Studio-Kopfhörer sind mittlerweile ein Lifestyle-Produkt. Seitdem Bluetooth zum mobilen Standard avancierte, schmückt die klangbewusste Kundschaft ihre Häupter mit hochpreisigen Kopfhörern traditionsreicher Manufakturen. Auch im Gaming-Segment stieg die Nachfrage immer weiter, ein Trend den Beyerdynamic als einzige Marke erkannte. Prompt wurde das MMX 300 als alleiniger Platzhirsch installiert.
Die Dominanz des deutschen Unternehmens hält bis heute an, nun scheinen die Karten aber neu gemischt zu werden. 3D-Audio als wichtiger Aspekt der PS5 und Xbox Series X|S, Bluetooth, Testimonials in Form von Streamer*innen, Musiker*innen und Sportler*innen – so gut standen die Chancen noch nie, sich auf dem Markt zu etablieren.
Es soll nicht ganz so teuer sein? Vielleicht findet ihr das passende Headset für euer Budget:
Unter den High-End-Herstellern, die erstmals ein Headset in ihre Produktpalette aufnehmen, tummelt sich auch Master & Dynamic. Deren Gründer hat sich auf die Fahnen geschrieben, zeitlose und robuste Kopfhörer zu designen, die auch in den kommenden Jahrzehnten noch gern genutzt werden.
Tadellose Verarbeitung
Der Anspruch des Firmengründers spiegelt sich im MG20 wider. Hochwertige Materialien werden die Lebenszeit der Kopfhörer deutlich erhöhen, der Bügel aus Aluminium, der sich über unseren Kopf spannt, vermittelt einen stabilen Eindruck. Zudem sollte sich der Verschleiß beweglicher Komponenten in Grenzen halten, da die Aufhängungen für die Treiber-Gehäuse ebenfalls aus Metall gefertigt wurden.
Im Lieferumfang enthalten sind:
- Eine Aufbewahrungstasche zum Transport
- Ein USB-C auf USB-A Kabel zum Aufladen (am PC lässt sich das Headset damit aber nicht anschließen)
- Ein Kabel für USB-C auf 3,5 mm Klinke
- Ein Wireless-Adapter für PC, PS4 und PS5
- Ein abnehmbares Mikrofon samt Popschutz, um knallende Plosive zu vermeiden
Die Gehäuse mit den schick gestalteten Treibern sind in einem schlichten Schwarz oder Weiß gehalten, RGB-Schnickschnack fehlt völlig. Mit dem Material der Ohrpolster muss man sich aber anfreunden können: Als Bezug wird echtes Lammleder verwendet, das als besonders weich und glatt gilt.
Auf unsere Nachfrage, unter welchen Bedingungen das Rohmaterial gewonnen wird, konnte uns Master & Dynamic leider keine Auskunft geben. Solltet ihr aufgrund des Tierwohls also ein mulmiges Gefühl haben, können wir diese Sorge nicht zerstreuen.
Optionale Polsterungen, zum Beispiel aus Velours oder Kunstleder, werden derzeit nicht angeboten. Wirklich ärgerlich, denn die Ohrpolster lassen sich einfach vom Gehäuse lösen, ein Austausch wäre also problemlos möglich.
Der Bügel ist hingegen mit Alcantara, einem künstlichen Mikrofaserstoff, überzogen. Das Material ist zwar steifer als das weiche Lammleder, trägt sich aber ebenso bequem. Lange Spiel-Sessions hinterließen keine Druckstellen, das MG20 ist sehr gemütlich, materialbedingt aber nicht ganz so leicht wie vergleichbare Gaming-Produkte aus Plastik.
Irrsinnig guter Klang
Master & Dynamic sieht sich als Hersteller von Premium-Kopfhörern und so klingt das MG20 auch. Sämtliche Frequenzen werden wunderbar klar wiedergegeben, das Klangbild ist ungemein authentisch. Vor allem klassische Spiele-Soundtracks kommen dadurch prima zur Geltung. Stücke wie “Bittersweet Victory” aus Gears 5, “Weight of the World” aus Nier: Automata oder der Titeltrack von Bloodborne haben wir selten so voluminös und gleichzeitig feinfühlig wahrgenommen, was uns beim Hören auch direkt Gänsehaut bescherte.
