Hardware-Test
Bereits die Eindrücke von Hannes verraten, worauf es Sony in dieser Generation ankommt: Eine Spielerfahrung, die eher auf Geschwindigkeit und Inhalte setzt, statt auf rohe Power. Microsoft steht seinen Partnern von AMD aufgrund der gemeinsamen PC-Historie näher und es war früh abzusehen, dass Sony dadurch im Hinblick auf die Leistung der Hardware schwächer aufgestellt sein wird. Zumindest in einigen Bereichen, denn die PS5 macht in anderen Punkten wieder Boden gut.
Wo genau wir Vor- und Nachteile der Sony-Hardware sehen, haben wir in den folgenden Kategorien zusammengetragen:
- Grafikleistung
- Diese Auflösungen beherrscht die PS5
- First-Party-Exclusives als Wunderwaffe
- SSD-Speicher
- Audio
- HDR
- HDMI 2.1
1. Grafikleistung
Hier noch einmal die Spezifikationen des AMD-Chips auf Basis der brandneuen RDNA2-Architektur:
- Konzipiert für: 2160p (4K) bei 30 bis 60 fps
- GPU-Takt: Bis zu 2230 MHz
- Shader Units: 2304 (aufgeteilt auf 36 Compute Units)
- FP32-Leistung: 10,28 TFLOPS
Sony strebt bei der PlayStation 5 beachtliche Taktraten an. Nur absolute High-End-Grafikkarten stoßen aktuell in Regionen über 2 GHz vor. In Anbetracht der hohen Shader-Anzahl muss jeder PS5-Chip über eine ziemlich hohe Fertigungsqualität verfügen, um für den praktischen Einsatz gewappnet zu sein.
Wie sind solche Taktraten möglich? Um überhaupt einen so hoch angesetzten GPU-Takt zu erreichen, werden mittels AMDs "SmartShift"-Technologie vollautomatisch die Taktraten der Grafik-Einheit und des Hauptprozessors nachjustiert. Ein maximales Power-Budget von 350 Watt darf nicht überschritten werden. Wird einer der Prozessoren mit einem rechenintensiven Workload beauftragt, taktet sich der andere sofort herunter - eine in der Tat clevere Verschiebung von Ressourcen.
Ist die abgespielte Software nicht für SmartShift konzipiert, wird die APU auch nicht in Gänze ausgereizt. Man könnte die von Sony genutzte Methode also als langfristige Investition betrachten, denn eines können wir hier schon vorwegnehmen: 4K und 60 FPS vertragen sich zum Launch noch nicht.
2. Diese Auflösungen beherrscht die PS5
In den letzten Wochen mehren sich Berichte, dass Spiele wie Assassin's Creed: Valhalla und Ratchet & Clank: Rift Apart ihr 60 FPS-Ziel nur halten können, wenn auf eine dynamische Auflösung zurückgegriffen wird. Die bislang beeindruckendste PS5-Entwicklung Demon's Souls geht sogar noch einen weiteren Schritt zurück und wird im Performance-Modus von 1440p auf 4K hochskaliert. Möchten wir die volle Grafikpracht ohne Upscaler genießen, sind wir auf 30 FPS limitiert.
Verstecktes Potenzial: Es bleibt die Hoffnung, dass Entwickler schnell mit der PlayStation-5-APU umgehen zu wissen. Nimmt man nämlich die reine Rohleistung ohne die automatische Übertaktung zur Hand, so offenbart sich ein deutliches Defizit zur Konkurrenz. Die Speicherbandbreite und die geringere Anzahl an Compute Units könnte sich als Flaschenhals herausstellen. Für Entwickler ist es nämlich deutlich angenehmer auf konstante Leistung hin zu programmieren, da die faktische Leistungsobergrenze nicht geschätzt werden muss.
Wann schafft es innovative Bildrekonstruktion auf die PS5?
AMD bewirbt die Kapazitäten seiner Grafik-Chips im Bezug auf maschinelles Lernen und führt eine "Super Resolution" in seinen Dokumenten auf, die bald nutzbar sein soll. Microsoft will sich das wohl mit seiner Schnittstelle "DirectML" zunutze machen. Sony kann aber ebenso auf die verbaute Hardware zugreifen und eine eigene Alternative in seinen Entwicklungsumgebungen einbinden.
