In The Last of Us: Part 2 geht es hart zur Sache. Das führt uns der letzte Gameplay-Trailer zum kommenden PS4-Blockbuster abermals vor Augen. Wie schon nach der Paris Games Week 2017 musste sich Neil Druckmann zur E3 2018 erneut für den hohen Gewaltgrad im Spiel rechtfertigen.
Bereits vor einigen Monaten gab der Director in einem Podcast zu Protokoll, dass die im Vergleich zum Vorgänger viel dunklere Geschichte von The Last of Us: Part 2 ein Kommentar auf Gewalt abgeben soll.
Auf unserem brutalen Abenteuer in den postapokalyptischen Vereinigten Staaten will Naughty Dog unsere Wahrnehmung auf Gewalt herausfordern und uns hinterfragen lassen, wie wir sie empfinden. Insbesondere sollen wir Abscheu vor uns selbst entwickeln, wenn wir in bestimmten Situationen brutal handeln, erklärt Druckmann weiterführend gegenüber Kotaku zur diesjährigen E3.
"Wir wollen Gewalt so realistisch wie nur nur möglich behandeln. Wenn ihr jemanden im Spiel erstecht [...], dann ist das eklig, schmutzig, wird nicht beschönigt. Eben so, wie ihr es in den meisten Filmen und anderen Spielen seht. Und wir wollen Spieler dazu bringen, genau das zu fühlen."
Doch kann es The Last of Us: Part 2 überhaupt gelingen, dass wir unsere Wahrnehmung und unser Empfinden von Gewalt hinterfragen? Schließlich handelt es sich um ein Videospiel, das schonungslos inszenierte Gewalt zum zentralen Aspekt seiner Gameplay-Mechanik macht.
Und wie in vielen anderen Spielen ist Gewalt in The Last of Us: Part 2 auf spielerischer Ebene in erster Linie darauf ausgelegt, Spaß zu machen. Das zumindest versprechen die vielen Gameplay-Neuerungen, die Naughty Dog im aktuellen E3-Trailer präsentiert.
Mordsspaß & Totschlag
Gleich zu Beginn des Gameplay-Parts meuchelt Ellie einen religiösen Kultisten von den sogenannten Seraphiten hinterrücks, indem sie ihm langsam, blutig, eindringlich die Kehle durchschneidet.
Einige Momente später erleben wir, wie die Protagonistin plötzlich zur Gejagten wird. In den Ruinen einer Stadt eilt sie von Deckung zu Deckung, schießt Feinden aus nächster Nähe Pfeile in den Kopf und jagt einem Widersacher nach einem harten Zweikampf eine Machete in den Hals.
Der Gameplay-Trailer von der E3 2018 zeichnet ein klares Bild: Gewalt ist in The Last of Us: Part 2 allgegenwärtig. Nicht nur in den Zwischensequenzen, sondern auch in der Spielmechanik.
Ellie bewegt sich nicht nur schneller und geschmeidiger als ihr (ehemaliger) Begleiter Joel, sondern hat auch mehr Spielraum im Kampf. Wir können uns hinlegen und uns unter enge Objekte quetschen, um Gegner zu flankieren und anschließend mit Pfeil oder Klinge auszuschalten. Springen funktioniert jetzt per Knopfdruck, genauso wie Ausweichen und über Oberflächen hechten, sodass wir Feinde blitzschnell überrumpeln können. Naughty Dog verspricht ein im Vergleich zu Vorgänger komplexeres Kampfsystem mit vielen kreativen Möglichkeiten zum Bezwingen von Feinden.
Zwar kommt das Action-Adventure mit überarbeiteter Stealth-Mechanik und könnte damit wie beispielsweise Metal Gear Solid 3: Snake Eater theoretisch die Option bieten, Kämpfen aus dem Weg zu gehen. Allerdings betont Naughty Dog selbst, dass Schonungslosigkeit in einigen Situationen unausweichlich ist. Ein von Anfang bis Ende pazifistischer Weg bleibt uns in The Last of Us: Part 2 verschlossen.
Somit will uns der Gameplay-Trailer vor allem nahelegen, dass Töten im Vergleich zum ersten Teil noch besser von der Hand geht und kompromisslose Gewalt untrennbar mit dem Spielgeschehen verbunden ist. Und allein aus dieser Perspektive heraus betrachtet, ist The Last of Us: Part 2 nur eines von vielen Spielen.
