LucasArts schafft sich ab
EA wäre zumindest ein verlockender Partner gewesen. Schließlich musste LucasArts bei Star Wars: The Old Republic kaum etwas zuschießen, Electronic Arts stemmte den Großteil der Finanzierung selbst. Da wäre es nur naheliegend gewesen, dem Publisher auch Battlefront 3 zu überlassen: Sollen die doch das Risiko tragen! Und das würde sowohl zu den Vorwürfen von Free Radical passen, dass LucasArts nur noch auf Kostenminimierung bedacht war, als auch das Gerücht bestätigen, dass Pandemic erneut an Battlefront 3 arbeiten sollte.
Ende 2009 schloss EA dann Pandemic. Als Grund wurden Einsparmaßnahmen genannt. Oder hatte EA aufgrund des schlechten Pandemic-Spiels Der Herr der Ringe: Die Eroberung den Glauben an die Fähigkeiten des Studios verloren? Wir schauen noch mal genauer hin: Gamestop listet im Dezember 2009 Battlefront 3 auf und bestätigt angeblich auf Nachfrage, dass der Publisher EA sei und das Spiel von Dice entwickelt werde. Nur einen Monat nach der Schließung von Pandemic. Alles nur Zufall?
Womöglich hatte LucasArts also bereits damals eine Partnerschaft mit EA geschlossen: Der Publisher sollte Battlefront 3 zu Ende entwickeln - und verschob das Projekt flugs zu Dice, als sein Vertrauen in Pandemic verflogen war. EA war damals gewissermaßen der verlängerte Arm von LucasArts, ein verlässlicher, finanzstarker Partner, dem man die Star-Wars-Lizenz überlassen konnte, ohne selbst finanzielle Risiken einzugehen.
Auftritt Disney. Im Oktober 2012 übernimmt der Micky-Maus-Konzern das gesamte Lucas-Imperium inklusive LucasArts. Schnell dürfte die Disney-Chefetage ins Grübeln gekommen sein, wozu sie LucasArts überhaupt noch brauchten. Schließlich hatte das Studio schon lange kein hochwertiges Spiel mehr entwickelt - zuletzt das mäßige Star Wars: The Force Unleashed 2. Und die reine Vergabe von Star-Wars-Lizenzen konnte Disney auch selbst übernehmen, dafür war LucasArts überflüssig.
Prompt wurde der Traditionsentwickler im April 2013 geschlossen, nur einen Monat später enthüllt Electronic Arts, dass man sich die Star-Wars-Lizenz für PC- und Konsolenspiele gesichert hat. Wie passend. So hat EA, was es schon lange wollte: Die Möglichkeit, weitere Star-Wars-Spiele zu entwickeln. Und auch Disney dürfte sich gefreut haben, statt dem kriselnden LucasArts einen verlässlichen Partner an der Hand zu haben, dem man die mächtige Lizenz anvertrauen konnte. Und der bereits bei The Old Republic gezeigt hatte, dass er bereit war, die Entwicklung neuer Spiele aus eigener Tasche zu finanzieren.
So hätte sich das LucasArts bestimmt nicht vorgestellt: durch Sparmaßnahmen einen externen Entwickler (Free Radical) wegrationalisieren und dann selbst wegrationalisiert werden. Und der ach so loyale Partner EA springt natürlich freudig in die Bresche. Disney freut sich. Electronic Arts freut sich. LucasArts freut sich nicht mehr. Vielleicht wäre das Studio besser damit gefahren, Battlefront 3 einfach zu Ende zu entwickeln. Dann hätte man Disney zumindest beweisen können, dass man etwas taugt. Und das hat man auch versucht.