Dadurch würde das mit der PS4 Pro etablierte Checkerboard Rendering durch ein optisch ansprechendes Verfahren abgelöst werden. Es ist zudem nicht ausgeschlossen, dass AMD selbst mit einer solchen Technologie vorprescht. Wir als Spieler würden von enorm gestiegenen Framerates ohne visuelle Einbußen profitieren. 60 FPS in 4K sind dann ein realistisches Ziel für die PS5.
Keine native 1440p-Ausgabe
Die PS5 lässt uns lediglich zwischen 1080p (Full HD) und 2160p (4K) wählen, weswegen Besitzer von 1440p-Bildschirmen erneut auf eine 1080p-Ausgabe angewiesen sind. Die wird dann vom Display hochgerechnet. Moderne Panels schaffen das zwar deutlich besser als noch in der Vergangenheit, dennoch erreicht ein 1440p-Monitor nicht einmal annähernd die Schärfe, die er eigentlich darstellen könnte.
Ein ärgerlicher Umstand, denn die PS5 wird wohl ohnehin häufig auf eine interne Render-Auflösung von 1440p zurückgreifen. Diese wird dann für 4K-TVs hochskaliert, für 1080p im Gegenzug herunter. Der ursprünglich berechnete Frame hingegen? Der bleibt uns verwehrt. Zumindest solang Sony sich gegen eine native Unterstützung ausspricht.
Tobias Veltin hat sich genauer mit dem Thema auseinandergesetzt:
3. First-Party-Exclusives als Wunderwaffe
Dass First-Party-Entwickler immer wieder das Undenkbare aus einer PlayStation kitzeln, ist nun kein Geheimnis. Mit The Last of Us: Part II und Ghost of Tsushima wurde erst dieses Jahr bewiesen, was sich aus einer 7 Jahre alten Konsole herausholen lässt.
Nicht anders sieht es auf der PS5 aus: Von Titeln wie Spider-Man: Miles Morales und Demon's Souls erwarten wir eine vergleichbare Qualität. Erste Tester haben auf Twitter durchsickern lassen, dass es sich im Falle des Letztgenannten sogar um eine der vielversprechendsten Day-One-Veröffentlichungen der letzten Jahrzehnte handelt - ein ziemlich mutiges Statement, aber wohl auch realistisch. Nicht nur findet sich, bis auf Ray-Tracing, jeder moderne Grafikeffekt im Spiel, oben drauf gibt es zudem präzise Animation, tolle Lichtstimmungen, ein sensationelles Art Design und dynamische Physik-Effekte.
Da wir gerade von Ray-Tracing sprechen: Noch fehlt es an einer umfangreichen Implementierung der realistischen Lichtstrahlensimulation. Lediglich Watch Dogs: Legion und Spider-Man: Miles Morales lassen sich Ray-Tracing-Reflexionen entlocken. Im bisherigen Material vom neuen Marvel-Abenteuer fällt allerdings auf, dass nur eine gewisse Anzahl von Objekten reflektiert wird. Ein kleiner Makel an einem Spiel, das technisch ansonsten über keinerlei Angriffspunkte verfügt.
4. SSD-Speicher
Der interne Datenträger der PS5 fußt auf NVME-SSD-Technik, die bis zu 5,5 GB/s an Rohdaten bzw. 9 GB/s an komprimierten Dateien transferieren kann. Damit setzt die PlayStation 5 neue Maßstäbe auf dem Massenmarkt. Die brandneue PCI-Express-Gen. 4-Anbindung und ein Chip, der das "Kraken"-Kompressionsverfahren beschleunigt, ermöglichen diesen riesigen Datendurchsatz. Hier rennt Sony tatsächlich der gesamten Konkurrenz davon.