Linda Sprenger
@lindalomaniac
Linda ist großer Fan des ersten The Last of Us und hat dementsprechend hohe Erwartungen an den zweiten Teil. Dass das Action-Adventure so brutal inszeniert ist, findet sie gar nicht schlimm. Nur wünscht sie sich einen kreativeren Umgang mit Gewalt als die meisten anderen AAA-Spiele.
Kreislauf der Gewalt
Seit jeher drehen sich viele Videospiele um gewalttätige Interaktion. Angefangen beim Shooter Spacewar! aus dem Jahr 1962, in dem wir Raumschiffe aus dem Weltall knallen, über die Folterszene zum Selberspielen in GTA 5 bis hin zum aktuellen Ubisoft-Shooter Far Cry 5. Als Sheriff morden wir uns hier durchs fiktive Hope County, durchsieben Sektenmitglieder mit Kugeln, fackeln sie mit Molotowcocktails ab, zerdeppern ihnen mit einer lächelnden Schaufel den Schädel, zelebrieren Zerstörungswut und Mordlust bis zu den Credits. Ohne tieferen Sinn. Nur fürs reine Vergnügen.
Gewalt gilt in vielen Videospielen als cool, aufregend und notwendig, um für ein vergnügliches Erlebnis zu sorgen. Ein weiteres aktuelles Beispiel dafür ist Cyberpunk 2077. Entwickler CD Projekt RED nimmt im Angesicht des hohen Gewaltgrades des RPGs kein Blatt vor dem Mund. Das neue Nahkampfsystem sei "eine coole Sache". Es sei intensiv und brutal, Gegner aus nächster Nähe mit dem Katana oder einer anderen Waffe zu verstümmeln, so Entwickler Maciej Pietras gegenüber VG24/7.
Allein auf spielerischer Ebene bildet The Last of Us 2 in Sachen Brutalität also keine Ausnahme. Ihre Anwendung ist nötig, um uns selbst vor dem eigenen virtuellen Ableben zu bewahren und schließlich im Spiel weiterzukommen. Dennoch will uns Naughty Dog mit dem kommenden PS4-Blockbuster zum Umdenken anregen.
"Das Wort Spaß benutzen wir hier nicht"
Die Macher selbst vermeiden im Bezug auf The Last of Us: Part 2 sogar das Wort "Spaß". Dabei beziehen sie sich aber auf Gewalt im Kontext der Geschichte. Druckmann gegenüber Kotaku:
"Wir sagen 'fesselnd'. The Last of Us: Part 2 muss fesselnd sein. Wenn viel auf dem Spiel steht, wenn ihr euch mit Charakteren und ihren Beziehungen verbunden fühlt, dann werdet ihr auch Dinge tun, die manchmal unbehaglich für euch sein können [...]. Und manchmal beißen sich die Motivationen der Charaktere mit euren eigenen moralischen Vorstellungen."
Natürlich liefern die bisherigen Trailer zu The Last of Us: Part 2 entweder gar keinen erzählerischen Kontext oder reißen ihn wie der Gameplay-Trailer nur an. Anders als der Story-Trailer von der Paris Games Week 2017 konzentriert sich das aktuelle Video zwar auf Ellie und teast ihre Beziehungen an, welche Ziele sie verfolgt, was sie antreibt und was sie dazu bewegt, ihren Feinden so eiskalt ein Messer in den Hals zu rammen, erfahren wir voraussichtlich erst im fertigen Spiel.
Wir dürfen also stark davon ausgehen, dass Naughty Dog zumindest auf erzählerischer Ebene den hohen Gewaltgrad des Spiels begründen wird. Natürlich ist das nötig, andernfalls verkommt die Härte von The Last of Us: Part 2 wie in den letzten beiden Trailern zu einem kopflosen Mittel für den bloßen Showeffekt.
Stumpfe Gewalt im Last of Us 2-Trailer
Meinung: Der PGW 2017-Trailer hätte die harte Gewalt gar nicht nötig gehabt
Liefert Naughty Dog hingegen wie im Vorgänger eine Geschichte, die die Motivationen von Ellie und ihren Feinden erklärt und emotionale Bezugspunkte schafft, dann ist das Action-Adventure im Umgang mit Brutalität vielen anderen Triple-A-Spielen wie GTA 5 oder Far Cry 5 einen Schritt voraus.
Um einen Kommentar auf Gewalt abzugeben, wie ihn Naughty Dog selbst definiert, ist eine rein erzählerische Begründung meiner Meinung nach aber zu wenig.
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