The Last of Us-Serie: Es ist gut, dass Joel und Ellie nicht wie im Spiel aussehen

Pedro Pascal und Bella Ramsey spielen Joel und Ellie in der The Last of Us-Serie. Das passt optisch nicht? Na zum Glück!

Wenn es nach Annika geht, ist es genau richtig, dass Joel und Ellie in der Serie nicht exakt wie im Spiel aussehen. Wenn es nach Annika geht, ist es genau richtig, dass Joel und Ellie in der Serie nicht exakt wie im Spiel aussehen.

Es ist nicht von der Hand zu weisen: Äußerlich treffen Pedro Pascal und Bella Ramsey als Joel und Ellie nicht gerade den Nagel auf den Kopf. Entsprechend hat es mich nach der Bekanntgabe der Besetzung nicht gewundert, dass sich einige Fans der The Last of Us-Spiele besonders stark daran störten und laut ihren Unmut Kund taten. Und auch ich war zuerst enttäuscht, als HBO die beiden als Hauptrollen für die TV-Serie angekündigt hat, da ich mir mehr Ähnlichkeit gewünscht hatte.

Allerdings habe ich mich dann schnell an eine ähnliche Situation mit der Netflix-Serie The Witcher erinnert. Darin hat mich Henry Cavill als Geralt eiskalt überrascht und meine Meinung grundlegend verändert. Nach dieser Erfahrung erscheint es mir sogar mehr als sinnvoll, wenn die Schauspieler*innen in Serien und Filmen zu Videospielen kein 1 zu 1-Kopie sind, sondern sich äußerlich stärker von ihren Vorbildern lösen.

Annika Bavendiek
@annika908

Veränderungen wirken auf den ersten Blick meist unbequem und falsch. Das empfand auch Annika eine Zeit lang, wenn es um die Darstellung von liebgewonnenen Charakteren in Spielen geht, die im TV ganz anders aussehen. Die Witcher-Serie ließ sie dann aber umdenken, weshalb sie sich mittlerweile auch sehr darüber freut, dass sie in der The Last of Us-Serie keine Abziehbilder von Joel und Ellie bekommt.

Der Reiz der Ungleichheit

Pascal hat zu wenig Muskeln, Ramsey hat nicht Ellies Gesichtszüge und Schauspieler*innen wie Nikolaj Coster-Waldau und Kaitlyn Dever würden viel besser passen - So sahen die Reaktionen der Community kurz nach der Ankündigung meist aus.

Aber Community-Meinungen hin oder her, ich bin sehr froh darüber, dass ich in Pascal und Ramsey nicht sofort Joel und Ellie wiedererkenne. Denn würden sie exakt wie die Charaktere im Spiel aussehen, würde mein Unterbewusstsein auch die gleiche Story erwarten. Da das aber nicht haargenau der Fall sein wird, ist es umso besser, dass ich es mit einem neuen Joel und einer neuen Ellie zu tun bekomme. Ansonsten würde sich das für mich irgendwie falsch anfühlen, wenn sie sich in der Serie etwas anders geben, als ich es aus den Spiele gewohnt bin.

Letztendlich will ich das gleiche Spektakel auch nicht noch einmal aufgewärmt als 1 zu 1-Serienabklatsch erleben. Vielmehr will ich mich mit Ellie und Joel auf eine neue Reise begeben, die zwar hoffentlich genauso schön emotional wird, aber andere Knöpfe drückt.

Der Tod jeden Glücks ist der Vergleich

Damit die The Last of Us-Serie für mich funktioniert, muss sie mir also etwas Neues bieten. Und wie es aussieht, werde wir genau das bekommen, da bereits einige Änderungen bekannt sind. So soll der Fokus weniger auf Action und stattdessen mehr auf Drama liegen. Außerdem sollen Teile der Story erweitert werden. Damit geht die Serie einen anderen Weg, der sich auch im Aussehen von Joel und Ellie widerspiegeln sollte, um sich klarer von den Spielen abzugrenzen.

Pedro Pascal Pedro Pascal ist jetzt nicht gerade der Zwilling von Joel.

Bella Ramsey Und auch Bella Ramsey ist optisch zu weit von Ellie entfernt, was viele Fans kritisierten.

Pascal hat zwar auch dunkle Haare, bringt aber mit seinem Charaktergesicht und weniger rauchig-dunklen Stimme etwas mit, das mich an einen neuen Joel heranführt, den ich nicht ständig mit dem Joel aus den Spielen vergleiche. Ähnlich ergeht es mir auch bei Ramsey. Wenn ich in ihr Gesicht blicke, steht da jetzt schon eine völlig andere Ellie vor mir, die der Rolle auf ihre Art und Weise einen neuen Anstrich verpassen wird, der mich emotional neu abholen könnte. Unabhängig davon, was die Maskenbildner für einen Job machen.

Eine eigene Identität muss her: Es ist natürlich ein schmaler Grad zwischen Altbewährtem und Neuen, aber so legt HBO den Grundstein für Veränderung abseits der Hauptcharaktere, die ebenfalls wichtig für eine eigene Identität der Serie sein werden. Und auch das trägt dann dazu bei, dass ich die Spiele und Serie für sich als eigenständiges Produkt betrachte, statt sie zu sehr miteinander zu vergleichen.

Ein Vergleich funktioniert am Ende sowieso nicht, da Filme, Serien und Spiele jeweils unterschiedlich funktionieren auf uns wirken. Das ich in den Spielen Joel und Ellie aktiv gesteuert habe, ruft eine ganz andere Verbindung hervor, als es am Ende die Serie tut, bei der ich nur passiver Zuschauer sein werde.

