleineren Map brachte mehr Action als Plunder, war aber dank erneutem Spawn gnädiger als der BR. Und genau in dem Moment, in der wir unsere erste Runde gewannen, war es um mich geschehen.
“Geplundert” wurde zwar noch immer, mehr und mehr zog es mich allerdings auch in den Resurgence-Modus. Und in den Multiplayer von Call of Duty Black Ops: Cold War, in den ich eigentlich nur kurz reinschnuppern wollte.
Nun, sagen wir einfach, dass es nicht bei “kurz” geblieben ist und ich nicht bereit bin, öffentlich zuzugeben, wie viel Zeit ich auf Nuketown ‘84 verbracht habe …
Und dann ist alles ein bisschen eskaliert
Während ich zwar noch immer mit Freund*innen Abstecher nach Verdansk machte, verbrachte ich mehr und mehr Zeit (mit ihnen, aber zunehmend auch allein) in Cold War. Und ich war neugierig geworden, welche Shooter da draußen vielleicht noch etwas für mich wären.
Es zog mich in den Schmelztiegel von Destiny 2, ich schoss mich durch Splitgate und versuchte mich mit der Master Chief Collection auf Halo Infinite vorzubereiten. Alles, während ich gleichzeitig noch in CoD unterwegs war. Innerhalb einer Woche (und oft innerhalb eines Abends) wechselte ich die Shooter wie andere die Unterhosen – vielleicht sogar ein bisschen öfter.
Vielleicht hätte das für mich enttäuschende Call of Duty Vanguard meiner neu entdeckten Shooter-Leidenschaft einen Dämpfer verpassen können, wenn nicht kurze Zeit später Halo Infinite erschienen wäre.
Manche von euch mögen sich noch an meine Kolumne mit dem Titel “Der Multiplayer macht es mir schwer, Halo zu lieben” erinnern, die ich zum Shadowdrop des Mehrspieler-Modus von Infinite veröffentlichte. Falls ihr euch nicht erinnern könnt, hier ist er:
Nun, sagen wir einfach, kaum einer meiner Artikel ist schlechter gealtert als dieser: Bereits zwei Monate nach der Veröffentlichung hatte ich über 1000 Matches gespielt, die meisten davon im kompetitiven Ranked-Modus.
Ich kann eigentlich dankbar sein, dass der Live-Service von Halo seit der Veröffentlichung so mau ausgefallen ist, sonst hätte ich nun wohl weit mehr als “nur” 488 Stunden im Multiplayer von Infinite verbracht …
Aber was ist jetzt mit Warzone?
Ohne Warzone wäre all das aber nicht möglich gewesen. Es hat,den Grundstein für eine neue Leidenschaft gelegt, die mich seit nun etwas mehr als drei Jahren begleitet.
Im November 2022 musste Warzone 1 dem Nachfolger Warzone 2 weichen, so wie in meiner täglichen Shooter-Rotation Cold War durch Modern Warfare 2 ersetzt wurde. Anstatt auf Nuketown 24/7 findet ihr mich auf Shipment 24/7, Verdansk wurde durch Al Mazrah, Vondel und Ashika Island getauscht.
Und über Caldera möchte ich eigentlich gar nicht reden.
Der Map-Wechsel von Warzone 1 besiegelte für mich schon lange vor dem offiziellen Ende von Warzone am 21. September meinen Abschied von Warzone. Trotzdem macht mich die Gewissheit, dass meine bunte Crew nie wieder in Quarry oder Prison landen wird, um auf Teufel komm raus zu plundern, schon etwas wehmütig.
Der Gedanke daran, dass wir unsere absurd auffälligen Skins zum letzten Mal getragen haben. Dass ein der wohl prägendste Teil meiner Shooter-Laufbahn endgültig vorbei ist.
Ich werde Warzone immer dankbar dafür sein, dass es meine Multiplayer-Ängste demontiert hat. Und dafür, dass es eine sehr schwierige Zeit ein bisschen einfacher gemacht hat und ich mich während der Pandemie nie wirklich alleine fühlen musste.
Danke dafür, Verdansk. Und danke an meine kleine, chaotische Warzone-Crew. Wir sehen uns auf Al Mazrah.
Werdet ihr Warzone vermissen?
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