Zielsetzung erreicht: Wie Hannes auch in seiner Einschätzung festgehalten hat, sind die Ladezeiten in abwärtskompatiblen Spielen fast schon vernachlässigbar, in Spider-Man: Miles Morales kaum noch spürbar. Zwei Sekunden Schwarzbild und wir befinden uns im letzten Spielstand. Wahnsinn!
Die SSD-Technik wird Spiele grundlegend verändern
Nicht nur fallen Ladezeiten extrem kurz aus, auch Menüs lassen sich viel schneller navigieren. Das gilt sowohl für das Betriebssystem als auch für Ingame-Shops, das Wechseln eines Charakter-Skins oder das Öffnen von Übersichtskarten. Auf das elementare Game-Design wird die Technologie ebenfalls Einfluss nehmen.
So sprachen die Entwickler von God of War in Interviews darüber, wie aufwendig der Prozess ist, Ladezeiten zu kaschieren. Sei es durch geschickt platzierte Dialoge, Bootsfahrten durch Höhlen oder Kameraschwenks. Die Inszenierung des Spiels wird dadurch künstlich ausgebremst. Auf der PS5 wird man sich hingegen viel größere Freiheiten nehmen.
Außerdem kann Sony damit die niedrigere Bandbreite des Videospeichers umgehen: Wenn Texturen direkt von der SSD geladen werden, fällt der Zwischenschritt über den Videospeicher weg. Mit klassischen Festplatten wäre dies nie möglich gewesen, da sie auf Transferraten von maximal 120 MB pro Sekunde limitiert sind.
5. Audio
Während kurz vor Release viele Details zur PS5-Hardware und der Benutzeroberfläche durchsickerten, sitzen Surround-Sound-Liebhaber seit Monaten auf glühenden Kohlen. So viel sei gesagt: Daran wird sich erst einmal nicht viel ändern.
Kein Fest für Enthusiasten: Über eine Bitstream-Verbindung wird euer AV-Receiver derzeit mit Dolby True HD- bzw. DTS-HD Master Audio-Ton gefüttert. Theoretisch ließen sich zwar DTS:X- und Doby-Atmos-Spuren realisieren, aber dafür fehlen entsprechende Apps im PlayStation Store. Für die Aktivierung der Sound-Standards sind diese zwingend erforderlich.
Die Anfänge von Tempest
Mit "Tempest 3D-Audio Tech" möchte Sony eine eigene Sound-Engine etablieren, die ebenso wie DTS:X und Dolby Atmos objektbasierte, dreidimensionale Klangkulissen kreieren kann. Das bedeutet, dass Geräuschquellen nicht an einen Kanal (im Normalfall ein Lautsprecher) gebunden sind, sondern frei im Raum platziert werden. Ein digitaler Soundprozessor übersetzt die Position dann passend für den gewählten Ausgabe-Modus. Dabei kann es sich um Stereo-Lautsprecher, ein Heimkino-System oder Kopfhörer handeln.
Eingeschränkt nutzbar, aber effektiv: Tempest 3D-Audio lässt sich derzeit nur mit Kopfhörern genießen und ist auch die einzige Raumklangsimulation, die sich dem Klinkenausgang des DualSense-Controllers entlocken lässt. Das klappt in der Tat tadellos. Sogar mein weniger Audio-affiner Kollege Hannes ließ sich zu einem aufrichtigen "Ja, passt schon. Klingt ganz gut." hinreißen.
Head-Related Transfer Funktion (HRTF)
Vielleicht wären seine Reaktionen ein bisschen enthusiastischer, wenn er sich mit den 5 unterschiedlichen HRTF-Profilen des Geräts näher beschäftigen würde. Dabei handelt es sich nämlich um digitale Karten eurer im Ohr befindlichen Sinneszellen, die abbilden, welche Frequenzen besonders gut von euch wahrgenommen werden. Die Konsole passt die Tonausgabe dann so an, dass ihr jedes Geräusch perfekt heraushören könnt. Mit der Zeit sollen weitere HRTF-Profile folgen. Sollte die Beschaffenheit eures Innenohrs zum Release noch nicht optimal getroffen werden, wird sich das in Zukunft also vielleicht zu euren Gunsten ändern.
