Der zweite Hit ist immer der schwerste. Das wissen nicht nur Musiker und Filmemacher, sondern vor allem auch die Hersteller von Spielekonsolen. Nach Millionensellern wie dem Gameboy, dem NES oder eben der PlayStation einen würdigen Nachfolger zu landen ist ein kniffliger Balanceakt. Ist die neue Hardware nicht innovativ genug, haben Besitzer des Vorgängers keinen Grund zum Umsteigen. Verbaut man jedoch zu leistungsfähige Komponenten, wird das Teil unter Umständen zu teuer.
Überhaupt wollen Innovationen wohl dosiert sein. Wer zu früh mit zu futuristischen Features kommt, verprellt die manchmal doch recht konservative Spielerschaft – Microsoft kann mit seinen hochfliegenden und letztlich gestrichenen Xbox One-Onlineplänen ein Lied davon singen. Umso mehr Respekt gebührt den Sony-Entwicklern, die es geschafft haben, nach ihrem Konsolenerstling mit der PlayStation 2 noch mal ordentlich draufzulegen.
Innovationsstau und Erfolgsdruck
Um die immensen Entwicklungskosten einer Konsole zu amortisieren sind Hersteller bestrebt, ihre Geräte möglichst lange im Markt zu halten. Auch Sony hätte sich Ende der 90er wohl gerne noch ein paar Jahre auf dem riesigen Erfolg der PlayStation ausgeruht und ihn durch kleinere Hardware-Auffrischungen verlängert. Um der heiß erwarteten Dreamcast von Sega jedoch den Wind aus den Segeln zu nehmen, kündigt der Konzern am 1. März 1999 die PlayStation 2 an und zeigt im September des gleichen Jahres auf der Tokyo Game Show bereits beindruckende Demos der ersten Spiele (Gran Turismo, Tekken etc.) für die neue Plattform.
An dicke Gewinne aus dem Konsolengeschäft gewöhnt, geht Sony bei der neuen Hardware lieber kein Risiko ein. Zwar liefert die so genannte »Emotion Engine« mit ihren knapp 300 MHz beeindruckende Rechenleistung (und kann angeblich sogar Raketen steuern), und das Gerät kann auch die damals brandneuen DVDs abspielen, für bahnbrechende Neuerungen wie eine integrierte Festplatte oder einen Internet-Anschluss fehlt jedoch der Mut. Die werden erst hastig nachgereicht, als Microsoft diese Features für die Xbox ankündigt.
Dafür sichern zwei geniale Schachzüge den Erfolg der PlayStation 2: Zum einen ist die Konsole abwärtskompatibel. Das macht es den Millionen PlayStation-Besitzern leicht, sich das neue Gerät zu holen und ihre Software-Bibliothek einfach mitzunehmen. Zum zweiten etabliert das DVD-Laufwerk die Konsole als »wohnzimmertauglich« und nimmt ihr den ungeliebten Spielzeug-Status – nicht selten wird die PS2 vorrangig als DVD-Player angeschafft.
Mit Familientiteln wie SingStar oder Guitar Hero kommt das Gerät endgültig im Massenmarkt an und wird mit weit über 150 Mio. verkauften Exemplaren zur erfolgreichsten Konsole aller Zeiten. Mit diversen Hardware-Überarbeitungen gelingt es Sony, die PlayStation 2 über 12 Jahre im Markt zu halten, erst im Dezember 2012 läuft das letzte Gerät vom Band.
Konkurrenz in weiß, lila und schwarz
Mit Spannung schaut die Konkurrenz auf den Start der PlayStation 2, vor allem Segas Dreamcast ist durch das schwarze Sony-Kraftwerk gefährdet. Denn trotz guter Technik hat es Sega in den ersten Dreamcast-Jahren nicht geschafft, wichtige Publisher auf seine Seite zu ziehen – die warten lieber auf die erfolgversprechende nächste Sony-Konsole. Es kommt wie es kommen muss: Schon 2001 stellt Sega den Dreamcast-Support in den USA ein, im Jahr drauf verschwindet die weiße Wunderkiste auch in Europa. Damit geht für Sega eine Ära als Konsolenbauer zu Ende.
Nintendo gibt sich aber nicht so leicht geschlagen: Als PlayStation 2-Konkurrenten konzipiert man in Kyoto den lila-knuffigen Game Cube. Das Ende 2001 erscheinende Gerät ist leistungsmäßig ungefähr mit der PlayStation 2 gleichauf, positioniert sich aber bewusst eher als reine Spielemaschine und nicht als DVD-Player mit Spielfunktion. Erstmals verabschiedet sich Nintendo von Cartridges: Der Game Cube benutzt eigens entwickelte Mini-DVDs, die jedoch nur 1,8 GByte Daten fassen. Große Erfolge kann der Game Cube nicht feiern, lediglich rund 22 Millionen Exemplare werden insgesamt verkauft. Immerhin macht Nintendo dank der günstigen Hardware noch Gewinn mit der Konsole.
Als echte Konkurrenz für die PlayStation 2 stellt sich tatsächlich ein völlig neuer Player auf dem Konsolenmarkt heraus: die Xbox von Microsoft. Die im November 2000 mit großem Tamtam angekündigte Xbox ist die erste Konsole aus den USA seit Ataris gescheitertem Jaguar. Sie protzt mit damals beeindruckenden Komponenten wie einer fest integrierten Festplatte und dem Pentium 3-Prozessor. Und tatsächlich: Obwohl Spieler über das klobige schwarze Gehäuse und den unförmigen Controller lästern, gibt es an der Hardware-Power der Xbox (Microsoft macht wegen der edlen Komponenten mit jedem Exemplar kräftig Verlust) nichts zu deuteln. Mit starken Spielen wie Halo, Project Gotham Racing und Knights of the Old Republic positioniert sich die Xbox auf Augenhöhe gegen die PlayStation 2.
Zum ersten Mal stehen sich die Konsolen-Gladiatoren der nächsten Dekade direkt gegenüber: Sony vs. Microsoft.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.