2018 wird voraussichtlich ein gutes Jahr für Piraten-Fans. Mit Skull & Bones von Ubisoft und Sea of Thieves von Rare gibt es gleich zwei verschiedene Seeräuber-Abenteuer, die glücklicherweise auch unterschiedliche Ansätze verfolgen. Mit der Berichterstattung um beide Titel kamen viele Top-Listen an die Oberfläche, die ältere Piraten-Spiele behandelten. Leider habe ich in fast allen dieser Artikel oder Videos ein Xbox-Spiel schmerzlich vermisst: Fluch der Karibik aus dem Jahr 2003.
Für alle die das Spiel nicht kennen, mag es im ersten Moment merkwürdig erscheinen, eine Filmumsetzung anzupreisen. Viel zu oft wurden wir mit halbherzigen Adaptionen enttäuscht. In diesem Fall ist es jedoch etwas anders. Zum einen, weil Fluch der Karibik eigentlich bis auf das Setting nicht viel mit der Filmvorlage zu tun hat und zum anderen, weil es ein sehr gutes Rollenspiel ist.
Segeln unter fremder Flagge
Entwickelt wurde Fluch der Karibik vom russischen Studio Akella. Bethesda Softworks bewies hier wie immer ein gutes RPG-Gespür und übernahm zusammen mit Ubisoft die Rolle des Publishers. Akella kündigte das Spiel auf der E3 2002 noch als Fortsetzung für ihr 2000 erschienenes Sea Dogs an.
2003 haben es die Entwickler allerdings geschafft, die offiziellen Fluch der Karibik-Rechte zu erhalten. Der erfolgreiche Kinofilm erschien im selben Jahr. Sea Dogs 2 wurde demnach kurzerhand in Pirates of the Caribbean bzw. Fluch der Karibik umgetauft, blieb aber bis auf wenige Anpassungen im Kern das gleiche Spiel.
Freibeuter mit Leib und Seele
Das umfangreiche Rollenspiel hat es in sich. Mit dem vorgegebenen Protagonisten Käpt'n Nathaniel Hawk gab es im Wesentlichen keine Grenzen. RPG-typisch lassen sich viele Talente und Fähigkeiten verbessern. Es bleibt dabei dem Spieler überlassen, ob Nathaniel am Ende ein unbesiegbarer Nahkämpfer, gefürchteter Anführer einer Flotte, oder geschickter Händler ist. Natürlich lassen sich alle Wege auch frei miteinander kombinieren.
Die Karibik ist riesig. Sobald das Schiff den Hafen verlässt, schaltet das Spiel in eine übersichtliche Kartenansicht um. Hier wird das gesamte Ausmaß der Welt sichtbar. Es gibt viele Inseln zu erkunden, jede davon ist mit Städten, Dörfern, Forts, Stränden oder reiner Wildnis bestückt, die völlig frei erkundet werden können.
Zwischen den Inseln fahren die Schiffe und Flotten der verschiedenen Fraktionen umher. Wie Engländer, Spanier, Franzosen und Piraten auf uns reagieren, hängt von unserem Ruf bei ihnen ab. Wer will, kann mit allem und jedem den Kampf aufnehmen und zum gefürchtetsten Piraten der Karibik aufsteigen. Gerade zu Beginn ist das aber schwierig, da unser erstes "Schiff" eher ein größeres Boot ist. Daher ist es ratsam, sich Freunde zu machen.
Bis es zum großen Schlachtschiff, oder gar einer aus bis zu vier Schiffen bestehenden Flotte reicht, wird einige Zeit vergehen. Auf dem Weg dorthin wartet die detaillierte Welt darauf, erkundet zu werden. Neben vielen Haupt- und Nebenquests gibt es auch etliche Dungeons, in denen verborgene Schätze mit Gold und Items auf uns warten.
Das Leben eines Piraten
Grundsätzlich teilt sich das Spiel in zwei Teile: auf dem Land und auf dem Wasser. Die Landabschnitte spielen sich sehr Rollenspiel-klassisch. Das bedeutet wir laufen umher, besuchen Händler, sprechen mit NPCs, nehmen Quests an und messen uns mit Stadtwachen oder Banditen. Außerdem gilt es dafür zu sorgen, dass Schiff und Crew in guter Verfassung sind, bevor es wieder auf hohe See geht.
Die Nahkampfgefechte sind in meinen Augen einer der Schwachpunkte des Spiels. Mit Druck auf die Blocken-Taste, sind wir nämlich gegen alle Angriffe immun, außer von Schusswaffen. Selbst wenn Nathaniel von Gegnern umringt ist, reicht es einfach zu blocken und abzuwarten, bis sich ein Zeitfenster für einen Schlag auftut. Spannung sieht leider anders aus.
Auf dem Wasser steuern sich die Schiffe anfangs recht eingängig. Mit zunehmender Schiffs- oder gar Flottengröße wird es aber etwas komplizierter. In Seeschlachten muss die Windrichtung beachtet werden und wir müssen entscheiden, mit welcher Munitionsart die Kanonen geladen werden. Je nachdem welche Schiffsklasse wir selbst steuern und welchen Gegner wir bekämpfen, sind Kugeln, Kartätschen, Kettenkugeln oder Bomben die beste Wahl.
Insgesamt steuern sich die Seeschlachten angenehm fordernd. Wer allerdings schnelle und Aktion-geladene Kämpfe erwartet, könnte mitunter enttäuscht werden. Die Schiffe segeln sich erheblich langsamer und behäbiger als z.B. in Assassin's Creed: Black Flag. Allerdings lässt sich jederzeit ein Zeitraffer aktivieren, wenn sich eine Verfolgungsjagd doch mal länger hinzieht.
Es gibt noch einiges zu erzählen, was Fluch der Karibik angeht. Von der ulkigen, aber sympathischen deutschen Synchro, bis hin zu epischen Enter-Kämpfen und der Eroberung ganzer Städte, aber das Entdecken der vielen Möglichkeiten und Orte gehörte für mich damals zu den Highlights.
Wer sich an der älteren Technik nicht stört und ein gelungenes Rollenspiel mit weitestgehend realistischem Piraten-Szenario sucht, sollte sich den Titel auf der originalen Xbox oder PC auf jeden Fall anschauen. Trotz seines Alters und den damit verbundenen Macken bietet Fluch der Karibik neben Black Flag in meinen Augen die beste Möglichkeit, sich die Wartezeit auf Skull & Bones oder Sea of Thieves zu verkürzen.
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