Wie ist das Steam Deck eigentlich zu verstehen? Sollten sich wirklich nur PC-Enthusiasten darauf stürzen oder ist es auch einen Kauf wert, wenn ihr bislang nur Konsolen euer Eigen nanntet? Prinzipiell schon, in unserem Test mussten wir unsere Euphorie dann aber doch zügeln:
Viele Aspekte sprechen noch gegen einen Kauf, etwa wenn ihr auf Komfort und eine einfache Bedienung wert legt. Andererseits wohnt dem Steam Deck das Potenzial inne, uns den leicht eingeschlafenen Konsolenalltag zu versüßen. In vielen Bereichen wagt Valve nämlich Innovation, eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Gerät ist dafür jedoch unabdingbar.
Die wichtigsten Für- und Wider-Argumente zum Steam Deck:
Pro: Das Steam Deck ist ergonomisch betrachtet der bislang beste Handheld!
Das Steam Deck ist deutlich schwerer als alle bisherigen Handhelds und auch weitaus klobiger. Wir mussten jedoch feststellen, dass sich das Gewicht kaum bemerkbar machte, da der Handheld unglaublich gut in der Hand liegt und der festere Griff die Belastung perfekt verteilt. Ermüdungserscheinungen? Fehlanzeige!
Die Bedienelemente lassen die Konkurrenz aus dem Hause Nintendo alt aussehen: Statt kurzer Sticks und kleinen Buttons mit ungenauem Feedback beschert uns Valve hochwertige Komponenten, die man eher bei Pro- und Elite-Controllern vermuten würde. Vor allem schnelle Action- und Arcade-Spiele sind dank der perfekt abgestimmten Sticks und dem wirklich tollen Steuerkreuz ein absoluter Traum auf dem Steam Deck!
An der Auswahl fehlt es zudem nicht: Valve hat so ziemlich alle zeitgemäßen Bedienkonzepte mit dem Steam Deck vereint. Via Bluetooth lassen sich des Weiteren allerlei Controller verbinden, über ein USB-C-Hub oder der Docking Station können wir mit Maus und Tastatur in jedem Spiel loslegen. Das führt uns auch schon zum nächsten Pluspunkt:
Pro: Wir sind nicht auf offizielles Zubehör von Valve oder Lizenzdeals angewiesen
Bisher handelt es sich bei der Docking Station von Valve um ein Mysterium, bestellen konnte man sie noch nicht. In der Praxis ist das aber völlig egal, denn beim Steam Deck läuft im Hintergrund ein offenes Betriebssystem, das zu jeder Menge Standards kompatibel ist und kaum ein Gerät ausschließt.
Daher können wir das Steam Deck einfach an ein USB-C-Hub anschließen, welches das ausgehende Bildsignal zum Fernseher oder Monitor weiterleitet, als Netzteil dient und den Anschluss von USB-Peripherie ermöglicht. Solang das auserkorene Zusatzgerät offene Standards verwendet oder Treiber für Linux bereitstellt, müssen wir kaum selbst aktiv werden.
Pro und Kontra: Das Steam Deck ist eine offene Plattform
Das Steam Deck nutzt als Betriebssystem SteamOS 3.0, welches ab dem 25. Februar ganz einfach bei Valve bezogen und auf vielen weiteren Geräten genutzt werden kann. Darunter PCs oder auch Notebooks. Per Knopfdruck können wir auf den damit verbundenen Linux-Desktop wechseln. Dort erhalten wir vollen Zugriff auf alle Funktionen, die eine Linux-Distribution mitbringt. Wir können jedwede Software installieren und wie auf einem herkömmlichen PC arbeiten.
Alternative Betriebssysteme lassen sich installieren: Als Nutzer*innen haben wir völligen Zugriff auf das BIOS, also das integrale System des Mainboards vom Steam Deck, und können SteamOS überschreiben oder ein weiteres Betriebssystem booten. Dabei kann es sich um Windows 11 oder auch Android-Distributionen handeln. Eingeschränkt werden wir lediglich vom Treiber-Support seitens AMD, der nach dem Launch vom Steam Deck aber an Fahrt gewinnen sollte.
Schwankende Kompatibilität: Ein Großteil des PC-Marktes ist auf Windows und dessen Grafikschnittstelle DirectX zugeschnitten. SteamOS übersetzt die Befehle zum offenen Standard Vulkan, bei dem Prozess kann es aber zu Schwierigkeiten kommen.
Im Test bereiteten uns kaum Einzelspieler-Titel Schwierigkeiten, diese liefen in der Regel prächtig und konnten die Leistung des Steam Deck auch abrufen. Mit einigen Linux-Spielen sowie einer Handvoll Windows-Titeln kam es aber zu Fehlern und Abstürzen, für die wir erst Workarounds finden mussten. Um Multiplayer-Spiele solltet ihr allerdings einen weiten Bogen machen, es sei denn, sie liegen als native Linux-Version vor.
