Es ist nicht leicht, ein unkaputtbarer Gott unter Menschen zu sein - das muss Clark Kent, alias Superman, Tag für Tag feststellen, wenn er wieder mal mit Alien-Invasoren, größenwahnsinnigen Verbrechergenies oder einfach nur der verängstigten Katze auf dem zu hohen Baum zu tun hat und sich gleichzeitig um seinen Alltagsjob als Reporter in der Redaktion des Daily Planet kümmern muss.
Doch noch schwerer scheint es, einen unverwundbaren, außerirdischen Übermenschen einigermaßen sinnvoll in ein Videospiel einzubauen. Bereits seit Ende der 1970er-Jahre gibt es Versuche, die Comicfigur Superman als spielbaren Heldencharakter in Videospielen einzusetzen.
Und seit diesem ersten Versuch dürften sich die unterschiedlichen Entwicklerteams immer wieder den Kopf darüber zerbrochen haben, wie man einen unverwundbaren, fliegenden und mit Superkräften ausgestatteten Mann im Strampelanzug sinnvoll als Spieleheld einsetzt.
Denn wie soll das auch funktionieren? Kal-El vom Planeten Krypton ist unter der gelben Sonne unserer Erde unverwundbar und bekam in seiner Comicserie über die Jahre für jede Situation die passende Kraft angedichtet: Hitzeblick, Röntgenblick, Eisatem, schier unbegrenzte Muskelkraft, und in den Kinofilmen sogar die Fähigkeit, die Zeit zurückzudrehen und sich zu teleportieren.
Superman ist also sozusagen ein rot-blauer Cheatmodus, der in klassischen Videospielen zwangsläufig einen »Instant Win« bedeuten müsste. Und das kann natürlich nicht Sinn der Sache sein - von einem Spiel möchte man nämlich gefordert werden, und es soll spannend sein. Schwierig, wenn man einen unzerstörbaren Übermenschen spielt.
Wie spielt man einen Gott?
Das Spiel Superman für das Atari VCS sollte 1978 passend zum Start des Kinofilms von Richard Donner für Umsatz sorgen und stellt Superman vor die schwierige Aufgabe, in seiner Reporterkluft zu Fuß den Daily Planet zu erreichen. Bösewicht Lex Luthor hat die einzige Brücke von Metropolis zerstört, und es liegt nun an Superman, der sich nur in Telefonzellen umkleiden kann.
Und von denen es in der Nähe des Daily Planet keine einzige gibt, die drei verstreuten Teile einzusammeln und die Brücke wieder aufzubauen. Hier haben sich die Entwickler einfach damit abgefunden, dass es für Superman keine Gefahren gibt - außer grünem Kryptonit, der ihn kurzzeitig flugunfähig macht, bis Lois Lane ihn mit einem Kuss heilt. Dass die Story des Spiels kompletter Unfug ist, scheint dabei keinen gestört zu haben.
Dieses erste Spiel unternimmt interessanterweise nicht den Versuch, Superman zu einer klassischen Spielefigur zu degradieren, die bei Kollision mit gegnerischen Objekten ihr Bildschirmleben aushaucht, sondern gesteht ihm seinen Quasi-Gottstatus zu: Unterwegs sammelt Superman nicht nur Brückenteile ein, sondern auch Gangster, die er ohne Gegenwehr im Zuchthaus absetzt.
Der Stählerne muss sich hier also nicht um eine Bedrohung durch Gegner kümmern, sondern lediglich ein Problem lösen, das ihm den Tag vermiesen könnte. Ganz schön clever? Nein, eher nicht. Vordergründig mag das eine gute Idee gewesen zu sein, doch wenn man mal darüber nachdenkt, wie die Aufgabenstellung letztlich aussieht, ist es ein Schuss in den Ofen.
Denn auch die Tatsache außer Acht gelassen, dass Supermans Intellekt laut der sogenannten »Bronze Age«-Comics in den 1970er-Jahren dem eines normalen Menschen weit überlegen war, sollte sogar ein flugfähiger Hamster recht schnell auf die Lösung dieses speziellen Problems im VCS-Spiel kommen können.
Die japanischen Entwickler von Kemco gingen in eine ähnliche Richtung, machten ihr NES-Spiel Superman (1988) aber ein wenig actionreicher: Hier ist Superman zwar ebenfalls unsterblich, muss bei der Rettung von Metropolis aber mit allerlei Gegnern kämpfen, die ihm Energie abziehen können.
Ist diese Energie aufgebraucht, verwandelt sich Supie zurück in Clark Kent. Nun heißt es: Energie sammeln und eine Telefonzelle finden, denn auch hier ist das die einzige Möglichkeit, Hut und Brille gegen Cape und Strampelanzug einzutauschen.
Interessant, aber irgendwie auch nicht so ganz das Wahre. Zumal Superman mit einer Comicversion der New Yorker Freiheitsstatue redet und klischeehafte Extrasymbole aufsammeln muss, bevor er seine Kräfte wie Hitze- oder Röntgenblick einsetzen kann.
Mit letzterem macht er unsichtbare Gegner sichtbar, die ihm sonst ungehindert den Allerwertesten versohlen können. Nein, ein Meisterwerk ist das Spiel bestimmt nicht, und zudem wird es der Figur des Superman nur bedingt gerecht.
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