Nintendo of America-Spieletesterinnen berichten über Machtmissbrauch und sexuelle Belästigung

Ein großer Kotaku-Report widmet sich den Aussagen von Leiharbeiterinnen, die das Bild einer toxischen Arbeitsatmosphäre zeichnen.

Machtmissbrauch und sexuelle Belästigung bei Subunternehmen von Nintendo sind Thema eines aktuellen Reports von Kotaku. Machtmissbrauch und sexuelle Belästigung bei Subunternehmen von Nintendo sind Thema eines aktuellen Reports von Kotaku.

Update am 18. August: Nintendo of America-Boss Doug Bowser hat sich in einer internen Mail an Mitarbeiter*innen zu dem Report von Kotaku geäußert. Diesen hat die Webseite sehen können und veröffentlicht:

Wir haben strikte Richtlinien, um unsere Mitarbeiter und Kollegen vor unangemessenem Verhalten zu schützen, und erwarten, dass sich alle, die mit oder für uns arbeiten, an diese halten. Wir haben und werden immer jegliche Beschuldigungen untersuchen, die uns berichtet werden. Wir sind derzeit aktiv dabei, die neuesten Behauptungen zu untersuchen.

Noch einmal die Erinnerung, dass das HR-Team da ist, um euch zu unterstützen. Falls ihr Verhalten bemerkt, derzeit erlebt oder erlebt hat, das gegen unsere Verhaltensstandards, dem Mitarbeiter-Handbuch oder den Firmenwerten verstößt, dann kontaktiert sofort euren HR Business-Partner.

Eine offizielle Stellungnahme für die Öffentlichkeit bleibt bisher aus seitens Nintendo of America.

Originalmeldung: Das Magazin Kotaku hat mit mehreren Personen gesprochen, die über Subunternehmen bei Nintendo beschäftigt waren und Spiele getestet haben. Diese zeichnen in ihren Aussagen ein Bild von einer toxischen Arbeitskultur, bei der Frauen fortwährend sexueller Belästigung, Diskriminierung und Grenzüberschreitungen bei der Privatsphäre ausgesetzt seien.

Das sind die Vorwürfe

Darum geht es: Kotaku.com hat dem Thema einen ausführlichen Report gewidmet. Wir fassen hier das Wichtigste zusammen: Im Fokus des Artikels stehen die Aussagen von Personen, die keine feste Direktanstellung bei Nintendo of America hatten, sondern über Subunternehmen engagiert wurden.

Kotaku sprach mit mehreren Personen: Im Report schildern verschiedene Personen, dass besonders Frauen unter einer toxischen Arbeitsatmosphäre zu leiden hatten. Wie bereits in den Vorwürfen gegen Activision Blizzard und Ubisoft kam der Vergleich mit einer Studentenverbindung auf. Der Artikel stützt sich auf Erfahrungen von Einzelpersonen sowie auf Vorfälle, die von mehreren Quellen bestätigt wurden.

Dem Bericht zufolge sei es wiederholt zu Machtmissbrauch durch festangestellte männliche Mitarbeiter gekommen. Es sei zu verschiedenen Situationen gekommen, in denen sich Frauen im Unternehmen unwohl oder nicht ausreichend geschützt gefühlt hätten. Auch ein Stalking-Vorwurf und die Probleme beim Vorgehen gegen Täter werden thematisiert.

Diskriminierung queerer Personen: Besonders schwer hätten es zudem, so eine ehemalige Spieltesterin, queere Frauen gehabt. Homosexuelle Frauen sprechen im Artikel darüber, dass sie in Bezug auf ihre Beziehungen Diskrimierung erfahren hätten und über unpassende Äußerungen, wie dass es schade sei, dass sie lesbisch seien.

Konkrete Fälle von Grenzüberschreitungen

Beispielsweise wird davon berichtet, dass leitende Mitarbeiter die Angewohnheit gehabt haben, Frauen anzubaggern oder unpassende Witze über Gender-Stereotypen und mehr zu machen. Ein ehemaliger Tester berichtet davon, dass er auf einer Party von seinem Supervisor Eric Bush aufgefordert worden sei, eine weibliche Angestellte nach der Farbe ihrer Unterwäsche zu fragen. Bush hat unter anderem bei verschiedenen Pokémon-Titeln sowie Breath of the Wild mitgearbeitet.

Ein anderer Name, der genannt wird, ist Melvin Forrest, der Leiter des Produkttest-Bereichs war, und bei dem momentan unklar ist, ob er noch im Unternehmen tätig ist. Forrest, der an Spielen wie Metroid Prime und Donkey Kong Country gerabeitet hat, soll laut mehrerer Quellen regelmäßig unangemessene Annäherungsversuche getätigt haben.

Frauen im Unternehmen hätten sich gegenseitig vor Forrest gewarnt, aber das Problem gehabt, dass er über die Auswahl der Tester*innen entschieden habe. Personen ohne Festanstellung seien daher auf sein Wohlwollen angewiesen gewesen.

Quellen berichten von Machtmissbrauch

Das Problem, das aus dem Machtgefälle zwischen festangestellten Mitarbeitenden und solchen, die über Subunternehmen engagiert wurden, entsteht, wird im Report noch ausführlicher thematisiert. Die frühere Spieletesterin Valerie Allison erklärt:

"Eine Menge der Nintendo of America "Red Badges" [festangestellte Mitarbeiter] hatten den Ruf, den Pool der Spieletest-Mitarbeitenden als Dating-Pool zu nutzen."

Für sie, also eine Testerin ohne feste Anstellung sei es, so Allison, extrem schwierig gewesen, eine Perspektive auf eine solche zu bekommen. Klare Übernahmechancen, basierend auf guter Arbeit, habe es nicht gegeben. Stattdessen sei es nötig gewesen, sich mit Personen in leitenden Positionen gut zu stellen. So berichtet eine andere Person, die im Bereich Spieletest gearbeitet hat, dass Männer bessere Chancen auf feste Jobs gehabt hätten, da diese alle befreundet gewesen seien.

Laut dem Report sei es für Frauen sehr schwierig gewesen, Zwischenfälle zu melden. So wurden diese Beispielsweise als Missverständnisse kleingeredet. Ein Mann, der eine Frau mit "verstörenden" Nachrichten und Anrufen gestalkt habe, habe laut mehreren Quellen freie Hand gehabt, da er mit den richtigen Personen befreundet gewesen sei. Das Opfer berichtete Kotaku:

"Er hat wörtlich gesagt, er lässt mich feuern, wenn ich es melde."

Die aktuelle Situation rund um die Vorwürfe

Gerade im Bereich der Spieletests, aber auch in vielen anderen Bereichen und Branchen, ist es gängige Praxis, einen Teil der Stellen über Subunternehmen zu besetzen. Nintendo of America engagierte Spieletester*innen unter anderem über die Firma Aerotek (die inzwischen zu Aston Carter umstrukturiert wurde), gegen die laut dem National Labor Relations Board (NLRB) über die Jahre mehrere Arbeitsbeschwerden eingereicht wurden. Beim NLRB handelt es sich um eine unabhängige Behörde der Bundesregierung der Vereinigten Staaten.

Im April wurde bei dieser eine Klage wegen Gewerkschaftszerschlagung eingereicht, in der Aston Carter und Nintendo als gemeinsame Arbeitgeber gelistet werden. Im August wurde außerdem eine zweite Beschwerde gegen beide Unternehmen eingereicht. Die Beschwerden in dieser drehen sich unter anderem um "Vergeltung", "Entlassung" und "Zwangsregeln". Beide Fälle sind noch offen.

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