Die HBO-Serie zu The Last of Us hat sich in den ersten beiden Folgen extrem nah an der Videospiel-Vorlage gehalten. Die dritte Folge ist hier die erste größere Abweichung. Nicht nur liegt der Fokus erstmals nicht primär auf der Reise von Joel und Ellie, die Serie nimmt auch eine wichtige Änderung vor: Die Beziehung von Bill und Frank. Wo die Liebesbeziehung der beiden im Spiel nur angedeutet wurde, macht die Serie sie nicht nur explizit, sondern gibt den Charakteren auch ein anderes Ende.
Während ich mich zwar über die offene, queere Repräsentation freue, hat die Story der dritten Folge für mich gleichzeitig weniger Gewicht als noch im Original. Statt einer der tragischsten Geschichten des Spiels wird die Romanze der beiden hier (fast) zu einem Happy End. Aus dem komplexen Drama wird eine klassische Hollywood-Romantik, die harmonisch in sich geschlossen ist. Und ausgerechnet dadurch fühlt sich die Folge für mich und die gesamte Geschichte weniger bedeutsam an.
Achtung! Es folgen Spoiler für The Last of Us Part 1 und die dritte Folge der Serie.
Die Tragik von Bills Charakter im Spiel
Um zu erklären, warum ich die Story in der Serie schwächer finde, muss ich erst einmal auf das Spiel zurückkommen. Denn gerade wegen des fehlenden Happy Ends ist Bill als Charakter für mich so interessant. Wenn wir ihn als Joel treffen, lebt er als Einsiedler in einer von Sprengfallen gespickten Stadt. Die Botschaft ist klar: Bill will nicht nur Infizierte, sondern auch andere Menschen von sich fernhalten. Er ist ein unglücklicher Zeitgenosse, der die Einsamkeit vorzieht.
Warum erfahren wir nur, wenn er über seinen ehemaligen Partner Frank spricht. Frank war Bill offensichtlich wichtig, aber diese Zuneigung wird von Verbitterung überschattet:
In dieser Welt ist dieser Mist [Anm. d. Red.: Liebe, Zuneigung, etc.] nur für eine Sache gut: Er bringt dich um.
Später im Spiel finden wir dann Franks leblosen Körper samt Abschiedsbrief für Bill. Wie wir daraus lernen, wollte Frank seinen Partner verlassen, weil er die festgefahrene Haltung von Bill nicht mehr ertragen konnte und wurde bei seinem Weg aus der Stadt von einem Infizierten gebissen. Der Brief endet mit den Worten:
Ich schätze, du hattest recht. Der Versuch, diese Stadt zu verlassen, wird mich umbringen. Immer noch besser als einen weiteren Tag mit dir zu verbringen. Viel Glück, Frank
Bill ist sichtlich erschüttert und hat eindeutig mit seinen Gefühlen noch nicht abgeschlossen. Er ist ein gebrochener Charakter, der von seiner Beziehung zu Frank selbst nach dessen Tod verfolgt wird. Aber genau das macht die Story der beiden für mich so interessant: Sie wirkt in ihrer Tragik so menschlich. Das komplexe Geflecht aus Gefühlen zwischen Liebe, Hass, Verbitterung und Reue über die Worte, die ungesagt geblieben sind, gibt der Beziehung Tiefe und lässt sie in dieser Welt real wirken.
Sie ist deshalb so tragisch, weil sie das Potenzial für ein Happy End hatte, wären da nicht die menschlichen Fehler der Charaktere gewesen. Vielleicht hätten Bill und Frank eine Chance gehabt, wenn sie sich in einer anderen Zeit getroffen hätten. Aber durch ihre Lebensrealität, die Isolation und die allgegenwärtige Bedrohung durch Clicker, Plünderer und Co. war es wohl unvermeidbar, dass die Charaktere primär die schlimmsten Seiten voneinander sehen.