6. HDR
Wie auch die PlayStation 4 unterstützt ihr Nachfolger Displays nach HDR10-Standard. Dolby Vision, das sich momentan zügig durchsetzt, wird hingegen nicht ausgegeben. Ausgeschlossen ist ein Support aber nicht: Mit der Xbox One X|S hat Mircosoft bewiesen, dass sich die Funktion auch nachreichen lässt. Da die PS5 auf die volle HDMI-2.1-Kompatiblität hin konzipiert wurde, stellt die Hardware jedenfalls kein Hindernis dar.
7. HDMI 2.1
Bisher unterstützt die PlayStation 5 viele Features, die HDMI 2.1 etabliert, nicht. Darunter fällt etwa Variable Refresh Rate (VRR), welches dafür sorgt, dass sich die Bildwiederholfrequenz eures Bildschirms mit der Framerate eurer Konsole synchronisiert. Nerviges Bildzerreißen würde somit vollständig eliminiert werden.
Auch ALLM fällt darunter: Eigentlich soll das Feature dafür sorgen, dass immer der Modus mit der niedrigsten Latenz an eurem Fernseher genutzt wird. Die PS5 beherrscht diese Funktion allerdings noch nicht.
Eine Umsetzung zu einem späteren Zeitpunkt ist möglich: Da die PlayStation 5 für HDMI 2.1 konzipiert wurde, ist eine Implementierung in ferner Zukunft wahrscheinlich. Immerhin funktioniert bis dato schon die Darstellung in 120 Hz.
Chris Werian
@DrChrisRespect
Tatsächlich handelt es sich bei der PS5 um die für mich spannendste Next-Gen-Konsole. Im direkten Duell muss sie sich zwar der Xbox Series X geschlagen geben, aber welche Rolle spielt das überhaupt, wenn Sony als einziger Konsolenhersteller mit visuell beeindruckenden Exclusives lockt? Selbst Souls-fremde Spieleliebhaber in meinem direkten Umfeld möchten sich an Demon's Souls ausprobieren, obwohl sie die Reihe zuvor nicht einmal mit der Kneifzange angefasst hätten. Es spielt dann auch keine Rolle mehr, ob diese Next-Gen-Erfahrung nur in 30 FPS über den Bildschirm flimmert, der optische Hochgenuss reicht für eine ausdrückliche Kaufabsicht.
Ebenso viel Vertrauen habe ich in Titel wie Horizon: Forbidden West und God of War: Ragnarök. Die First-Party-Exclusives werden wieder das Maximum aus der Hardware holen und zeigen, was sie zu leisten imstande ist. Sobald Sony eigene Skalierungsverfahren auf Basis maschinellen Lernens marktreif bekommen hat, dürften auch 60 FPS kein Problem mehr darstellen. Diesen Fakt dürfen wir nämlich nicht ignorieren: Die Industrie ist gerade wahnsinnig umtriebig und es wird in den kommenden Jahren nicht darum gehen, wer zum Launch die Nase vorn hatte, sondern seine Geräte am besten auf künftige Verfahren in der Spieleentwicklung vorbereitet hat.
Das soll aber nicht bedeuten, dass Sony sich sämtlichen Vorwürfen entziehen kann. Dass wenige Titel 4K und 60 FPS anbieten, ist ärgerlich, da der Startpreis doch recht hoch angesetzt ist. Zudem bleibt die Informationslage um die akustischen Fähigkeiten der PS5 dünn. Vor allem Tempest 3D-Audio ist (noch) Zukunftsmusik, reinschnuppern dürfen lediglich Zocker, die vorrangig mit Kopfhörern spielen. Mir fehlt zum Launch auch eine 1440p-Option. Viele Spiele greifen weiterhin auf eine interne Auflösung in dem Bereich zurück, warum dann nicht gleich solche Displays optimal unterstützen?
Sei's drum - Trotz der kleineren, fast schon Sony-typischen Unstimmigkeiten freue ich mich darauf, welche visuellen Highlights uns die PlayStation 5 auf lange Sicht bescheren wird. Langweilig wird die Zukunft jedenfalls nicht.
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