Ich gebe es ja zu: Auch ich hatte in den ersten Teilen meinen zweifelhaften Spaß mit der brutalen Kill-Cam der Sniper Elite-Spiele. Denn es war gleichermaßen abstoßend wie faszinierend zu beobachten, wie sich eine Gewehrkugel in Zeitlupe ihren Weg durch virtuelle Innereien und Fleisch bahnt und Augäpfel oder Herzen zerplatzen lässt. Das war als seltsam ausgeschmücktes Treffer-Feedback teilweise sogar einigermaßen sinnvoll.
Aber die Jahre vergingen und mit jedem neuen Teil der Reihe wurde auch die Kill-Cam detaillierter und ausgefeilter. In Sniper Elite 5 sind beispielsweise selbst kleinste Äderchen erkennbar, die Geschwindigkeit der Sequenz lässt sich anpassen und es wird generell gefühlt noch mehr Brimborium darum gemacht als früher. Das Problem für mich ist nur: Die Kill-Cam ist eigentlich schon lange überflüssig, weil die Serie darüber hinausgewachsen ist.
Sniper Elite erlaubt mittlerweile andere Ansätze
Denn wo sie früher noch genutzt werden konnte, um durch die bloße Brutalität Aufmerksamkeit auf die noch unbekannte Scharfschützenreihe von Rebellion zu ziehen und damit eventuell manch Schwäche zu kaschieren, hat Sniper Elite genau diese Gewaltspitzen schlicht nicht mehr nötig. Denn natürlich ist es brutal, was Karl Fairburne in Sniper Elite 5 macht, schließlich muss er mal wieder mit allen Mitteln das Geheimprojekt “Krake” der Nazis stoppen.
Allerdings ist dafür keine Kill-Cam mehr notwendig. Denn mittlerweile setzt die Reihe zu einem sehr großen Teil auf Stealth-Elemente und lässt mir anders als etwa Sniper Elite V2 die Wahl, ob ich Gegner töten oder betäuben will, etwa mit spezieller Munition. Es ist sogar möglich, in den Missionen keinen einzigen Schuss abzufeuern, bei meinem Test habe ich das sogar regelmäßig gemacht. Gerade weil Sniper Elite 5 so gute Stealth-Mechaniken hat, ist es auch ein so gutes Spiel.
Dieser aber eigentlich sehr positive Aspekt wird für mich durch die Kill-Cam mittlerweile sogar untergraben. Denn sie steht nicht für das bedächtige Vorgehen, sondern lediglich für das recht sinnlose Weiden an der Brutalität, das selbst bei einem actionorientierten Vorgehen nicht im Fokus steht. Und genau das brauche ich gerade in Sniper Elite 5 nicht mehr, einfach weil der Kern-Gameplay-Loop in der Zwischenzeit so viel runder und vielfältiger geworden ist.
Mehr dazu könnt ihr auch in meinem Test zum Spiel lesen:
Kann die Kill-Cam weg?
Deshalb reißt mich die Kill-Cam sogar regelmäßig aus diesem Loop heraus und zerstört die Atmosphäre, insbesondere wenn sie nach jedem zweiten Schuss eingeblendet wird. Ja, ich weiß, die Häufigkeit und auch das Feature selbst lassen sich komplett ein- bzw. ausstellen. Und ich bin auch ein großer Fan dieser Optionalität, weil es jeder oder jedem selbst überlassen bleibt, ob man mit der Cam spielen will oder eben ohne. Nach meinen Eindrücken von Sniper Elite 5 würde ich aber behaupten, dass der Reihe mittlerweile nichts elementares mehr fehlen würde, wenn das Entwicklerteam die Kill-Cam komplett wegließe.
Das ist natürlich meine eigene subjektive Meinung – wie übrigens alles in dieser Kolumne – und ich will hier auch keinesfalls “Killt die Kill-Cam!” schreien, aber zumindest eine Diskussion anstoßen. Denn aus Gesprächen und etlichen Kommentaren lese ich heraus, dass es viele Sniper Elite-Spieler*innen es wie ich halten und die Kill-Cam spätestens nach der ersten halben Stunde komplett deaktivieren. Ich habe also den Eindruck, dass nicht nur ich eine Kill-Cam nicht zwangsläufig vermissen würde, wenn sie nicht mehr da wäre. Denn die Sniper Elite-Spiele und ihre Mechanik sind mittlerweile einfach zu gut und ausgefeilt, als dass sie dieses aufmerksamkeitsheischende Feature noch benötigen würden.
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