Resident Evil vs. Silent Hill: Welcher Horror-Klassiker ist gruseliger?

Viele Horror-Fans streiten sich darüber, ob Resident Evil oder Silent Hill angsteinflößender ist. Die Antwort auf diese Frage liegt in der eigenen Psyche.

Resident Evil vs. Silent Hill, welche der beiden Reihen ist gruseliger? Resident Evil vs. Silent Hill, welche der beiden Reihen ist gruseliger?

Resident Evil und Silent Hill haben Survival-Horror nicht erfunden, gelten aber als die beiden prominentesten Beispiele des Genres. Kein Wunder, kommt also immer wieder eine Diskussion darüber auf, welche Serie den höheren Horror-Faktor hat. In diesem Artikel sehen wir uns die grundlegenden Strukturen der Klassiker an, um eine Antwort auf die Streitfrage zu finden.

Dafür gehen wir zurück zu den Anfängen der beiden Reihen. Also Resident Evil 1-3 und Silent Hill 1-4. Das hat nichts mit einer Abneigung gegen die anderen Spiele zu tun, sondern dient lediglich einem klaren Fokus. Spätere Teile weichen teilweise stark von der ursprünglichen Idee hinter den Serien ab, kehren aber auch immer wieder zu diesen zurück.

So erzeugen Resident Evil und Silent Hill ihren Horror

Beide Serien gehören zum Survival-Horror. Silent Hill wird häufig noch als psychischer Horror bezeichnet. Wie ich gleich zeigen werde, erzeugt Resident Evil ebenfalls psychische Spannungen beim Publikum, allerdings ist die Ausführung von Schockmomenten deutlich expliziter. Mit anderen Worten: Es wird durchaus mal gesplattert, während in Silent Hill die eigentliche Horrorshow hauptsächlich in unseren Köpfen passiert.

Um zu zeigen, wie die beiden Franchises den Spieler*innen Angst einjagen, nehme ich einige typische und wichtige Horror-Elemente unter die Lupe und vergleiche sie.

Feinde und Monster

Das Design der Gegner in Resident Evil ist eng mit der Kulisse verwoben, in der sie uns begegnen. Auf der Polizeiwache sind Polizisten. Logisch. Aber RE geht noch tiefer und erzählt uns gelegentlich etwas über die Hintergrundgeschichte einzelner (oder Gruppen von) Gegnern. Etwa durch Krankenakten, Notizzettel oder Tagebüchern.

Am Ende eines Resident Evil sind die Feinde meist riesig, wir aber bestens bewaffnet. Am Ende eines Resident Evil sind die Feinde meist riesig, wir aber bestens bewaffnet.

Da die Feinde der Realität entspringen, sind sie natürlich mit Waffengewalt zu besiegen, auch wenn das eine ganze Weile dauern kann. Oder, wie es Arnold Schwarzenegger in Predator formuliert: "Wenn es blutet, können wir es töten."

Und in Silent Hill?

Auch den meisten Monstern in Silent Hill ist mit Kugeln und Klingen beizukommen, aber wir laufen am Ende der Spiele nicht schwer bewaffnet durch die Gänge und sprengen alles mit Granaten in die Luft. Manche Wesen existieren auch einfach nur und haben überhaupt kein Interesse an uns. Sie sind also nicht wie in Resident Evil natürlich in die Kulisse integriert, sondern SIND Kulisse.

Statt mordend und marodierend durch die Landschaft zu ziehen, müssen wir reflektieren und uns fragen, was wir töten müssen oder können.

Kämpfe und Waffen

Wie angedeutet, gibt es in Resident Evil mehr und mächtigere Waffen. Gegner zu besiegen ist eine Frage der Ausrüstung und eine Frage des Könnens. Kämpfe in Silent Hill sind deutlich statischer. Teilweise ist es schwer festzustellen, ob wir überhaupt Schaden bei einem Monster anrichten. "Spielspaß" kommt nie so richtig auf, soll es aber auch nicht, weil die Spielfiguren keine Action-Helden sind.

In Silent Hill kämpfen wir vor allem mit unseren inneren Dämonen. In Silent Hill kämpfen wir vor allem mit unseren inneren Dämonen.

Das ergibt auch im Bezug auf die Lore Sinn: Wir können die Dämonen nie völlig auslöschen, denn Silent Hill und seine Monster sind ein Teil, beziehungsweise ein Produkt der jeweiligen Protagonisten. Die Auseinandersetzungen stehen hier weniger für tatsächliche Gewaltanwendung, sondern symbolisch für die Anstrengung und den Mut, unsere inneren Dämonen zu besiegen.

Level-Design und Backtracking

Am Level-Design zeigen sich die unterschiedlichen Herangehensweisen der beiden Serien besonders deutlich. Auch wenn Teil 2 und 3 stellenweise ausbrechen, steht Resident Evil für enge Korridore, Klaustrophobie und ein zentrales Setting. An Gegner kommen wir kaum vorbei und müssen damit rechnen, gebissen zu werden.

Das ist umso stressiger, da wir immer wieder zurückkommen müssen. Backtracking ist eines der genialsten Elemente in Resident Evil. Es gibt kaum ein mieseres Gefühl, als in einer vertrauten Umgebung plötzlich einem neuen Monster gegenüber zu stehen. Und man weiß nie, wann das passiert.

