Lasst den Mund zu!
Weniger reizvoll ist Warcraft: The Beginning immer dann, wenn die Charaktere den Mund aufmachen. Klingt gemein, ist aber so Die Dialoge sind überwiegend platter als ein Menschensoldat nach der fachgerechten Kriegshammermassage. In der ersten Filmhälfte fällt das weniger auf, weil da noch der optische Eindruck der tollen Kulissen überwiegt, aber spätestens im letzten Drittel wächst das Augenverdrehpotenzial. Etwa, wenn Anduin Lothar (Travis Fimmel) nach einem heftigen Kampf lapidar anmerkt, er müsse »jetzt gehen«. Kennt noch jemand den »Ich muss weg!«-Mann aus TV Total?
Der diabolische Orc-Schamane Gul'Dan wiederum verwendet den enorm un-orcschamanischen Ausdruck »Wie bereits gesagt« oder grummelt dramatisch: »Dann können wir die ganze Horde durchholen.« Fun Fact: Als »durchholen« bezeichnen Seefahrer das Anziehen schlaffer Taue. Und wie ein schlaffes Tau hätten eben die Warcraft-Gespräche noch Spannung vertragen können. So dienen sie meist nur als notwendiges Übel, das die bangen Minuten bis zur nächsten Schlacht überbrückt.
Auch dramaturgisch wäre mehr drin gewesen, in der ersten Hälfte zieht sich der Warcraft-Film ziemlich, weil sehr viel gereist wird. Okay, das gleichen wenigstens die schicken Landschaftsaufnahmen aus (Greifenflug!). Unberührt lässt mich dafür eine über mehrere Filmminuten ausgedehnte Sterbeszenen etwa in der Filmmitte. Denn der Charakter, der hier von uns geht, interessiert mich zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht; noch dazu ist sein Dahinscheiden belanglos für die Handlung.
Oje, und dann kurz danach diese aufgesetzte Liebesszene, die eines Til-Schweiger-Tatorts würdig wäre.Und jene herrliche Szene, in der ein uraltes Artefakt etwas tut, was es seit Menschengedenken nicht mehr getan hat, und der zustände Charakter quittiert die Frage, was das denn nun bedeute, trocken mit: »Ich weiß nicht. Das hat es noch nie getan.« An dieser Stelle bitte das hier vorstellen.
Schön auch, als ein Charakter angesichts einer herannahenden Schlacht seinen Helm abnimmt. Sieht wahrscheinlich besser aus. Okay, ich akzeptiere das – vermutlich hat er Kopfbedeckungen einfach im Optionsmenü abgeschaltet, der Rüstungswert bleibt. I want to believe.
Richtig lachen muss ich kurz vor Schluss, als zwei Charaktere inmitten einer Schlacht ein Herzschmerzgespräch führen, während um sie herum die Schlachtteilnehmer brav Abstand halten – und sich in Zeitlupe gegenseitig die Schädel spalten. In! Zeitlupe! Meine Güte, wie in Twilight! Wenigstens Twilight für Männer, mit Schädelspalten und so, dennoch: Muss es derart kitschig sein? Da muss man ja froh sein, dass im Film wenigstens niemand singt.
Ein Fimmel für Orcs
Last but not least: die Schauspieler. Und ich sag's mal so: Mit einem Oscar wird's eng. Der mit Abstand Fähigste ist der »Vikings«-Star Travis Fimmel, der als Anduin Lothar eine brauchbare Figur und einen noch brauchbareren Schwertschwinger abgibt. Wobei er in »Vikings« noch eindringlicher verzweifelt, metzelt und liebt (in dieser Reihenfolge), aber da kleben ihm ja auch meistens ein paar Eimer Kunstblut im Gesicht, was die Sache einfacher macht.
Der Rest der Riege bleibt indes blass, beispielsweise Ben Foster, der als Obermagier Medivh ein ganz neues Mimikspektrum für sich entdeckt, von »besorgt dreiblicken« bis »beunruhigt starren«. Oder Ben Schnetzer als Magierlehrling Khadgar, der für Comic Relief sorgen soll, aber der Rolle nicht ganz gewachsen scheint. Klar, alles keine Totalausfälle, ich habe auch schon Schlimmeres gesehen (etwa den Far-Cry-Film).
Nach Fimmel am glaubwürdigsten finde ich – die Orcs! Also Durotan (Toby Kebbell), Schicksalshammer (Rob Kazinsky), Gul'dan (Daniel Wu). Denn erstens macht's nichts, wenn die etwas grober spielen, so sind Orcs eben, das hätte vermutlich auch Ralf Möller spielen können. Obwohl … nein. Zweitens fügen sich die monströsen Muskelbergschläger, diese grün (oder braun) angepinselten Mischwesen aus Bodybuilder und Ochse einfach perfekt in die Szenerie ein. Nichts und niemand im Film ist mehr Warcraft als die Orcs.
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