Haptisches Feedback ist aktuell voll im Trend. Der DualSense-Controller der PlayStation 5 verwendet präzise Vibrationen, um uns noch tiefer in die Spielwelt zu führen, aber auch VR-Headsets, etwa das kommende PSVR 2, erzeugen damit einen kleinen Immersionsschub. Neu ist die Idee nicht, im Headset-Segment wurde bereits 2017 eine erste Welle von Produkten mit Rüttelmotorik losgetreten.
Neben vielen kleinen Marken sicherte sich auch Razer mit dem Nari Ultimate seinen Platz an der Innovationsfront. Die “Hypersense” getaufte Technologie soll jedoch einen viel breiteren Frequenzbereich als die Konkurrenz abdecken, Vibrationen werden elektromagnetisch statt mit rotierenden Motoren erzeugt. Mittlerweile hat der Hersteller mit dem Kaira Pro ein weiteres Headset mit diesem Feature auf den Markt gebracht. Das haptische Feedback ist aber nicht der einzige Pluspunkt, mit dem das Kaira Pro (Preis: ca. 220 Euro) in unserem Test auftrumpfen kann.
Hinweis: Dieser Test bezieht sich auf die PS5-Version des Razer Kaira Pro. Für die Xbox gibt es das Headset ebenfalls. Unseren Test zu dieser Variante findet ihr hier:
Lieferumfang und Verarbeitung
Beim Auspacken fiel uns direkt die Verarbeitung des Kaira Pro ins Auge. Die Treibergehäuse sowie ein Großteil des Kopfbandes bestehen zwar aus Plastik, Aluminiumelemente runden aber den schlicht in weiß gehaltenen und modernen Look ab. Für ein wenig Farbe sorgt – wenn wir denn wollen - lediglich das kleine Razer-Logo an den Seiten. Die RGB-Beleuchtung lässt sich über eine App anpassen oder gänzlich abschalten.
Ein weiches Schaumstoffelement am Kopfband federt das Headset außerdem ein wenig ab und sorgt für mehr Tragekomfort bei längeren Sessions. Positiv ist außerdem die Verwendung von Aluminium für die innere Verstrebung des Kopfbandes. Das Kaira Pro wirkt dadurch robuster, reine Plastikkopfbänder nutzen sich an den Justierstellen viel schneller ab.
Zum Lieferumfang gehört außerdem noch:
- Ein Wireless-Sender
- Ein USB-C-Ladekabel
- Ein Adapter von USB-C auf USB-A
Das Zubehör erscheint übersichtlich, ist aber auf die Konnektivität des Headsets zurückzuführen. Den Wireless-Sender können wir an der PlayStation 5, PlayStation 4 und am PC mit dem mitgelieferten Adapterkabel an einem USB-Port anschließen, das jeweilige System erkennt das Headset dann sofort. Das Adapterkabel fällt lediglich bei PCs und Smartphones mit einem USB-C-Port weg.
Hohe Reichweite: Der Wireless-Sender funkt auf einem 2,4-GHz-Frequenzband, weshalb wir uns problemlos in einem mehrstöckigen Gebäude bewegen konnten, ohne dass die Verbindung abriss. Lediglich für den Gang in den Garten reichte der Empfang nicht mehr. Alternativ können wir das Kaira Pro aber auch mit jedem Gerät koppeln, das Bluetooth Audio zur Verfügung stellt. Das Kaira Pro merkt sich die Verknüpfung sogar und lässt uns via Tastendruck zwischen den beiden Verbindungstypen wählen.
Eine gleichzeitige Nutzung von zwei Audioquellen auf einem Verbindungsstandard, beispielsweise um auf der Konsole zu spielen und gleichzeitig Musik über das Smartphone zu hören, ist aber leider nicht möglich. Außerdem könnte es Streamer*innen, die auch an der Konsole spielen, schwer fallen, das Kaira Pro in ihr Setup zu integrieren, da ein Klinkenanschluss fehlt.
Das Bluetooth-Modul des Kaira Pro gibt einen hochfrequenten Pfeifton von sich, den Personen mit einem empfindlichen Gehör als störend wahrnehmen könnten. Dies gilt umso mehr für Menschen mit einem Tinnitusleiden, die durch den Ton eine unangenehme Verstärkung ihrer Symptome befürchten müssen. Das Pfeifen ist für viele Bluetooth-Kopfhörer charakteristisch und entsteht durch elektrische Vibrationen, die aber nicht von jeder Person gehört werden. Habt ihr also nie hochfrequente Töne bei elektrischen Geräten wahrgenommen, wird das auch beim Kaira Pro nicht der Fall sein.
