Als im Oktober 2003 die erste Comic-Ausgabe von The Walking Dead erscheint, hat der Mainstream Zombies gerade mal wieder satt. Denn abgesehen vom gefeierten Buch-Klassiker »The Zombie Survival Guide« von Max Brooks wird im restlichen Konkurrenzumfeld nur gemolken was noch zu melken ist: Capcom verwurstet Resident Evil zur durchwachsenen Paul W.S. Anderson-Verfilmung und dem Lightgun-Shooter »Dead Aim«, Sega dagegen schickt die Spielhallen-Ballerei House of the Dead direkt auf die Kino-Schlachtbank von Uwe Boll. Blanker Wahnsinn also, in einen derart übersättigten Markt sofort die nächste Zombie-Klamotte zu schieben.
Doch The Walking Dead ist anders. »Es ist der Zombiefilm, der niemals aufhört« beschreibt Autor Robert Kirkman selbst sein neu erdachtes Untoten-Universum. Denn wo Zombie-Geschichten üblicherweise nach einem blutigen Finale entweder mit der Rettung (oder dem Tod) aller Protagonisten enden, lässt Kirkman seinem Hauptcharakter Rick Grimes in den Schwarz-Weiß-Heften keine Ruhe. Stets rennt der Ex-Polizist und Familienvater vom Regen in die Traufe, sieht dutzende Neben- und Hauptfiguren sterben und gerade wenn der Leser denkt, jetzt sei der absolute Tiefpunkt erreicht, zieht Kirkman ihm nochmal den Boden unter den Füßen weg.
Walking Dead ist außerdem der »Zombiefilm«, in dem die Zombies nur Staffage sind. Zwar sind die verfaulten Monster stets eine ernstzunehmende Bedrohung, viel gefährlicher zeichnet Kirkman aber die überlebenden Menschen am Rande der Verzweiflung - und dazu zählt auch Rick.
Um dem Leser Rick Grimes näher zu bringen, setzt Kirkman auf einen (bereits aus 28 Days Later bekannten) Kniff: Der ehemalige Sheriff aus einem Kaff nahe Atlanta liegt nach einer Schussverletzung im Koma und wacht erst im Krankenhaus wieder auf, als die Welt bereits in Trümmern liegt. Durch die personale Erzählsituation weiß der Leser genau so wenig wie Rick. Zwar trifft Grimes schon bald auf die untoten »Walker« (in der deutschen Version:»Beißer«), woher die Zombie-Seuche aber kommt, wie sie sich überträgt und wie weit die Katastrophe reicht, bleibt ein Geheimnis.
Bis heute sind 107 Ausgaben von »The Walking Dead« beim US-Verlag Image Comics erschienen, in Deutschland vertreibt Cross-Cult die Geschichten in bislang 17 Sammelbänden. Viel Zeit also, um Charaktere weiterzuentwickeln und eine glaubwürdige Welt zu erschaffen. Das gelingt Kirkman und den Zeichnern Tony Moore, Charlie Adlard und Cliff Rathburn in den bisher vier großen Handlungsbögen mit Bravour. Außerdem haben die Macher keine Angst davor, neue Figuren einzuführen, über lange Zeit aufzubauen und dann urplötzlich umzubringen.
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TV-Serie von AMC
2010 wird The Walking Dead nicht nur mit dem Eisner-Award für die beste fortlaufende Comic-Serie ausgezeichnet, sondern auch vom US-PayTV-Sender AMC zu einer Fernsehserie adaptiert. Die entsteht unter den wachsamen Augen von Robert Kirkman und der Regie von Frank Darabont (Die Verurteilten, The Mist, The Green Mile), besetzt den unbekannten Andrew Lincoln als Rick Grimes und hält sich lose an die Geschichte der Comics.
Auch beim Gewaltgrad bleibt AMC der Vorlage treu und zeigt pro Episode mehrere brutale Splatter-Szenen. Zumindest in den USA, denn für die Austrahlung in Deutschland wurden Gewaltszenen sowohl beim Bezahlsender FOX als auch im Free-TV bei RTL 2 gekürzt.
Cool: Auch wer die Comics schon kennt, entdeckt in vielen Szenen der Serie noch nette Details und Überraschungen. Trotzdem erlaubt sich AMC einige Freiheiten beim Handlungsverlauf, lässt Charaktere in anderer Reihenfolge und mit verändertem Lebenslauf auftreten oder erfindet Figuren - wie Fan-Liebling Daryl Dixon (Norman Reedus) - einfach komplett neu.
Obwohl die nur sechs Episoden kurze erste Staffel Rekordeinschaltquoten erzielt, gibt es Zoff hinter den Kulissen. Noch vor Start von Staffel 2 wird Frank Darabont gefeuert, als Gründe werden Budget-Probleme und Meinungsverschiedenheiten mit der AMC-Chefetage angeführt. Mit dem Weggang Darabonts stirbt auch eine geplante Prequel-Webserie über den Untergang Atlantas mit Sam Witwer (Star Wars: The Force Unleashed) in der Hauptrolle. Interessantes Detail: Witwer taucht trotzdem in Staffel 1 der Serie als Zombie auf.
Obwohl Darabont im Vorspann noch immer als Serien-Schöpfer genannt wird, produziert AMC Staffel 2 (13 Episoden) und 3 (16 Folgen) ohne ihn im Regiestuhl. Das tut dem Erfolg keinen Abbruch: Weil auch Staffel 3 regelmäßig Einschaltquoten-Rekorde bricht, hat AMC bereits eine vierte Staffel angekündigt. Ausreichend Stoff ist da: Wenn die Serie auch weiterhin dem Verlauf der Comics folgt, darf sich AMC noch aus über 60 Heft-Ausgaben bedienen.
Begleitend zur Serie strahlt AMC ab Staffel 2 zudem die Sendung »The Talking Dead« aus. Darin bespricht Moderator Chris Hardwick direkt im Anschluss jede neue Folge mit Darstellern, Fans und Produzenten.
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