The Callisto Protocol könnte zu viel Action zum Verhängnis werden

Space-Horror lebt auch von seinen ruhigen Momenten. Ob The Callisto Protocol diese jedoch bietet, muss das Spiel für Dennis nach Teilnahme an einem Gameplay-Event noch zeigen.

The Callisto Protocol wird nichts für schwache Nerven. The Callisto Protocol wird nichts für schwache Nerven.

Vor wenigen Wochen haben Kollege Tobi und ich uns dafür eingesetzt, dass Dead Space im GamePro-Ranking der 25 besten Horrorspiele auf dem ersten Platz landet. Dass uns die ersten beiden Teile noch heute so begeistern, liegt aber nicht nur am wuchtigen Gameplay. Es ist die so unfassbar beklemmende Atmosphäre des Spiels, die uns nicht mehr losgelassen hat. Das Gefühl nie zu wissen, was gleich aus den Eingeweiden der USG Ishimura kriecht. Während wir in einem Moment noch durch Stille stampfen, bricht im anderen Moment die Panik aus.

Anfang der Woche haben mir Dead Space-Schöpfer Glen Schofield und sein Team Striking Distance Studios erstmals 30 Minuten pures Gameplay aus ihrem Space-Horrorspiel The Callisto Protocol gezeigt. Was ich mitgenommen habe, sind sehr viele positive Aspekte, aber auch eine größere Sorge: Callisto setzt nach dem Gesehenen im Vergleich zu Dead Space auf deutlich mehr Action und permanenten Terror, der jedoch auf Dauer zur abgestumpften Routine werden könnte.  

Disclaimer: Bevor ich zum springenden Punkt komme, lasst mich aber einen kleinen Einwurf voranstellen. Es handelt sich hier nur (!) um einen Ersteindruck aus dem vierten Level des Spiels, das keineswegs stellvertretend für das gesamte Spiel sein muss.

30 Minuten Stress und Terror pur  

The Callisto Protocol sieht im positiven Sinne nach meinem schlimmsten Albtraum aus. Bei all den Splatter-Effekten, abgetrennten Gliedmaßen und literweise Blut im Spiel, musste ich mich erst einmal zwei Stunden duschen, um den Schmutz des Erlebten wieder abzubekommen. Die Kämpfe wirken wuchtig und was die Atmosphäre anbelangt, so bekomme ich beim Gedanken an den dichten Nebel in den Gängen der Raumstation und beim schaurig schönen Sounddesign noch jetzt Gänsehaut.

Jedoch habe ich in Gedanken auch ein mögliches Problem des Actionspiels aus der Präsentation mitgenommen. In den gut dreißig Minuten habe ich nämlich fast Non-Stop einen actiongeladenen Überlebenskampf nach dem anderen gesehen: Entweder gleich mehrere eitrige Ekelviecher, die langsam auf mich zu torkeln oder im dichten Nebel auf mich lauern. Mal flink aus Bodenplatten hervorkriechen, mal von der Decke herabspringen, sich teils unsichtbar machen. Werden sie nicht schnell genug eliminiert, mutieren sie vor meinen Augen in noch weit mehr entstelltes und tödliches Gekrös. 

In Callisto Protocol spratzt das Blut, Gliedmaßen werden abgetrennt. Uns erwartet ein echtes Splatter-Fest. In Callisto Protocol spratzt das Blut, Gliedmaßen werden abgetrennt. Uns erwartet ein echtes Splatter-Fest.

Verschnaufpausen um Kisten zu looten oder die Gänge “in Ruhe” zu erkunden, waren äußerst rar gesät. Was uns hier am 02. Dezember auf der alten und neuen Konsolengeneration erwartet, wirkt nach all dem, was ich bislang von Callisto gesehen habe, wie Stress pur. Es wirkt wie ein Spiel, das uns permanent unter Druck setzen möchte und dabei auf weit mehr Action setzt. Weit mehr Action als im direkten Vergleich ein Dead Space 1 und 2. 

Zwar mögen solche Sequenzen für sich genommen sehr gut funktionieren, doch erlebe ich sie in dieser Frequenz, wie in der Präsentation gesehen, zu häufig, kann sich schnell Gewohnheit einstellen. Der mit Action angefütterte Adrenalin-Terror wird zur Routine, die mich abstumpft und mir damit den für die Atmosphäre so wichtigen Horror nimmt. Dead Space als Paradebeispiel setzt hingegen immer wieder auf längere Ruhephasen und geht insgesamt sparsamer mit dem in den Eingeweiden der Raumstation schlummernden Horror um, wodurch das bedrohliche Gefühl bis (fast) zum Ende Bestand hat. In Callisto Protocol bleibt mir hingegen gar keine Zeit, mich zu gruseln, dafür bin ich zu sehr damit beschäftigt, zu überleben.

Dennis Michel
Dennis Michel

Dennis ist großer Horrorfan und liebt den Nervenkitzel von Spielen wie Dead Space, Resident Evil oder Outlast. In den 90ern war er jedoch noch ein großer Schisser, der vor dem Dino in Tomb Raider Reißaus genommen hat und Half-Life nur mit Hilfe seines Dads mehr als 10 Minuten spielen konnte.    

Sandbox-Action vs. Horror 

Dass es während des gut dreißigminütigen Gameplay-Events fast ausschließlich Action und Horror durch Stress zu sehen gab, hat mich nach den bisherigen Trailern und Infos zum Spiel aber kaum verwundert. The Callisto Protocol legt seinen Fokus auf die Kämpfe und den Terror, der durch sie entsteht. Dazu passt auch die Aussage von Schofield, dass die Scharmützel einen Sandbox-Charakter haben und wir die Wahl zwischen wuchtigen Nahkampfangriffen, Stealth, verschiedenen Fernkampfwaffen samt der Gravity Gun haben, mit der wir Feinde im Griff halten und sie beispielsweise in Nagelwände oder Ventilatoren stoßen. 

Es passt zum agileren Helden, der sich zwar gleich Isaac aus Dead Space wie ein menschlicher Panzer fortbewegt, aber auch Angriffe blocken kann und Monstern im Nahkampf wie ein Boxer ausweicht. Es passt zur actionreichen Rutschpassage, die ihr euch hier im Gameplay-Trailer nochmal anschauen könnt:

The Callisto Protocol - Der Weltraum-Horror zeigt sich in einem neuen Gameplay-Trailer Video starten 3:20 The Callisto Protocol - Der Weltraum-Horror zeigt sich in einem neuen Gameplay-Trailer

Doch eben diese Action ist für mich aktuell der größte Fallstrick und ich bin sehr gespannt, ob hier der Spagat zwischen ruhigen Story-Momenten, einsamer Erkundung und stressgeladener Action gelingt, damit mir das Spiel auch noch nach Stunden den Schweiß auf die Stirn setzt -  so, wie es einst Dead Space geschafft hat.

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