Das MG20 brilliert besonders bei hohen und mittelhohen Frequenzen. Streicher und Pianos schaffen eine intime Atmosphäre, Bombast geht aber dennoch nicht flöten. Tiefen sind zwar vergleichsweise zurückhaltend und wummern nur dezent im Hintergrund, dafür lassen sich Bassspuren aber viel besser verfolgen und auch mehr Facetten sind hörbar. Jagt ihr nach dem basslastigsten Klangerlebnis, ist das Headset von Master & Dynamic jedoch definitiv nichts für euch.
Tiefe abseits von Musik: Emotionalen Szenen auf akustische Art und Weise mehr Tragweite zu verleihen, ist eine große Kunst, die das MG20 mit Bravour meistert. Titel wie Life is Strange, What Remains of Edith Finch oder The Last of Us: Part II leben von ihrem gefühlvollen Umgang mit den Charakteren und entwickeln eine ergreifende Sogwirkung, da das MG20 jede noch so kleine Feinheit bei der Synchronisation herausarbeitet. Zerbrechlichkeit, Wut, Freude – so nah ist man selten an den Figuren dran.
Aber auch Action-Feuerwerke liegen dem MG20 sehr gut: In den rasanten Mehrspieler-Partien von Halo Infinite behielten wir stets den Überblick und konnten auch geringsten Hinweise für Gegnerbewegungen vernehmen. Spannende Boss-Fights in Elden Ring oder eine Robo-Dino-Hatz in Horizon: Forbidden West erklingen ebenso wuchtig. Hier ist das Mehr an Details entscheidend; das Klangbild wird nicht von einzelnen, präsenten Tönen, sondern einer Vielzahl an Eindrücken bestimmt.
Lediglich der 7.1-Sound wollte nicht so recht
Das MG20 kann optional Qualcomms 7.1-Format "aptX" zuschalten. Wir waren davon jedoch überhaupt nicht begeistert und blieben Sonys 3D-Audio auf der PlayStation beziehungsweise Dolby Atmos und DTS: Headphone X am PC treu. Mit aptX bemerkten wir eine Steigerung der Räumlichkeit, dafür gesellten sich aber auch störende Hintergrundgeräusche und Verzerrungen hinzu. Im Hauptmenü der PlayStation summten Bestätigungstöne beim Navigieren des Systemmenüs zum Beispiel nervig auf. Viele leise Töne rauschten zudem unangenehm.
Kein Noise Canceling beim MG20
Innerhalb der Produktpalette von Master & Dynamic findet Noise Canceling breiten Anklang. Beim MG20 ist die Technik zum “Ausblenden” von Umgebungsgeräuschen mittels eines Gegenschalls aber nicht an Bord. Sehr schade, denn die geschlossenen Kopfhörer schotten uns nicht komplett von der Außenwelt ab, zudem entgeht uns ein gehöriges Plus an Immersion.
Fummelige Bedienung: Das MG20 kommuniziert nicht klar, was wir gerade am Headset einstellen. Ob der 7.1-Sound nun angeschaltet ist oder nicht, muss man einfach heraushören, weder blinkt die Taste dafür auf, noch wird man von einer Stimme darauf hingewiesen. Akkustand? Nur über die Smartphone-App einsehbar. Die Konkurrenz aus dem Hause Sony oder Razer ist da schon deutlich weiter und bietet intuitives Feedback mittels Sprachdurchsagen in Kombination mit Tonsignalen.
Störungsanfällig bei der kabellosen Nutzung
Das MG20 verwendet einzig Bluetooth 5.0 als Übertragungsform, entscheiden wir uns für den mitgelieferten Niedriglatenz-Adapter, soll eine hohe Funkreichweite ohne nennenswerte Verzögerungen erreicht werden. Während unseres Tests sorgte das MG20 allerdings mit Instabilitäten für Komplikationen.
