Sledgehammer Games, die am 3. November mit Call of Duty: WW2 das Franchise zurück in den Zweiten Weltkrieg lenken werden, hatten selbst nichts mit dem allerersten Call of Duty zu tun, das 2003 erschien. Und doch bemerkten Spieler mit außerordentlich gutem Gehör, dass die Entwickler im Ankündigungstrailer des neuesten Ablegers den Soundtracks des Franchise-Ältesten rezitierten und um eine neue Melodie erweiterte. Eine musikalische Verneigung vor den ersten Gehversuchen des Franchises, die auch ich damals begeistert miterlebte.
Vergangenes Wochenende habe ich nun die freie Zeit genutzt, um die virtuellen Schlachtfelder erneut zu besuchen, die ich vor 13 Jahren hinter mir gelassen hatte.
So vertraut und doch so fremd
Call of Duty wurde seinerzeit für die kinoreife Inszenierung gelobt, die die bebenden Schlachtfelder so unmittelbar wie bis dato noch nie auf den Monitor gefesselt hat. Dabei beginnt eigentlich alles ganz ruhig: Im Ausbildungscamp werden wir von General zu General geschickt, um nacheinander den Umgang mit verschiedensten Waffen und Granaten zu erlernen. Da sich in der letzten Dekade in diesem Bereich nur wenig im Shooter-Genre verändert hat, musste ich mich hier als moderner Spieler kaum umgewöhnen. Eine größere Herausforderung stellte dann allerdings die erste Zwischensequenz dar, die mir die Hintergründe meiner ersten Mission erklären soll.
Schnarchig wie ein Mittelstufen-Referat rattert eine Offstimme im Generalston den kompletten Angriffsplan der Alliierten in der Normandie herunter, während wir auf eine Landkarte starren müssen, bevor ein neues Bild begleitet vom Geräusch eines Dia-Projektors erscheint. Wer es gut meint, kann diese Missionserklärung den damaligen Entwicklern als taktisches Kalkül anrechnen, denn die erste Mission wirkt nach einem so zählen Auftakt direkt doppelt so stark.
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Wir landen hinter den deutschen Verteidigungslinien in Frankreich und unsere Aufgabe ist es, einen Signalsender an einer vorgegeben Stelle zu platzieren, damit die bereits wartenden Truppentransporter wissen, wo sich eine sichere Landezone für die Soldaten befindet. Eine durchdringende Stille liegt über dem Bauernhof, den wir schleichend und an deutschen Soldaten vorbei überqueren, die nichts von dem bevorstehenden Angriff erahnen. Schließlich erreichen wir den Peilsender und auf einen Knopfdruck starten wir einen der größten Invasionsangriffe der modernen Geschichte: Flugzeuge tauchen am Himmel auf, Soldaten landen mit Fallschirmen überall um uns herum, deutsche Flak-Geschütze erhellen den Himmel. Die reine Hölle ist losgebrochen und selbst mit einer so veralteten Grafik-Engine bin ich völlig gefesselt von dem, was da auf dem Bildschirm passiert.
Überrascht haben mich die vielen geskripteten, brutalen Szenen, die ich so gar nicht mehr im Kopf hatte und die demonstrativ vor meinen virtuellen Augen ablaufen: Ein Soldat wird aus nächster Nähe mit einer Kugel in den Kopf geschossen, als er um die Ecke spät, während seine Kameraden hinter einem Holzzaun Deckung suchen, kurz bevor dieser von einem deutschen MG42 zerstört wird. Ständig sterben KI-Kameraden in meiner nächsten Nähe, vom vielzitierten "Call of Duty-Pathos" spüre ich hier erfreulicherweise noch reichlich wenig.
Eine Achterbahnfahrt hinter deutschen Linien
Nach diesem ziemlich mitreißenden Auftakt wird mir dann allerdings deutlich vor Augen geführt, warum der Begriff "Action-Achterbahnfahrt" bis heute so fest mit dem CoD-Franchise verbunden ist. Als Beifahrer werde ich unmittelbarer Zeuge des Versuches von zwei meiner Kameraden, mit einem erbeuteten PKW die deutschen Linien zu durchbrechen und das Feldquartier der US-Armee zu erreichen. Kantige Draufgänger-Sprüche, Slapstick-Einlagen zwischen meinen beiden Mitfahrern und das Drive-By-Shooting vorbei an deutschen Truppenkontingenten fühlen sich furchtbar unangebracht an und treten die Wirkkraft des so dramatischen ersten Kapitels mit Füßen.
Mehr: Call of Duty: WW2 - Alles, was wir bisher wissen
Trotzdem war es die absolut richtige Entscheidung, den Nebel der Nostalgie zu durchdringen, Call of Duty 1 nach 13 Jahren wieder einmal anzuspielen und dabei gleich zwei dicke Überraschungen zu erleben: Die deutlich ernsteren Kapitel dieses Shooters sind damals wie heute mitreißend, packend und wirken fast schon dokumentarisch, ohne dabei deutsche Soldaten als das ultimativ Böse plakativ zu charakterisieren, während die "Achterbahn-Sequenzen" furchtbar kindisch wirken. Ich glaube, das Call of Duty: WW2 genau an dieser Stelle in die Bresche springen könnte und den ernsten Ton auch ohne bemühte Auflockerung bis zum Abspann durchhalten kann. Die ersten Schritte dafür hat Call of Duty immerhin bereits vor 13 Jahren getan.
Habt ihr damals Call of Duty gespielt? Wie habt ihr das Spiel in Erinnerung?
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