Nachruf: Bud Spencer - Als wäre ein Stück Kindheit gestorben

Carlo Pedersoli alias Bud Spencer ist tot. Kai Schmidt reflektiert, was der liebenswerte Dicke mit dem Bart (der es sogar bis zum Spielehelden schaffte) ihm bedeutete.

Bud Spencer: 31.10.1929 - 27.6.2016 Bud Spencer: 31.10.1929 - 27.6.2016

Carlo Pedersoli ist tot. Er starb am 27.6.2016 mit 86 Jahren in Rom. Ich kannte den Mann nicht, doch ich trauere um ihn. Denn mit ihm starb Bud Spencer. Diese Kunstfigur kannte ich zwar ebenfalls nicht persönlich, habe aber das Gefühl, dass er seit ich denken kann wie ein guter Freund immer bei mir war.

Der Autor
GamePro-Redakteur Kai Schmidt ist seit er denken kann Fan von Bud Spencer und Terence Hill. Er besitzt alle relevanten Filme der Beiden auf VHS (ja, die funktionieren noch!), DVD und Blu-ray. Die Einbindung eines wie die runtersausende Faust auf die Schädeldecke passenden Spruchs aus »Zwei außer Rand und Band« als Zwischenüberschrift in einem seiner ersten großen GamePro-Artikel (Tekken4) brachte dem damaligen Trainee großes Lob von GameStar-Redakteur Christian Schmidt ein: »Schelle links, Schelle rechts!«

Welchen seiner Filme ich zuerst gesehen habe, vermag ich nicht zu sagen, aber einmal angefixt liefen die TV-Aufnahmen (auf Betamax-Kassetten!) von »Sie nannten ihn Mücke«, »Die rechte und die linke Hand des Teufels« oder »Der Große mit seinem außerirdischen Kleinen« rauf und runter. Mein Vater, der mich an das Duo Spencer/Hill heranführte, bereute es wohl schon bald, mir auch den Videorekorder erklärt zu haben.

Buddy kristallisierte sich als brummeliger, aber naiv-liebenswerter Dickwanst schnell als Favorit heraus. Und das nicht ohne Grund: Auf dem Pausenhof der Grundschule wurden damals seine von oben durchgezogenen Dampfhammerschläge bis zur Perfektion geübt (nicht ohne gelegentliche Blessuren).

Bud Spencer feierte seine größten Erfolge zusammen mit Terence Hill - und einer genial-schnoddrigen deutschen Synchronisation. Bud Spencer feierte seine größten Erfolge zusammen mit Terence Hill - und einer genial-schnoddrigen deutschen Synchronisation.

Auch der ein oder andere Spruch der famosen deutschen Schnoddersynchronisationen floss schon früh in meinen Wortschatz ein. Ich kann mich nicht mehr an die genaue Reaktion meiner Oma erinnern, als ich über ihr selbst gekochtes Mittagessen sagte »Schmeckt gar nicht mal so gut«, aber ich bin mir sicher, sie fand es nicht halb so lustig wie ich.

Okay, zugegeben, der Spruch war von Terence Hill. Dafür schlägt nichts, sein Brathähnchen so rustikal-unmanierlich wie Bud Spencer zu verputzen. Und wenn man die Filme der beiden Italiener komplett mitsprechen kann, finden sich zum Beispiel auch wundervolle Anwendungsgebiete für »Pfui Deibel, ist die hässlich!« oder »Hat dir schon mal einer mit dem Vorschlaghammer einen Scheitel gezogen?« vom liebenswerten Dicken mit der charakteristischen Gesichtsmatratze.

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Wie das so ist, wenn man sich dem mittleren Teenageralter nähert, verlor ich irgendwann das ganz große Interesse an den Prügelkomödien. Doch Buddy verließ mich nicht komplett, denn immer, wenn ich beim Zappen zufällig auf Filme wie »Vier Fäuste gegen Rio« oder »Zwei außer Rand und Band« stieß, schaute ich meinem alten Kumpel bei seinen Abenteuern zu.

