John Marston und Arthur Morgan: Die Protagonisten aus Red Dead Redemption 1 und 2 sind mir im Laufe ihrer Geschichten so richtig ans Herz gewachsen. Sie zählen zu meinen liebsten Videospielfiguren überhaupt. Trotzdem finde ich, dass es nach zwei weißen Männern Zeit für einen neuen Blickwinkel auf den Wilden Westen ist.
Für Red Dead 3 wünsche ich mir daher eine indigene Hauptfigur. Ein Trip ins nördliche Kanada könnte für noch mehr Abwechslung sorgen. Aber das sind nicht die einzigen spannenden Optionen für Hauptperson und Schauplatz.
Info zu Begriffen: Warum wir hier das Adjektiv "Schwarz" groß und "weiß" kursiv schreiben oder was "Person of Colour" bedeutet, könnt ihr zum Beispiel im Glossar für diskriminierungssensible Sprache von Amnesty International nachlesen. Die Definition von "indigen" könnt ihr bei humanrights.ch nachlesen. Wir verzichten auf den Begriff "Indianer", auch wenn es (u.a. laut planet-wissen.de ) keine einfache Antwort darauf gibt, ob das Wort generell diskriminierend ist.
Spoiler-Warnung: Dieser Artikel enthält starke Story-Spoiler zu RDR und RDR2.
Eine Nation sucht ihre Identität
Unter den Revolverhelden-Storys der RDR-Reihe steckt für mich ein spannendes Metathema: Identitätssuche. Neben den offensichtlichen Problemen, beispielsweise mit verfeindeten Gangmitgliedern, versuchen John und Arthur nämlich herauszufinden, wer sie sind, welche Art Mensch sie künftig sein und nach welchen Prinzipien sie leben wollen.
Das gilt vor allem für RDR2, da John sich in RDR (das nach RDR2 spielt) bereits dafür entschieden hat, das Leben eines Gesetzlosen hinter sich zu lassen. Seine Vergangenheit holt ihn ungewollt wieder ein. Die persönliche Identitätssuche der Protagonisten fügt sich so gut in eine Western-Geschichte ein, weil das Land selbst noch jung ist. Die völlig verschiedenen Menschen, die dort zusammenkommen, sind dabei, es zu formen.
Aus dem Wilden Westen wird allmählich ein gezähmtes Land. RDR2 führt uns ständig vor Augen, wie die neue Zivilisation mit dem alten Prinzip der Selbstbestimmung kollidiert. Die Van Der Linde-Gang, der John und Arthur angehören, identifiziert sich eindeutig mit Letzterem. Die Bande zerfällt allerdings am Ende des Spiels.
Selbe Frage, anderer Blickwinkel
Ich fände es spannend, wenn die Hauptfigur von RDR3 ähnliche Konflikte erlebt – wenn auch sie sich fragt: Wer bin ich und wie möchte ich die Welt gestalten, in der ich lebe?
Ein Charakter mit indigenen Wurzeln wäre prädestiniert für diese Rolle. Schließlich wurden die indigene Bevölkerung Amerikas brutal von ihrer traditionellen Lebensweise entfremdet. Dafür sorgte die Vertreibung der Stämme von ihrem angestammten Land, die Umsiedlung der Menschen in Reservationen sowie die Umerziehung von Kindern in Internaten – oft mit grausamen Methoden.
Eine Person, die diese Entwurzelung erlebt hat, muss zwangsweise neu definieren, wer sie sein möchte und das wäre eine interessante Alternative zu Johns und Arthurs Perspektive: Die beiden müssen sich zwar zwischen Zivilisation und Freiheit, beziehungsweise Gesetzlosigkeit und Rechtschaffenheit entscheiden, sind dabei aber Teil der weißen Mehrheitsgesellschaft. Indigene Traditionen spielen keine Rolle.