Haptisches Feedback und Klang
In der Standardeinstellung ist das Sound-Profil des Kaira Pro neutral gehalten. Lediglich Höhen kommen ein wenig zu scharf daher, Zischlaute übersteuern dadurch häufiger. Im Vergleich zu teuren Hi-Fi-Kopfhörern wirkt das Kaira Pro nur geringfügig flacher. Ein Verkaufspreis von 220 Euro ist zwar nicht gerade günstig, für das Gebotene allerdings absolut fair.
Die Neutralität betrifft ebenso die Bässe, die trocken und ohne übertriebenen Wumms wiedergegeben werden. Manchen Nutzer*innen fehlt dadurch vielleicht ein wenig der Knalleffekt, für den ist beim Kaira Pro aber das haptische Feedback zuständig. Die erzeugten Vibrationen decken einen Frequenzbereich von 20 bis 200 Hz ab, entsprechen also den tiefsten Tiefen.
Bässe rütteln aber nicht nur am Kopfhörer, sondern übertragen sich auch auf den Schädelknochen. Das Mittelohr interpretiert den weitergeleiteten Schall zusätzlich als tiefen Ton, wodurch er intensiv wahrgenommen wird.
In der Praxis funktioniert das sehr gut, besonders basslastige Musik-Genres wie Retrowave, Rap oder Industrial feuern grummelig durch den Gehörgang. Im Ansatz kommt sogar ein wenig das Gefühl von einem Konzert auf, wobei hier natürlich nicht der gesamte Körper vom Schall erfasst wird.
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Haptisches Feedback in Filmen und Games: Im Gegensatz zur Musiknutzung, während der wir Hypersense konstant auf “Vollgas” aufdrehen konnten, änderte sich die Situation bei filmischen Erlebnissen schlagartig. Die niedrigste der drei Einstellungen reichte hier völlig aus, um ordentlich durchgeschüttelt zu werden, ab und an hat sich auch die mittlere als goldrichtig erwiesen.
Auf der einen Seite sind Bässe zumeist so abgemischt, dass Vibrationen ohnehin sehr stark ausgegeben werden, auf der anderen besteht die Wahrscheinlichkeit, dass wummernde Hintergrundgeräusche oder tiefe Stimmen in Dialogen als Grundlage für Vibrationen dienen, die nicht zur Szene passen.
Ihre Stärken spielt die Technik daher in Spielen mit starkem Fokus auf Gameplay aus. Akustische Feuerwerke wie DOOM: Eternal, Titanfall 2 oder Call of Duty: Vanguard passen perfekt zu Hypersense, ebenso wie Horror-Spiele, die Kontraste zwischen Stille, düsterem Ambiente und Knalleffekten setzen, zum Beispiel Bloodborne, Hellblade: Senua's Sacrifice oder Returnal. Wenn die Hintergrundkulisse bereits sehr von Bässen getragen wird, fallen unrealistische Rüttler eben nicht auf.
Die Schwächen der Technik: Da lediglich Töne für die Vibrationen adaptiert werden, ist das haptische Feedback nur ab einer gewissen Grundlautstärke aktiv und führt wie bereits erwähnt ab und an zu Fehlinterpretation. Interessant wäre daher noch eine Funktion, die zusätzlich das Rumble-Signal des Controllers aufgreift, um die Peripherie komplett in Einklang zu bringen.
Das Kaira Pro im Gaming-Alltag
Mit dem Kaira Pro könnt ihr recht lang spielen, eine Ladung des Akkus reicht laut Herstellerangaben für ungefähr 50 Stunden, zumindest sofern Hypersense nicht genutzt und die RGB-Beleuchtung ausgeschaltet bleibt. Beide Funktionen knabbern ordentlich am Energiespeicher, wir landeten bei circa elf Stunden. Dank USB-C-Anschluss ist das Headset aber schnell wieder aufgeladen, der Vorgang nahm überschaubare vier Stunden in Anspruch.
Nach der ersten Aufladung nahmen wir nervige Störgeräusche im linken Lautsprecher des Kaira Pro wahr, die vor allem dann auffallen, wenn nur wenige Töne in einer ansonsten stillen Umgebung abgespielt werden. Unter Anderem das Betriebssystem der PS5 ist stark davon betroffen.
Wir haben mehrere Stunden mit der Problemfindung zugebracht, konnten den Fehler aber nicht zuordnen bzw. klar das Headset selbst in den Fokus rücken, da die Störgeräusche auch während eines Waldspaziergangs, bei dem wir alle drahtlosen Verbindungen an unserem Smartphone kappten, auftraten.
Bisher haben wir nicht die Eindruck, dass es sich um ein generelles Problem handelt, eine Anfrage an Razer steht diesbezüglich noch aus. Auf Reddit konnten wir allerdings einige Berichte von Käufer*innen entdecken, die ebenfalls “summende”, “kratzende” oder “roboterhafte” Geräuschen beschreiben.