Interessant: Bud Spencer als Spieleheld in Schiaffi&Fagioli

Schiaffi&Fagioli: Eine Demo zum 2D-Prügelspiel basierend auf »Die rechte und die linke Hand des Teufels« Schiaffi&Fagioli: Eine Demo zum 2D-Prügelspiel basierend auf »Die rechte und die linke Hand des Teufels«

Um die Zivildienstzeit herum (ja, in meiner Jugend gab es noch die Wehrpflicht) entdeckte ich aber wieder den Spaß an den Streifen und machte mit gleichgesinnten Freunden Spencer-Hill-Abende - übrigens eine prächtige Gelegenheit, Bohnen mit Speck zu servieren -, während ich deswegen von anderen belächelt wurde. Ich sammelte seltene VHS-Kassetten, extrahierte am PC die kultigen Sprüche als Audiodateien und stellte das Ganze auf einer eigenen Website online. Die Seite existiert mittlerweile nicht mehr, doch meine Dateien haben überdauert und sind heute zum Beispiel auf www.spencerhill.de als Download verfügbar. Ob VHS, DVD oder Blu-ray, seither war Buddy wieder zu einem nicht wegzudenkenden Teil meines Lebens geworden.

Wöchentlich lief (und läuft) bei mir mindestens einer seiner Klassiker. Am liebsten »Das Krokodil und sein Nilpferd«. Wenn ich ganz hart drauf bin, sogar »Banana Joe«, dessen deutsche Synchronisation eine ziemlich grobe Sprüchekelle schlägt (»Ist die Banane gelb und krumm, rollt der Pesos gar nicht dumm.«).

Kai schaffte es seinerzeit sogar, Bud Spencer in den GamePro-Test zu WWE Smackdown vs. Raw 2010 zu schmuggeln. Kai schaffte es seinerzeit sogar, Bud Spencer in den GamePro-Test zu WWE Smackdown vs. Raw 2010 zu schmuggeln.

Ein Phänomen ganz besonderer Art war schließlich ein Termin in München: Bud Spencer kam im Jahr 2011 leibhaftig in eine Buchhandlung, um seine gerade erschienene Autobiografie zu signieren. Hunderte warteten geduldig in einer Schlange, die sich über mehrere Stockwerke zog. Und ich war mittendrin, als Bud unter dem Beifall der Fans erschien, »Guten Abend« brummelte und zum Anfassen nah an mir vorbeischlenderte. Klar war das nicht »mein Kumpel Bud« von damals, sondern ein alter Mann mit Gehstock. Aber in dem Moment blieb mir tatsächlich die Spucke weg. Das werde ich nie vergessen.

Wahrscheinlich hätte mir spätestens in diesem Moment auch klarwerden müssen, dass selbst Legenden vergänglich sind. Doch irgendwie sah ich Bud Spencer immer als gegeben an. Er war schon immer da und würde auch für immer bleiben.

Kai versuchte sich auch an der eigenhändigen Modellierung eines Bud-Actionfiguren-Kopfs. Kai versuchte sich auch an der eigenhändigen Modellierung eines Bud-Actionfiguren-Kopfs.

Dass das so nicht stimmte, merkte ich langsam am 27. April 2016, als Buds einzig wahre deutsche Synchronstimme Wolfgang Hess abtrat. Er machte zusammen mit Hill-Sprecher Thomas Danneberg dank der wundervollen Texte des Synchron-Altmeisters Rainer Brandt einen großen Teil des Charmes der eigentlich billig produzierten und belanglosen Blödelstreifen aus.

Mit Hess verstarb sozusagen die eine Hälfte der Filmfigur Bud Spencer, die ich seit meiner Kindheit kannte. Und dann, exakt zwei Monate später, trat mit Carlo Pedersoli auch die andere Hälfte der Kunstfigur von der Bühne ab. Tja, auch die Engel essen jetzt Bohnen (die Carlo übrigens gar nicht mochte - er bevorzugte Spaghetti).

Als ich davon erfuhr, war ich traurig, als wäre gerade ein Familienmitglied gestorben. Eigentlich absurd. Doch keine andere der 2016 ziemlich gehäuften Promi-Todesmeldungen ging mir so nahe.

Doch dann erkannte ich: Carlo Pedersoli ist zwar tot, doch Bud Spencer lebt weiter. Er ist durch seine Filme immer für mich da, wenn ich niedergeschlagen bin oder etwas Ablenkung von der Arbeit brauche. Danke für alles, Bud!

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