The Witcher kommt bei den Zuschauern gelinde gesagt ganz gut an. Die erste Staffel könnte die quotenbeste aller Zeiten auf Netflix werden, der Song "Toss a Coin to Your Witcher" sorgt auch Wochen nach dem Release für gute Laune und eine zweite Staffel wurde bereits vor dem Start bestätigt. Von diesem Erfolg sollten sich alle Verantwortlichen von zukünftigen Spieleumsetzungen inspirieren lassen.
Schon klar: The Witcher ist vor allem die Umsetzung der Buchreihe um Geralt von Riva. Aber Showrunnerin Lauren S. Hissrich und vor allem Hauptdarsteller Henry Cavill hatten auch ein Auge auf die Spiele-Reihe von CD Projekt Red. The Witcher ist streng genommen keine Umsetzung der PC- und Konsolentitel, bleibt trotzdem wegen der Schnittstelle zum Gaming ein Paradebeispiel für gelungene Verfilmungen.
Die bessere Struktur
Wenn Videospiele mit echten Schauspielern umgesetzt werden, sollten sie daher zunächst einmal als Serie gedacht werden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die grundlegende Struktur ist bei den unterschiedlichen Medien nämlich sehr ähnlich. Beide haben viel Zeit zur Verfügung, beide können nicht am Stück erlebt werden - zumindest normalerweise.
Zum Autor:
Jonas ist freier Autor und wünscht sich schon seit Indiana Jones and the Fate of Atlantis, dass die besten Geschichten aus der Spielewelt endlich ihren Platz auf der Leinwand, oder dem Fernseher finden sollten. Außer Prince of Persia hat ihn bislang aber wenig packen können – und selbst der war für einen Film nur dank Jake Gyllenhaal wirklich gut.
Dementsprechend ist es nicht ungewöhnlich, dass Spiele in Kapitel oder Missionen aufgeteilt werden. Wir verbringen eine lange Zeit mit ihnen, also brauchen wir auch immer ein erreichbares Zwischenziel vor der Nase - und im besten Fall eine tolle Hintergrundgeschichte dazu.
Serien sind da nicht anders: Auch hier ist es nicht ungewöhnlich, dass eine Folge eine eigene, kleine Geschichte erzählt und gleichzeitig den übergeordneten Rahmen kontinuierlich auf- und ausbaut. Natürlich gibt es auch Werke, die pro Staffel eine in sich geschlossene Handlung bieten, zum Beispiel Fargo. Aber auch hier gibt es immer wieder narrativ sinnvolle Schlusspunkte, um eine Episode zu beenden.
Filme sind (meistens) ungeeignet
In vielen Spielen bleibt die Story aber recht unspektakulär und wir können sie in der Regel schnell aufs Nötigste herunterbrechen. Uncharted ist schließlich auch einfach "nur" Indiana Jones in der Neuzeit. Eben weil diese Geschichten oftmals recht simpel ausfallen, könnte argumentiert werden, dass ein Film trotz allem die bessere Wahl wäre - Struktur hin oder her.
Dass das aber nicht so einfach ist, beweisen die zahlreichen erfolglosen Versuche: Far Cry, Super Mario Bros. - die Liste geht weiter. Auf der einen Seite wird oft verkannt, wie wichtig das Gameplay ist, das schwer auf die Leinwand transportieren werden kann. Auf der anderen Seite wird die bereits angesprochene Zeit vergessen, die wir mit Spielen verbringen.
Viele Story-Fäden, viele Figuren und viel Inhalt: Wir reisen oft dutzende von Stunden in den virtuellen Welten herum. Uns wachsen die Crew in Mass Effect, Pferd Agro in Shadow of the Colossus, oder Nathan Drake in Uncharted ans Herz, weil wir viel Zeit mit ihnen verbringen. Wir sind um ihre Schicksale besorgt, weil sie nicht nur kurz auftauchen, sondern präsent sind und uns lange begleiten.
Gameplay kann nicht verlustfrei seinen Weg auf die Leinwand finden - mehr Zeit mit Figuren und der Welt ist aber ein mächtiges Werkzeug, wie The Witcher eindrucksvoll beweist. Wenn die Charaktere mehr Zeit haben sich zu entwickeln, sich zu positionieren und uns wichtig zu werden, dann funktionieren sie auch so wie wir es gewohnt sind. Sie können zu komplexen Menschen und Wesen werden, wie es im Film nur schwer möglich ist
Serien sollten die primäre Heimat von Videospielen sein. Das Format passt besser zum Medium, weil sie strukturell ähnlich sind und The Witcher gezeigt hat, dass der Geist der Vorlage hier am besten untergebracht werden kann.
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