Kontra: Das Verifikationssystem im Shop ist nicht immer eindeutig
Mal hatten wir den Eindruck, dass Valve Spiele zu pingelig mit Warnhinweisen versehen hat, mal hätten wir uns welche gewünscht, wo der Hersteller sie nicht für notwendig hielt. Dark Souls: Remastered wird beispielsweise mit einem Warnhinweis versehen, da die Bildschirmtastatur verwendet werden muss. Das ist genau an einer Stelle der Fall: Der Charaktererstellung.
In Strategiespielen, die explizit mit “gut lesbarer Schrift” vertrieben werden, konnten wir einige Texte, etwa Gebäude- oder Truppenbeschreibungen nicht erkennen, was viel gravierende Auswirkungen nimmt, als der einmalige Tastatur-Einsatz in Dark Souls.
Keinerlei Eindrücke zur Performance: Im Shop weist nichts darauf hin, wie gut oder schlecht ein Spiel auf dem Steam Deck aussehen könnte und wie hoch oder stabil die Bildwiederholrate ausfällt. Kein Studio hat bisher eines seiner Spiele für das Steam Deck optimiert.
Keine physischen Datenträger: Plug & Play wie auf der Switch ist auf dem Steam Deck ausgeschlossen. Der Steam-Store ist ein rein digitaler Shop, der eine Online-Anbindung zur Rechteverwaltung voraussetzt.
Kontra: Ihr müsst zwangsläufig Grafikeinstellungen wälzen
Statt zwischen zwei oder maximal drei Bildmodi zu wählen, stehen bei PC-Spielen zumeist mehrere Presets sowie zig Einzeloptionen zur Verfügung. Da sie gravierende Auswirkungen auf die Performance nehmen können, ist Fingerspitzengefühl gefragt.
Die meisten Spiele schlagen uns zwar auch automatisch ein passendes Preset für unsere Hardware vor, das Steam Deck wird allerdings durchweg als zu leistungsfähig eingestuft. Dadurch tourte die APU des Steam Deck ordentlich hoch, das Gerät wurde in der Folge laut und saugte in Windeseile den Akku leer.
Mit einem niedrigen oder mittleren Preset und einer Framerate von maximal 30 fps erreichten wir aber sehr gute Ergebnisse. Moderne Titel schauen dann immer noch sensationell aus und ein nahezu perfektes Frame-Pacing garantierte ein hohes Maß an Spielbarkeit.
Ein weiterer Bonus ist Fidelity FX Super Resolution: Wir können noch mehr aus dem Akku herausholen, wenn wir Spiele in niedriger Auflösung rendern und dann mittels FSR hochskalieren lassen. Dafür sind nur wenige Eingriffe notwendig und das Ergebnis kann sich im Wesentlichen sehen lassen.
Pro: Grenzenloser Mod-Support
Im Konsolen-Kosmos sind von Fans erstellte Inhalte Mangelware. Einige Titel, wie Skyrim oder Fallout 4, ermöglichen den Import von PC-Mods in einen kuratierten Store, weitere Spiele wie Little Big Planet, Super Smash Bros. Ultimate oder Far Cry 6 sind mit Editoren erschienen, die Tools unterliegen aber großen Limitierungen.
Das Steam Deck lässt euch hingegen freie Hand: Valve hat den Steam Workshop In die Benutzeroberfläche integriert, damit können wir ganz einfach Mods installieren, als würde es sich um einen herkömmlichen DLC handeln. Darüber hinaus haben wir dank der Linux-Desktop-Oberfläche Zugriff auf sämtliche Spieldaten, können also sogar Titel ohne Workshop-Support nach Belieben verändern.
Kontra: Klassische PC-Genres lassen sich auf dem Steam Deck nicht besser als auf der Konsole steuern
Das Steam Deck wird sich bei der Genre-Auswahl wohl nicht großartig von etablierten Konsolen abheben. In Strategiespielen sind Bildschirmtexte und Schaltflächen aufgrund der niedrigen Auflösung des Displays nicht sonderlich gut bedienbar. Da die beiden Touch-Pads nicht gerade präzise sind, können wir ausschließlich zu Titeln raten, die sich auf Wunsch pausieren lassen oder mit Fokus auf Controller- beziehungsweise Touch-Support entwickelt wurden. Anderweitig kamen wir kaum hinterher.
Das größte Kontra-Argument von allen: Die Verfügbarkeit
All die verschiedenen Punkte gehen davon aus, dass man das Steam Deck genau jetzt bestellen kann. Das ist aber keineswegs der Fall. Seid ihr noch nicht in der Vorbestellerrotation, ist es nicht möglich, das Steam Deck vor dem dritten Quartal 2022 zu reservieren. Wohlgemerkt: reservieren! Bis euer Exemplar letztendlich bestellbar wird, kann es noch bis Ende des dritten Quartals oder bis zum vierten Quartal 2022 dauern.
Hier haben wir die Verfügbarkeitsthematik im Detail aufgeführt:
Bis das Steam Deck für Gelegenheitsspieler*innen interessant wird, wird sich Valve wohl auf Enthusiasten und Spieler*innen mit bereits riesiger Steam-Bibliothek fokussieren. Für diese Gruppen ist das Risiko auch am geringsten.
Sprechen euch die Pro-Argumente an oder würdet ihr aufgrund der Kontra-Punkte eher von einem Kauf absehen?
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.