Mir wäre in den 90ern nie in den Sinn gekommen, die originale PlayStation zu kaufen. Ich hatte einen Nintendo 64 und jede Menge Spaß mit Mario, Link und James Bond. Diese Spiele waren für mich das Nonplusultra, und die PS1 wirkte im Vergleich, als wäre sie irgendwo zwischen dem 2D- und 3D-Zeitalter hängengeblieben – ein Relikt, auf das ich gut verzichten konnte. Wie naiv ich doch war!
Eine Liebe zum Horror entsteht
Geschmäcker ändern sich – Plattformer und Ego-Shooter, von denen es auf dem N64 nur so wimmelte, rückten für mich immer mehr in den Hintergrund. Ich suchte nach etwas anderem, und mein Gehirn verlangte nach anspruchsvollen, düsteren und subtilen Narrativen: Horror war die Antwort. Jeder zweite Film, den ich mir zu dieser Zeit ansah, entstammte diesem Genre, aber ich wollte mehr als nur zusehen; ich wollte selbst in das Geschehen eingreifen, und Videospiele eröffneten mir diese Möglichkeit.
Bis zu den Klassikern der PS1 war es aber noch immer ein langer Weg, denn der GameCube machte hier einiges besser als der N64: Vor allem Capcom war mit Resident Evil Remake, Resident Evil Zero und Resident Evil 4 gut vertreten. Und mit Eternal Darkness hatte Nintendo sogar ein richtig geniales Exklusivspiel in petto. Kurz gesagt: Ich war angefixt und zum Glück für den Moment auch gut bedient.
Als dem GameCube die Luft ausging, kamen die Xbox 360 und die PS3 und mit der neuen Generation ein Einbruch im Horror-Genre. Zwar waren einige Vertreter aufwendig produziert, doch der Action-Horror-Ansatz von Dead Space, Resi 5 und Co. konnte mich nie so richtig abholen. Mit Silent Hill (Homecoming und Downpour), Dino Crisis (3) und Resident Evil (5 und 6) wurden ganze Serien sogar komplett gegen die Wand gefahren. Nur Letztere konnte sich von diesem Unfall bis heute erholen.
Und dann kam die PlayStation
Anstatt nach vorne, richtete sich mein Blick nach hinten. Ich holte mir eine PS2 und suchtete mich quer durch das geniale Horror-Angebot: Silent Hill 2-4, Code Veronica, Siren – um nur ein paar zu nennen. Und als ich die (gut erhältliche) Bibliothek durch hatte, dachte ich mir „warum nicht“ und kaufte mir mit Dino Crisis mein erstes PS1-Spiel. Von da an war die Abwärtskompatibilität für mich die beste Funktion der PS2.
Silent Hill 2 gilt als der Höhepunkt der Serie, doch ich finde den ersten Teil deutlich gruseliger:
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Die PS1 löste in mir deutlich mehr aus als die PS2. An die Grafik hatte ich keine Ansprüche, denn sie war zu diesem Zeitpunkt ohnehin veraltet. Und für mein Lieblings-Genre war sie sogar ideal: Pixel-Optik, wie sie eigentlich nur die PS1 und der Sega Saturn bieten, überlässt viel unserer Fantasie.
Sie ist Uncanny Valley in Reinform, denn statt den glasklaren Formen heutiger HD-Spiele, empfangen uns hier verschwommene, zuckende Umgebungen und um krude 3D-Modelle gespannte Gesichtstexturen. Und was ist Horror anderes als ein Spiel mit unseren Ängsten, mit unseren Vorstellungen, von dem was sein könnte.
In Kombination mit den damals gängigen Tank-Controls – die jede Begegnung mit einem Monster zu einer Herausforderung machen können – und festen Kamerawinkeln (ein Blick durch das Auge des Künstlers), ergibt sich für mich ein bis heute unschlagbarer Cocktail für Horror-Spiele.
Die PS1 hatte den Mut, sperrig zu sein, und das fehlt modernen Vertretern des Genres. Eine freie Steuerung, ein faires und ausbalanciertes Kampfsystem und HD-Optik mag für die meisten Spiele der Idealfall sein, für Horror-Titel aber gerade nicht, wie Resident Evil 1-3, Silent Hill, Dino Crisis, Clocktower oder Parasite Eve beweisen.
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