Als vergangene Woche das digitale Testmuster der Tomb Raider 1-3 Remastered-Trilogie ins Postfach flatterte, war da zunächst pure Vorfreude. Speziell Laras erste drei Abenteuer sind ganz eng mit meiner Kindheit verbunden und die Lösungsbücher liegen noch heute nur leicht zerknittert in der Schublade unter dem Fernseher.
Der Vorfreude mischte sich jedoch auch allerhand Sorge unter. Sorge, dass die optisch und spielerisch nur leicht aufpolierten Portierungen für PS4, PS5, Xbox Series, Xbox One, Switch und PC zu stark an meiner wohligen Nostalgie kratzen und mir eine wuchtige Realitätsschelle verpassen könnten.
Als Entwarnung kann ich euch aber direkt sagen, dass meine Liebe für Laras erste Abenteuer nach dem Spielen der Neuauflagen so groß ist, wie nie zuvor. Daher schmerzt es regelrecht, dass die Einleitung meines Artikels an dieser Stelle nicht einfach endet und noch ein Einschub her muss.
Fragt ihr mich nämlich, wem ich die Spiele bestens Wissens und Gewissens heutzutage noch empfehlen kann, ist meine Antwort: “nur ganz wenigen von euch”.
Das hat sich in der Remastered-Trilogie getan
Damit ihr was die Neuerungen im Remastered anbelangt abgeholt seid, zunächst einmal in aller Kürze, was Entwickler Aspyr überhaupt modernisiert hat. Allzu viel ist das nämlich nicht, was – später dazu mehr – sowohl positiv als auch negativ ist.
Allen voran wurde natürlich an der Optik geschraubt und das in einer Art, in der die Klassiker zwar frischer aussehen, zum Glück aber auch nicht ihren Retro-Charme verlieren. Hier ein Vergleichsbild:
Generell hat mir die optische Überarbeitung sehr gut gefallen. Etwas problematisch ist jedoch die Helligkeit, die in der Remastered-Version an einigen Stellen durch eine moderne Darstellung von Licht und Schatten deutlich zu dunkel geraten ist.
So dunkel, dass ich an manchen Ecken zur Original-Version umschalten musste – was mit schnellem Druck auf die Starttaste glücklicherweise fix geht. Gerade in Ecken liegende Items wie Medipacks oder Magnum-Munition hätte ich sonst übersehen.
Ansonsten wurden noch folgende Punkte angepasst:
- optionale Steuerung via Analog-Sticks
- Framerate jetzt (flüssige) 60 fps
- überarbeiteter Original-Sound
- neuer Fotomodus
- Trophäen für PS4 und PS5 bzw. Xbox-Achievements
Ihr seht, allzu viel hat sich im Vergleich zu den Originalen nicht getan und ich höre euch schon sagen: “das ist auch gut so!”. Bevor wir zu dem Punkt kommen, an dem ich hier widerspreche, zunächst ein paar Gründe, warum ich ein fantastisches Wochenende mit dem Remastered hatte.
Im Video von Kollege Fritz könnt ihr euch einen sehr guten Eindruck von den optischen Anpassungen machen:
Die Gänsehaut gab’s bereits im Hauptmenü
Nach Spielstart dachte ich für einen kurzen Moment, ich hätte mich aus Versehen ins Jahr 1996 zurück teleportiert und würde wieder vor meinem kleinen schwarzen JVC-Röhrenfernseher sitzen. “Ja, Papa! Nur noch fünf Minuten!”
Die Titelmelodie und das horizontale Wechseln der einzelnen Menüpunkte hatten bereits für die erste Gänsehaut gesorgt, noch bevor ich auf Laras Reisepass gedrückt und die mittlerweile grausig altbackene Zwischensequenz startete.
An dieser Stelle könnten gut und gerne dutzende Nostalgieschübe stehen. Vom erneuten Aufeinandertreffen mit dem T-Rex, dem tödlichen Sprung auf Midas Hand, der Schnellbootfahrt durch die Kanäle Venedigs bis hin zum enormen Glücksgefühl, das einen nach gefühlt stundenlanger Suche nach dem richtigen Weg überschwappt.
Doch zum einen will ich euch nicht mit der Videospiel-Romantik eines 37-jährigen Marburgers langweilen und zum anderen läuft es auf eine klare Kenntnis hinaus: Ich liebe Tomb Raider 1-3 heute, so wie ich die Spiele früher geliebt habe.
Action-Adventures einmal wieder ohne Nebenaufgaben und DLCs zu erleben, ist einfach herrlich. Gebt mir zwei Pistolen in die Hand, steckt mich in eines der linearen Level voller teils absurd kniffliger Rätsel und ich bin über Stunden hinweg beschäftigt und glücklich.
Finger weg, wenn ihr keine Hardcore-Fans von Lara oder Retro-Liebhaber seid
Warnung, die folgenden beiden Absätze könnten Videospiel-Puristen und Tomb Raider-Nostalgiker erzürnen.
Liebend gerne hätte ich die Tomb Raider 1-3 Remastered-Trilogie auch denjenigen unter euch empfohlen, die nicht nur Lust auf tolle Videospiele haben, sondern Meisterwerke der Videospielgeschichte nachholen wollen. Doch das würde sehr wahrscheinlich dazu führen, dass ihr 30 Euro in den Sand setzt.
Die originale Tomb Raider-Trilogie ist an vielen Stellen verdammt schlecht gealtert und die Remaster machen deutlich zu wenig, um das zu ändern.
Seid ihr Videospiel-Puristen oder alte Tomb Raider-Hasen wie ich, könnt ihr möglicherweise über die angestaubten Stellen hinwegsehen. Bleibt die Kamera zum hundertsten Mal, vor allem an engen Stellen, in der Decke stecken, ja mei, so war’s früher doch auch.
Stürzt Lara einmal mehr aufgrund der störrischen Steuerung – daran ändert auch die alternative Fortbewegung via Analog-Sticks nichts – in tödliche Dornen, dann gehört das für mich zum altbekannten Spielgefühl dazu. Drücke ich im frickeligen Spielmenü mal wieder auf Laden, anstatt das Spiel zu speichern und muss das komplette Level nochmal von vorn spielen, dann kann ich darüber lachen.
Doch was ich nicht kann, ist solche Punkte, von denen es noch unzählige weitere gibt, ohne Nostalgiebrille einfach auszublenden.
Altes kann gerne alt bleiben. Es ist toll, wenn ein Spielgefühl auf modernen Konsolen konserviert wird und sich Fans früherer Tage in ihre Kindheit zurückversetzen können.
Doch von einem zeitgemäßen Remaster für 30 Euro erwarte ich, dass schon damals bekannte Probleme angepackt und optional (!) deaktiviert werden können. Baut eine einfache Schnellspeicherfunktion ein, passt die wenigen Cutscenes an gängige TV-Formate an, behebt zumindest die Clipping-Fehler und modernisiert die Steuerung so weit, dass jüngere Spieler*innen gescheit die nervige Ratte abschießen können, ohne wild ruckelnd im Kreis zu laufen.
Ich gehe hier noch nicht einmal so weit und sage, dass alternative und optionale Rätselhilfen – im Stil alter Lösungsbücher, wie cool wäre das!? – ein Muss für ein solches Remaster sind. Doch wenige kleine Änderungen hätten schon ausgereicht, damit auch Neulinge möglicherweise den Spaß empfinden können, wie ich ihn vor 27 Jahren hatte – und auch heute noch habe.
Wie ist eure Meinung zum Remaster und über welche Änderungen hättet ihr euch noch gefreut? Oder passt alles so, wie es ist?
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