Die Witcher-Serie war mein Wendepunkt

Womit wir bei meinem anfangs erwähnten Beispiel wäre, das mir gehörig den Kopf gewaschen hat. Im Fall der The Witcher-Serie hatte ich nämlich starke Vorurteile gegenüber Henry Cavill als Geralt. Ich war der felsenfesten Überzeugung, dass Henry Cavill keinen guten Geralt abgeben würde. Alleine schon die Tatsache, dass er weniger vernarbt und ohne Bart durch Nilfgaard reist, war für mich ein No-Go. Dafür hatte ich mich einfach zu sehr an die mir vertraute Darstellung des Geralts aus The Witcher 3: Wild Hunt festgebissen.

Mir kam es demnach nicht einmal in den Sinn, dass mir Henry Cavills Interpretation, die mit ihrem Aussehen stärker an die Bücher angelehnt ist, vielleicht sogar gefallen könnt. Vielmehr noch: Dass ich am Ende sogar den Hexer aus der Serie dem aus dem Spiel vorziehen könnte!

Henry Cavill aus der Netflix-Serie im Vergleich zum Spiele-Geralt aus The Witcher3.

Im Dezember 2019 wurde ich dann aber eines besseren belehrt. Während ich die Serie in einem Rutsch durchgesuchtet habe, wurde meine Witcher-Welt von Folge zu Folge weiter auf den Kopf gestellt. Am Ende gefiel mir Henry Cavill als Geralt sogar tatsächlich besser, als der im Spiel.

Auf die Interpretation kommt es an

Das ich plötzlich so ein Fan von Cavills Geralt wurde, lag vor allem daran, dass dabei ein viel wichtigerer Punkt als das Aussehen zum tragen kommt: Nämlich die charakterliche Darstellung der Figur selbst, die in diesem Fall besonders durch das Schauspiel von Cavill definiert wird. Er zeigt als Geralt mehr Emotionen, was durch den fehlenden Bart und weniger auffälligen Narben nochmal unterstrichen wird.

Hier könnte man jetzt argumentieren, dass das logisch sei, immerhin handelt es sich dabei um einen echten Menschen, der Emotionen besser transportieren kann. Das stimmt zwar, aber in dem Fall passte seine Persönlichkeit für mich auch einfach besser zu seinem Aussehen. Der rauer Geralt im Spiel hat zwar auch seine emotionalen Momente, aber davon weitaus weniger. Und wenn, dann wirken sie auf mich durch sein stärkeres Äußere etwas aufgesetzter. Hier würde ich mir einerseits zwar auch mehr Emotionalität wünschen, andererseits hat sich der Spiele-Geralt dadurch zur härteren Ausgabe seiner Selbst entwickelt, die andere Bedürfnisse befriedigt.

Ein Geralt für jede Lebenslage: So kann ich letztendlich den "weicheren" Hexer in der Serie erleben, während ich im Spiel in die Rolle eines Haudraufs schlüpfe, mit dem ich richtig Dampf ablassen kann. Und so funktionieren für mich beide Geralts auf ihre ganz eigene Art und Weise. Eine notwendige Abgrenzung, die durch die Optik angestoßen, aber am Ende durch das Schauspiel abgerundet wird.

Heath Ledger wurde im Nachhinein für seine Interpretation als Joker in The Dark Knight gefeiert. Heath Ledger wurde im Nachhinein für seine Interpretation als Joker in The Dark Knight gefeiert.

Und falls euch der Geralt-Vergleich nicht ausreicht: In der Vergangenheit bewiesen bereits andere Beispiele, dass die anfängliche Kritik unberechtigt war und sich die Darsteller am Ende in die Herzen viele Zuschauer*innen spielte. So auch bei Heath Ledger als Joker in The Dark Knight und Robert Downey Jr., der anfangs nicht gerade als Iron Man in den neuen Comic-Verfilmungen auf viel Gegenliebe stieß. Dabei handelt es sich zwar nicht um eine Spieleumsetzung, das Prinzip bleibt aber das gleiche.

(K)eine Frage des Geschmacks

Die Absicht einen (Spiel)charakter nicht krampfhaft nachbilden zu wollen, hat sich für mich und andere Menschen demnach nicht zum ersten Mal als unerwarteter Segen herausgestellt. Letztendlich entwickelten viele Adaptionen erst durch markante Unterschiede eine eigene Identität, die wir ihnen zugestehen können. Angefangen beim Aussehen, abgerundet durch die Schauspieler*innen selbst.

Ein Allheilmittel stellt das zwar auch nicht dar, immerhin sind wir Menschen Gewohnheitstiere, die wenn auch nur unbewusst Vergleiche anstellen. Und Kunst, in welcher Form auch immer, ist und bleibt am Ende Geschmackssache. Ich bin mir aber trotzdem ziemlich sicher, dass Pedro Pascal und Bella Ramsey trotz oder gerade wegen ihrer optischer Unterschiede zu Joel und Ellie den Charakteren ihren persönlichen Stempel verpassen werden, wodurch die The Last of Us-Serie ihren ganz eigenen Reiz bekommen wird.

Dieser Artikel ist Teil unserer Held*innen-Themenwoche, die noch bis zum 13. August 2021 läuft und euch täglich spannende neue Artikel rund um das Thema Videospiel-Charaktere präsentiert. Alle Artikel unserer Held*innen-Themenwochen findet ihr hier in der Übersicht.

Aber wie sehr ihr das? Wie stark sollten Schauspieler*innen den Spielcharakteren äußerlich ähneln und warum. Ich bin gespannt, wie ihr darüber denkt.

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