Die Zombies lassen uns meistens kaum Platz. Die Zombies lassen uns meistens kaum Platz.

Außerdem entstammen die Schauplätze und die Architektur in Resident Evil der Realität. Natürlich sind das Herrenhaus und die Polizeistation mit ihren Schlüsselsystemen und Fallen völlig verrückte Gebäude, aber sie könnten so existieren. Ganz im Gegensatz zu den teils surrealen Umgebungen in Silent Hill.

Silent Hill ist eine Allegorie

Der Aufbau wirkt hier häufig wie in einem Traum: Unzusammenhängend, unlogisch und unberechenbar, aber auf irgendeine Weise trotzdem begehbar. Auch in Silent Hill betreten wir schmale Gänge und verwinkelte Gebäude, aber bezeichnend für die Serie sind vor allem die breiten, von einem dichten Nebel verhangenen Straßen der Kleinstadt.

Jonathan Harsch
Gamerrepublic.de

Als Nintendo-Kind ging die originale RE-Trilogie damals mehr oder weniger an ihm vorbei. Das änderte sich maßgeblich mit dem Remake von Teil 1. Das Spiel begeisterte ihn dermaßen, dass er die Frage "What are you buyin'?" mit "Eine Playstation und alle bisher erschienenen Ableger" beantwortete. Froh, dass Resi die letzten Jahre ein Revival erlebt hat. Jetzt wird es zeit für Silent Hill nachzuziehen.

Überall in der weißen Suppe könnten Monster lauern, und auch wenn es tatsächlich gar nicht so viele sind, ist alleine die Möglichkeit beängstigend. Und das, obwohl es ein leichtes ist, allen Feinden aus dem Weg zu gehen. Verstärkt wird das Ganze durch das Rauschen des Radios, das uns beständig daran erinnert, dass Gegner in der Nähe sind.

Kamera und Steuerung

In beiden Serien dienen Kamera und Steuerung dazu, die Spieler*innen einzuschränken und ihnen so ein Gefühl von Hilflosigkeit zu vermitteln. Resident Evil geht hier jedoch deutlich weiter. Die Charaktere sind langsam, und sie in eine bestimmte Richtung zu bewegen, ist schwer. Die feste Kameraperspektive lässt die Gänge noch enger wirken und behindert unsere Sicht auf bestimmte Bereiche eines Raums.

Die Steuerung in Silent Hill ist ein ganzes Stück intuitiver. Das zeigt sich vor allem in Nahkämpfen, die ein integraler Teil der Serie sind, in Resident Evil hingegen nur eine Notlösung. Die Kamera behindert auch seltener die Sicht, sondern soll durch schräge und distanzierte Einstellungen ein Gefühl von Wahnsinn und Realitätsverlust vermitteln.

Grenzen vs. Freiheiten: Welche Art von Horror ist effektiver?

Nähe und Distanz, Enge und Weite, Klaustrophobie und Agoraphobie, Grenzen und Freiheiten. Resident Evil und Silent Hill erzeugen ihre Horror-Atmosphäre mit Hilfe ganz unterschiedlicher Techniken. Und beides funktioniert. Wie im echten Leben können uns sowohl zu wenige als auch zu viele Möglichkeiten Angst machen.

Agoraphobie - die Platzangst: Häufig fälschlicherweise mit der Klaustrophobie - der Engangst - in einen Topf geworfen. Die Agoraphobie bezeichnet eine Abneigung gegen Menschenmassen oder weite Plätze. Betroffene haben teilweise Probleme ihre Wohnung zu verlassen und in die Öffentlichkeit zu gehen.

Letztendlich kommt es auf die Psyche der jeweiligen Spieler*in an. Ein persönliches Beispiel: Der Horror-Film, der mich am meisten zum Schwitzen gebracht hat war The Descent - Abgrund des Grauens, in dem einige Freundinnen in einer Höhle festsitzen. Vom Gruselfaktor her eher Durchschnittsware, aber für jemanden der unter Klaustrophobie leidet echter Horror. Die Monster hätte es für mich gar nicht gebraucht.

Resident Evil bringt den Horror ins Haus, Silent Hill bringt ihn in den Kopf. Resident Evil bringt den Horror ins Haus, Silent Hill bringt ihn in den Kopf.

Dasselbe gilt für Horror-Spiele. Für manche sind es die konkreten Herausforderungen von Resident Evil - die kugelfressenden Monster, die einen Gang blockieren - die ihnen Angst machen. Und für die anderen sind es die Implikationen, die freien Räume, Andeutungen und Symbole in Silent Hill, die den größtmöglichen Horror darstellen. So wie wir alle unsere ganz persönlichen Ängste in uns tragen.

Resident Evil-Themenwoche auf GamePro

Die Tage vom 22. bis zum 28. Februar stehen bei uns ganz im Zeichen von Resident Evil. Von Montag bis Sonntag wird es je zwei Artikel über die beliebte Horror-Reihe von Entwickler Capcom auf GamePro.de geben, mit denen ihr euch schon ein wenig auf den Release von Village im Mai einstimmen könnt. Welche Artikel bereits erschienen sind, haben wir für euch in einer Übersicht zur Themenwoche aufgelistet.

Welche der beiden Serien lässt eure Knie mehr zittern?

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