Eben diese Form von tragischer oder toxischer Liebe zieht sich als Motiv durch das gesamte Spiel: Bill hat seinen Partner indirekt in den Tod getrieben, Henry wird von der Liebe zu seinem Bruder Sam getötet und Joels ungesunde, väterliche Liebe zu Ellie lässt ihn nicht nur unzählige Menschen töten, sondern Ellie am Ende auch belügen. Bills Story ist damit nicht nur ein tragisches Beispiel der Lebensrealität in der harten postapokalyptischen Welt von TloU, sondern auch eine Vorahnung auf das Ende.
Sogar auf die Entwicklung von Ellie in The Last of Us Part 2 lassen sich Parallelen ziehen - auch Ellie verliert dort eine wichtige Beziehung, weil sie ihre festgefahrene Haltung nicht loslassen kann.
Genau das fehlt mir in der Serie.
(Fast) ein Happy End in der Serie
Die Serie ändert die Beziehung zwischen Bill und Frank, oder zumindest deren Ende. In der dritten Folge bekommen wir Einblicke in das Leben der beiden über einen Zeitraum von 16 Jahren: Vom ersten Treffen über den ersten zögerlichen Kuss, die schöne aber auch schmalzige Erdbeer-Szene, die ein oder andere Auseinandersetzung, bis sie schließlich gemeinsam alt werden.
Anders als im Spiel gehen Bill und Frank hier nicht getrennte Wege, sie entscheiden sich sogar, gemeinsam in den Tod zu gehen. Sie sind bis zu ihrem friedlichen Ende Seite an Seite. Wo Bill im Spiel noch davor warnt, jemanden zu lieben, ist die Botschaft hier genau umgekehrt. Für Bill macht das Leben nur mit der Person, die er liebt, Sinn: “Du warst meine Bestimmung.", sagt er zu Frank.
Es ist eine glücklichere Version der Story aus dem Spiel: Ein alternativer Ausgang, in dem die Fehler von Bill und Frank ihrem Glück nicht im Weg standen. Für viele Fans ist das sicherlich genau das, was sie sich erhofft haben – nicht zuletzt, da die Serie zwei queeren Charakteren eine Art Happy End gibt, soweit das eben in der Apokalypse möglich ist.
Durch diese Änderung wechselt die Serie allerdings effektiv das Genre von Drama zu Romance. Dabei ist es eben diese Tragik des Originals, die mich so mitgenommen hat. Bei einer Romanze dagegen ist ein Happy End praktisch Voraussetzung. Anders als im Original, das sich so authentisch und lebensnah anfühlt, eben weil vieles offen und unabgeschlossen bleibt, wirkt das Ende in der Serie auf mich zu vereinfacht und vorhersehbar.
Der Trailer gibt nochmal einen Ausblick aus einige Momente der Folge:
Das soll natürlich keinesfalls heißen, dass Bill und Frank kein glückliches Ende verdienen. Es beraubt sie aber fast jeglicher Bedeutsamkeit für die Story von Joel und Ellie. Lediglich Bills Abschiedsbrief trägt noch ein wenig zu Joels Motivation bei: Bill erinnert ihn hier effektiv daran, dass das Leben nur etwas wert ist, wenn man andere Menschen liebt.
Die Macher*innen wollten hier offensichtlich eine andere Botschaft in den Fokus rücken. Statt sich auf die zwischenmenschliche Tragik zu fokussieren, ist die Folge vielmehr eine Erinnerung daran, dass es auch in der Welt von The Last of Us Hoffnung gibt. In dieser Botschaft Zuflucht zu finden, ist absolut legitim und für viele Fans sicher auch genau das, was sie brauchen.
Aber letztlich wäre doch auch beides möglich gewesen – Hoffnung muss Tragik schließlich nicht ersetzen. Beide könnten wunderbar in der Geschichte von Bill und Frank koexistieren und mir damit die emotionale Nuance und Bedeutung zurückgeben, die ich in der Serie vermisst habe.
Wie fandet ihr die Umsetzung in der Serie? Freut ihr euch einfach über das glücklichere Ende für Bill und Frank oder hat euch etwas gefehlt?
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