Lebenszeichen von der Front
Nach allerlei Gerüchten und möglichen Aprilscherzen gab es im März 2013 nämlich wieder Handfestes zu Battlefront 3. Zwei Videoleaks auf Kotaku.com zeigten Spielszenen aus Star Wars: First Assault - ein Bild dieses Shooters war zuvor bereits im Oktober 2012 auf Xbox Live aufgetaucht. Laut einer ungenannten Quelle soll es sich bei First Assault um einen geplanten Vorgänger für Battlefront 3 handeln - eine Art Machbarkeitsstudie, die anhand der Verkaufszahlen das Interesse an Battlefront 3 messen und den Code-Grundstein für den Multiplayer-Shooter legen sollte. Den wollte man danach nämlich selbst entwickeln.
Die Videos zu First Assault wurden jedenfalls ganz schnell von Lucas Arts' Rechtsabteilung unterdrückt. Aber es gab noch weitere Projekte im Star-Wars-Universum. Neben Star Wars: 1313, in dem man den Kopfgeldjäger Boba Fett durch die kriminellen unteren Ebenen des Stadtplaneten Coruscant begleiten sollten, war da vor allem noch ein LucasArts-Spiel mit dem Arbeitstitel »Version Two«.
Von diesem mysteriösen Projekt kam Anfang 2013 ein Videozusammenschnitt (siehe unten) an die Öffentlichkeit, der ganz klar Szenen zeigt, die an Battlefront erinnerten: X-Wings, AT-ATs, Hoverbikes und jede Menge Shooter-Action. Das Material sah vielversprechend aus, wurde der Fanwunsch nach Battlefront 3 also endlich erhört? Hat LucasArts tatsächlich nach dem letzten Strohhalm gegriffen und versucht, das Spiel selbst fertig zu entwickeln, um der drohenden Schließung zu entgehen?
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Jedem Ende wohnt ein Anfang inne
Nun, das spielte keine Rolle mehr. Denn nachdem Disney im Oktober 2013 LucasArts gekauft hatte, dauerte es nur noch sechs Monate, bis sie das legendäre Studio dicht machten und sich rein noch auf die Vergabe von Star-Wars-Lizenzen verlegten. Alle Projekte, die LucasArts noch selbst angestoßen hatte, verschwanden in den unendlichen Weiten des Alls. Kein Star Wars 1313. Kein First Assault. Kein »Version Two«. Aber auch kein Battlefront 3?
Hier schließt sich der Kreis zum Gamestop-Gerücht von 2009. Denn der Publisher Electronic Arts gab im Mai 2013, nur einen Monat nach der Schließung von LucasArts, bekannt, dass er von Disney die Rechte für Star-Wars-Spiele auf PC und Konsolen erworben habe und Battlefront entwickeln wolle. Und wer sollte es machen? Dice.
Alles Zufall? Nur eine Folge glücklicher - oder unglücklicher, je nach Blickwinkel - Umstände? Nichts davon war von langer Hand geplant? Viele Fragen, viel Spekulation, viele Indizien - aber keine klaren Beweise. Die Macht ist mehr als schwach in der wirren, fast wahnwitzigen Geschichte rund um Battlefront 3.
Hat Free Radical Battlefront 3 verbockt, um für Ubisoft den mäßigen Shooter Haze pünktlich fertigzustellen? Hieß der Todesstern für LucasArts und seine unveröffentlichten Star-Wars-Spiele wirklich Disney? Oder hatte die dunkle Seite der Macht das ehemals für Spieleperlen bekannte Traditions-Imperium schon seit längerer Zeit von innen durch Unvermögen, falsche oder ausbleibende Entscheidungen, Investitionsangst und schlichte Planlosigkeit zersetzt? Hatte Electronic Arts schon lange vor dem offiziellen Niedergang von LucasArts ein Auge auf die Star-Wars-Lizenz geworfen - über The Old Republic hinaus und damit auch auf das Battlefront-Franchise?
In jedem Fall ist es mehr als zweifelhaft, dass scheinbar fast fertige oder zumindest weit fortgeschrittene Spieleprojekte einer derartig beliebten Marke wie Battlefront einfach so plattgemacht werden, ohne dass dahinter knallhartes, wirtschaftliches Kalkül steckt. Oder Vetternwirtschaft. Oder totales Unvermögen.
Oder von allem etwas.
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