Mit dem Körper durch die Wand
Im Inneren der Gebäude wird dann aber munter durch Wände gewandelt (in der Vertikalen gelten die Naturgesetze allerdings auch für Dusk-Bewohner - wenn Ronan das Stockwerk wechseln will, nimmt er die Treppe). Die für Action-Abenteurer ungewohnte Barrierefreiheit macht die Erkundung eines Schauplatzes einfach,die Arbeit der Designer aber erheblich komplizierter: Innerhalbeines Gebäudes lassen sich keine physischen Grenzen definieren,das Einzige, was die Erkundungstouren des Spielers etwas zu beschränken vermag, sind Dämonen - reichlich hässliche metaphysische Kreaturen, die zu lange im Dusk verbracht haben und sich nun in ewiger Verdammnis an ruhelosen Seelen laben.
Dämonen lassen sich via Detektivblick durch Wände hindurch als Silhouetten wahrnehmen und durch Anschleichen von hinten mittels Quicktime-Event erledigen. Erspähen sie Ronan, greifen sie sofort an. Seine einzige Rettung besteht im flinken Verbergen in sporadisch herumwabernden Dimensionsrissen. Allzu große Bedeutung scheint dieses Schleich- und Kampf-Element jedoch nicht zu haben, laut der Entwickler dient es vornehmlich der Auflockerung des Geschehens. Die Macher wollen die Bewegungsfreiheit wenigstens ein bisschen einschränken und glaubhafte Hindernisse für unseren übersinnlichen Geisterhelden schaffen.
Linear zur Lösung
Unsere Hauptarbeit besteht allerdings im Detektivspielen, wir hangeln uns entlang einer mysteriösen Story von Einsicht zu Einsicht. Betritt Ronan einen neuen Schauplatz, wird er mit einer imRaum schwebenden Frage konfrontiert, die erst gelöst werdenmuss, bevor es weitergeht. Im dritten Stock des fraglichen Hauses lautet sie zum Beispiel: »Warum war der Killer hier?« Um das herauszufinden, müssen wir Hinweise sammeln - einen Zettel auf dem Nachttisch betrachten, ein Bild am Kühlschrank angucken und vor allem in jeden anwesenden Sterblichen hineinschlüpfen.
Maximal drei Aktionen hat Ronan während der kurzfristigen Inbesitznahme eines Menschen: Er kann dem Blick der Person folgen und so beispielsweise ins Notizbuch eines Polizisten schauen. Er kann sich die Gedanken der Person anhören. Und er kann - so er die dafür nötigen Hinweise in petto hat - diese Gedanken beeinflussen und damit eine Handlung provozieren. Wenn mit Herumstöbern und Ausprobieren genug Hinweise und Indizien gesammelt (also automatisch vom Spiel notiert) sind, können wir versuchen, die Frage zu beantworten: Die drei uns am relevantesten erscheinenden Aussagen werden kombiniert, um die richtige Schlussfolgerung zu ziehen, damit die nächste Zwischensequenz auszulösen und den Weg ins folgende Unterkapitel zu ebnen.
Der Weg von der kleinteiligen Faktensammlung über die sichlangsam materialisierende Erkenntnis bis zur clever kombiniertenSchlussfolgerung ist ungewöhnlich und hat spielerisches Potenzial - das aber in den von uns gespielten Sequenzen nicht genutztwird. Wir können Hinweise zwar auch falsch kombinieren,unsere Fehler haben aber keinerlei Folgen. Wir laufen und probieren einfach so lange herum, bis wir die nötigen Informationengesammelt und richtig miteinander verknüpft haben, schon startetdas folgende Kapitel. Es gibt auch keine alternativen Kombinationen und Schlüsse: Die Entwickler wollen jedem Spieler genaudie gleiche Geschichte erzählen und die gleiche Erfahrung vermitteln, die Story verläuft linear.
Die Geschichte muss es richten
Zwar ist für allerlei Beschäftigung neben dem Abarbeiten des roten Fadens gesorgt - diverse Geister appellieren zwecks Erlösung an Ronans kriminalistische Ader, zudem werden durch Auffinden diverser Objekte weitere Nebenaufträge freigeschaltet. All dies wird aber nicht mit neuen Fertigkeiten für Ronan belohnt, sondern verpasst höchstens der Geschichte das eine oder andere zusätzliche Detail. Was uns zu dem Schluss führt, dass die finale Qualität vonMurdered: Soul Suspectin direktem Zusammenhang mit der Story stehen wird - die Wertigkeit des ungewöhnlichen Geister-Abenteuers dürfte unmittelbar davon abhängen, was die Entwickler zu erzählen haben und wie sie es tun. Spielerisch darf man hier wohl eher wenig Geistvolles erwarten.
Drei Fragen an Senior Design Producer Eric Studer
Wie viel Dämonen-Action steckt in Murdered?
Eric Studer: Wir machen definitiv kein Actionspiel. Mit den Dämonen wollen wir dem Spiel ein interessantes Tempo verleihen und dem Spieler das Gefühl geben, dass immer wieder was Neues hinter der nächsten Ecke wartet. Außerdem sorgen die Dämonen dafür, dass Ronan nicht an diesem Ort verweilen will. Sie sind gefährlich, jagen ihn durch die Welt. Und für Ronan ist stets die Angst gegenwärtig, sich in einen Dämon zu verwandeln, wenn er sich zu lange im Dusk aufhält.
Wie erklärt ihr, dass Ronan nicht durch den Fußboden fällt?
Eric Studer: Hier schummeln wir ein bisschen. Die Fähigkeit, durch Wände zu gehen, ist unglaublich cool und ein Kern des Spiels. Aber wenn Ronan durch den Boden fallen würde, hätten wir ein paar ernsthafte Design-Probleme. Es geht darum, eine konsistente interne Logik für das Geisterdasein zu schaffen, gleichzeitig aber zu wissen, wo man sich die Regeln ein bisschen zurechtbiegen muss.
Wird der Spieler bestraft, wenn er falsch kombiniert?
Eric Studer: Wir haben eine Geschichte, die wir erzählen wollen, von der unser Kreativchef eine klare Vision hat. Wir wollen nicht, dass sich Frust beim Spieler anstaut, weil er sich nicht so verhält, wie wir das gern hätten. Anstatt ihn also zu bestrafen, weil er etwas nicht so gut macht, belohnen wir ihn dafür, dass er etwas gut macht. Das Spiel zeichnet ja die gesamten Daten der Ermittlung auf, es weiß also, wie schlau du dich angestellt hast. Und du kannst über die Benutzeroberfläche auf diese Informationen zugreifen.
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