Das Mikrofon ist weder schlecht, noch sonderlich gut: Beim Kaira Pro kommt ein abnehmbares Mikrofon mit Supernieren-Charakteristik zum Einsatz. Das heißt, dass vorrangig der Bereich vor der Mikrofonkapsel sowie ein kleines Areal dahinter erfasst wird. Stimmen verlieren aber deutlich an Volumen und klingen blechern. Hintergrundgeräusche werden außerdem nicht vollständig ausgeblendet, während der Nahrungsaufnahme sollte man sich also unbedingt stumm schalten.
Unsere Testaufnahme sollte euch einen guten Eindruck geben, was ihr vom Mikrofon des Kaira Pro erwarten könnt:
Extra-Modus für Shooter-Spieler: Razer lässt euch zwischen fünf Klangprofilen wechseln. Die Standardeinstellung bietet das ausgewogenste Hörerlebnis, Highlights können aber zusätzlich noch hervorgehoben werden. Außerdem wurde ein Profil für verstärkten Bass hinterlegt, wir schalteten es jedoch aus Ekel sofort ab, da es völlig überbordend über jeden Frequenzbereich bretterte. Interessant ist dafür aber der FPS-Modus, der Mitten und Signaltöne hervorhebt, damit Gegner besser geortet werden können.
Sinnvolle Integration der Razer-App: Zig Features lassen sich in der für Smartphones erhältlichen Audio-App ansteuern. Wir erfahren unter anderem den exakten Akkustand, verwalten aber auch die Klangprofile. Auf die App sind wir deshalb aber nicht angewiesen, die meisten Funktionen sind Knöpfen am Headset zugewiesen.
Trotz der kleineren Problemzonen hat Razer an viele Details gedacht, die die Verwendung des Kaira Pro aufwerten. Vielleicht handelt es sich ja bei den Störgeräuschen, die bei unserem Testmuster aufgetreten sind, um einen Fehler, der über ein Firmware-Update bereinigt werden kann. Wir würden es uns jedenfalls wünschen, denn bis dahin hat sich das Kaira Pro als rundes Gesamtpaket erwiesen.
- ausgewogener Klang
- neutrale Bässe
- hoher Tragekomfort
- solide Verarbeitung
- ordentliche Akkuleistung
- haptisches Feedback steigert Mittendrin-Gefühl ...
- ... und verstärkt gleichzeitig Bässe
- Intensität der Vibrationen justierbar
- elegantes Design
- App ist eine sinnvolle Ergänzung
- enorme Funkreichweite
- Kopplung via Bluetooth möglich
- fünf Klangprofile, die sich zum Teil individualisieren lassen
- fairer Preis
- hohe Töne verziehen etwas
- Mikrofon schwächelt
- haptisches Feedback von Abmischung der Audioquelle abhängig
- Testexemplar mit Fehlfunktion im linken Lautsprecher
- Nutzung zweier Audioquellen auf einer Drahtlosverbindung nicht möglich
- nicht optimal für jedes Streaming-Setup
Fazit: Das Kaira Pro hat viel mehr als nur das immersionssteigernde, haptische Feedback zu bieten – sofern denn keine Probleme auftreten.
Chris Werian
@DrChrisRespect
Als Audio-Enthusiast war ich eher skeptisch, ob das haptische Feedback wirklich etwas in mir bewirken könnte. Der Klang ist für mich der eigentliche Kaufgrund für einen Kopfhörer. Bei den ersten Hörproben wandelte sich meine Einstellung zu einem grundsätzlichen Interesse, das nach einigen Stunden in Bloodborne und DOOM: Eternal umso stärker wurde. Regelrecht verliebt habe ich mich in das Kaira Pro aber erst, als ich mir eine Aufnahme eines Online-Konzerts angeschaut habe, an dem ich vor einigen Monaten “teilgenommen” habe. Auf einmal war ein bisschen von dem Gefühl zurück, das ich als regelmäßiger Konzertgänger vor der Pandemie so sehr geliebt habe.
Darüber hinaus ist das Kaira Pro ganz grundsätzlich ein hervorragendes Headset, das viel Komfort bietet, uns aufgrund der hohen Funkreichweite viel Bewegungsspielraum lässt und sehr gut klingt. Über das durchschnittlich abschneidende Mikrofon kann ich daher noch hinwegsehen, die Fehlfunktion während des Tests ärgerte mich dann aber doch sehr. Nervige Störgeräusche sollten bei einem Produkt für 220 Euro nicht auftreten, eventuell haben wir aber einfach nur ein Montagsgerät erwischt.
Wirklich schade, denn zum ersten Mal gefällt mir ein Razer-Headset auch optisch. Die schlichte Eleganz des Kaira Pro hebt sich sehr vom spieligen, mit RGB-Leuchten überladenen Line-Up ab.
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