Charles Smith oder ein neuer Charakter
Tatsächlich gibt es in RDR2 bereits eine Person mit indigenen Wurzeln, die ich sehr schätze. Charles Smith aus der Van Der Linde-Gang ist der Sohn einer indigenen Mutter und eines Schwarzen Vaters. Bei den Gesetzlosen ist er gelandet, weil der Stamm seiner Mutter vertrieben und sie selbst verschleppt wurde. Sein Vater ist danach an Depressionen und Alkoholismus erkrankt.
Charles ist zwar ein ruhiger Zeitgenosse, der in der exzentrischen Gang zunächst wenig auffällt, aber im Laufe der Geschichte hat er sich zu einer meiner Lieblingsfiguren neben Arthur, John und Sadie gemausert. Er ist klug, hilfsbereit und oftmals die Stimme der Vernunft. Trotzdem lässt sich erkennen, dass er seine inneren Konflikte austrägt und seinen Platz noch nicht gefunden hat.
Ich würde gerne in die Rolle von Charles schlüpfen, um zu erleben, wie seine Geschichte nach RDR2 weitergeht. Aber auch eine völlig neue Figur hätte ihren Reiz. Damit wäre Rockstar nämlich zeitlich völlig flexibel und könnte beispielsweise auch weiter in die Vergangenheit zurückreisen, um uns eine andere Phase der Besiedlung der USA zu präsentieren – solange diese immer noch Wild West-Flair bietet.
Kanada als neuer Schauplatz
Stichwort USA: Nachdem wir in RDR einen Abstecher nach Mexiko unternommen haben, wäre es spannend, die Karte dieses Mal Richtung Norden auszudehnen. Kanada bietet spektakuläre Landschaften und einen anderen historischen Hintergrund. Da wären zum Beispiel der französisch-englische Konflikt, Rebellionen und der Einfluss der mächtigen Handelskompanie Hudson's Bay Company.
Ich fände es sogar denkbar, die Handlung komplett nach Kanada zu verlegen. Die Hauptperson könnte dann den First Nations, also den indigenen Völkern dieser Region angehören. Alternativ würde sich erneut Charles Smith als Protagonist anbieten. Dieser äußert nämlich im Epilog von Red Dead 2 den Wunsch, genau dorthin auszuwandern und eine Familie zu gründen.
Rockstar hat viele Optionen
Das sind natürlich nicht die einzigen Charaktere und Schauplätze, die neue Perspektiven bieten könnten. Rockstar könnte uns in die Rolle einer Person of Colour mit anderem Hintergrund schlüpfen lassen – oder in die Rolle eine der vielen chinesischen Personen, die Mitte des 19. Jahrhunderts für den Bau der Central Pacific Railroad angeworben wurden.
Aber es ist auch gut möglich, dass Red Dead 3 sich nicht so weit vom Vorgängertitel entfernt, wie ich es hier vorschlage. Die offensichtlichste Möglichkeit wäre es, in einer neuen Auskopplung einfach an die nächste Generation zu übergeben und Jack Marstons Geschichte weiterzuerzählen. Immerhin spielen wir Johns Sohn ja bereits nach dessen Tod in RDR.
Das wäre meiner Meinung nach nicht die spannendste Option, aber immerhin kennen wir Jack von Kindesbeinen an und er unterscheidet sich charakterlich von John. Auch Sadie Adler aus der Van Der Linde-Gang wäre eine mögliche Kandidatin für eine neue Protagonistin. In dem Fall würden wir zum ersten Mal im Franchise eine Frau spielen – und die ist ein starker Charakter und hat eine ebenso starke Hintergrundgeschichte. Der Mord an ihrem Mann hat sie abgehärtet und zur Einzelgängerin gemacht.
Bei der Fülle von Optionen dürfen wir gespannt sein, welche Western-Geschichte das nächste Red Dead erzählen wird. Ich bin nach RDR und RDR2 zuversichtlich, dass uns wieder eine packende Story erwartet, hoffe aber, dass Rockstar Mut zu Veränderungen hat, die für mehr Abwechslung sorgen.
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