Im Jahr 2011 hätte die Empörung kaum schallender durch die Fanbase ziehen können: Ein Spider-Man-Reboot? Nur wenige Fans, nachdem die »alte« Spidey-Saga mit Tobey Maguire ihr Ende fand? Das konnte doch nicht deren Ernst sein! War es aber. Aufgrund vertraglicher Regularien war Sony Pictures gezwungen, schnellstmöglich einen neuen Spider-Man-Film zu produzieren - sonst wären die Lizenzrechte futsch gewesen. Rücksicht auf Maguire oder Kirsten Dunst war da nicht drin.
Heute, drei Jahre später, ist der Drops mit dem vermeintlich verfrühten Reboot längst gelutscht. Marc Webb hievte mit The Amazing Spider-Man 2012 eine Neuinterpretation ins Kino, die zwar nicht viel Neues zu erzählen hatte, dies aber titelgetreu zumindest mit tollen Schauwerten und exzellenten Schauspielleistungen tat. Und da die Origin-Geschichte nun vom Tisch ist, kann es mit The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro jetzt endlich so richtig losgehen.
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Mit »so richtig« ist in Hollywood natürlich in erster Linie die übliche »Höher, weiter, schneller«-Maxime gemeint und auch The Amazing Spider-Man 2 traut seiner Hauptfigur nicht genug zu, um sie auch einen »kleineren« Film tragen zu lassen. Denn wie man bereits den gefühlt 25 Trailern entnehmen konnte, sind nicht nur die Effekte und Moneyshots zahlreicher geworden, sondern auch das Aufgebot der Gegenspieler.
Sind drei nicht zwei zu viel?
Schon das Filmplakat schreit dem Zuschauer im Filmtitel den Widersacher Electro entgegen, Rhino darf auch kurz ran und weite Teile des letzten Filmdrittels gehören - natürlich - Spider-Mans größtem Erzfeind. Dessen Name sei an dieser Stelle einfach mal verschwiegen, ein Blick in den Trailer verrät ihn aber ohnehin. Aufmerksame Spidey-Veteranen fassten sich da bereits kollektiv an die Stirn, bewies doch Sam Raimis Spider-Man 3, dass drei Widersacher definitiv zu viel des Bösen sind.
Hier würde man vielen Comic-Verfilmungen die Chuzpe eines Christopher Nolan wünschen, der auf Batman Begins eben keinen Superfieslings-Marathon mit Planetenzerstörern folgen ließ, sondern mit Heath Ledgers Joker in The Dark Knight genau einen - dafür aber umso nachhaltigeren - Bösewicht auffuhr, von Two-Faces Mini-Auftritt einmal abgesehen.
In The Amazing Spider-Man 2 sind es nun also drei Fieslinge, die sich aber - man höre und staune - tatsächlich prächtig in das Drehbuch einfügen. Zumindest mit Ausnahme von Rhino, der praktisch keine Screentime bekommt, somit aber zumindest nicht den Handlungsfluss stört.
Wer denn nun eigentlich der große Böse in Spider-Man 2 ist, lässt sich kaum sagen, denn die Drehbuchautoren weben ausgesprochen geschickt ein komplexes Netz aus kleinen und großen Hürden bzw. Lektionen, die Peter Parker alias Spider-Man zu überwinden hat. Die zentralste Rolle hat da noch die bröckelnde Bindung zu Gwen Stacey, darüber hinaus werden Familiengeheimnisse gelüftet, Freundschaften gefährdet und mit Tante Mae um die Wette geschluchzt.
Das große Ganze im Blick
Interessant ist dabei vor allem, dass Marc Webb seinen Film tatsächlich wie einen Comic zu begreifen scheint. Schon der erste Teil sponn 2012 ein paar Storyfäden, die erst jetzt in Teil zwei wieder aufgegriffen werden. The Amazing Spider-Man fühlt sich damit wie eine große Anthologie an - eine Reihe, die erst dann in voller Schönheit aufblüht, wenn man sie in ihrer Gänze erlebt hat. Teil drei und vier sind längst geplant.
The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro erreicht dies durch kleine Anspielungen auf kommende Bösewichte (siehe der Gang durchs Oscorp-Labor gegen Ende) und eine Handlungsstruktur, die klar Größeres im Sinn hat. Einen richtigen Anfang scheint es genauso wenig zu geben wie einen Schluss. Gerade das Ende wirkt eher offen und legt viele kleine Fährten für die kommenden Episoden aus, macht aber vor allem Lust auf mehr.
Zu Beginn sieht das jedoch noch ganz anders aus: Die Entstehung von Electro ist bravstes Superhelden-Klischee, von der plumpen Einführung als unbeholfener Technikfreak, der wie eine exakte Kopie der Origin-Story von Edward Nigma aus Batman Forever wirkt, bis zum ordinären Laborunfall, ist alles banalstes Antagonisten-Einmaleins. Die grausame Tralala-Musik in seiner ersten großen Szene auf dem Times Square, schafft es beinahe die Figur komplett zu konterkarieren.
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