Verließen wir den Raum, konnten wir zuverlässig einen Verbindungsabbruch auslösen, manchmal reichten sogar einfache Kopfbewegungen. Aussetzer waren also ein ständiger Begleiter. Außerdem mussten wir sämtliche anderen Wireless-Adapter in der Wohnung deaktivieren, etwa von unserem Xbox-Controller, der auf einer 2,4-GHz-Frequenz funkte. Sie beeinträchtigten die Bluetooth-Verbindung des MG20 massiv.
Bluetooth-Audio funktionierte nur sporadisch: An der Nintendo Switch konnten wir das MG20 lediglich 20 Minuten lang nutzen, bis die Verbindung abbrach, beim Steam Deck währte das Vergnügen gerade einmal fünf Minuten. Nur mit dem Smartphone stießen wir auf keinerlei Schwierigkeiten.
Kein Dual-Audio: Schließen wir den Adapter für niedrige Latenzen an, wird dieser stets als Verbindungsmethode präferiert. Weder können wir gleichzeitig zwei Geräte als Audio-Quellen verwenden, noch auf das Smartphone per Knopfdruck umschalten.
Kein Bluetooth-Pfeifen
Allein beim Verbindungsaufbau pfeift das Bluetooth-Modul des MG20. Daher kann man das Headset nahezu gefahrlos verwenden, wenn man an einem Tinnitus oder einer akuten Geräuschempfindlichkeit leidet.
Flexible Konnektivität: Master & Dynamic legt dem MG20 glücklicherweise ein Kabel für den Anschluss via Klinke bei. Sämtliche Verbindungsprobleme ließen sich damit umgehen, uns fiel aber auf, dass Berührungen am Kabel sehr stark auf das Treibergehäuse des linken Lautsprechers überspringen und dadurch hörbar sind. Für Audio-Enthusiasten ein klares No-Go!
Mikrofonqualität
Das MG20 ist das erste Headset aus dem Hause Master & Dynamic, dementsprechend gespannt waren wir auf die Sprachqualität des flexiblen Mikrofons. In dem Bereich merkt man die Unerfahrenheit vergleichsweise deutlich, wir würden das Mikrofon eher im Mittelfeld verorten. Die Filterung funktioniert gut, aber die Sprachqualität könnte deutlich stärker ausfallen. Zudem sorgen Bluetooth-Aussetzer auch hier für Störungen.
Hier haben wir eine Beispielaufnahme für euch:
Andere Hersteller, vor allem Beyerdynamic, sind dahingehend schon ein ganzes Stück weiter und können auf mehrjährige Gaming-Verbundenheit zurückschauen.
Akkulaufzeit
Master & Dynamic gibt eine ungefähre Laufzeit von 22 Stunden mit einer Ladung an. Im kabellosen Betrieb erzielten wir jedoch Werte von 14 bis 16 Stunden, je nach Verwendungszweck. Um das Gerät aufzuladen benötigten wir ungefähr drei Stunden – zumindest suggerierte das die Ladelampe, während die App schon nach einer Stunde auf einhundert Prozent sprang.
Auch hier müssen wir im Hinblick auf die Benutzerfreundlichkeit meckern: Rot und ein dunkles Grün als Statusfarben für den Ladeprozess haben unseren farbfehlsichtigen Tester nahe an den Rand der Verzweiflung gebracht.
Die App beschränkt sich auf das Wesentliche
Mit M&D Connect können wir die Firmware des Headsets aktualisieren und Anpassungen beim Klangbild vornehmen, beispielsweise um die Tiefen prägnanter zu gestalten.
- facettenreiches, breites Klangbild
- in allen Frequenzbereichen erstklassig
- in wuchtigen Sequenzen viel Volumen
- arbeitet Details großartig heraus
- hohes Niveau bei Spielen und Multimedia
- Ortung von Gegnern funktioniert bestens
- hochwertige Materialien
- robuste Konstruktion
- Ohrpolster lassen sich austauschen
- zurückhaltendes Design
- ebenso schickes und robustes Mikrofon
- gute Geräuschfilterung des Mikrofons
- leicht, trägt sich angenehm
- Klinkenkabel als Alternative
- Equalizer über App
- schneller Ladevorgang
- verzerrter 7.1-Modus
- umständliche Bedienung
- fortwährende Verbindungsabbrüche, Störungen oder Aussetzer
- kein Wechsel zwischen Niedriglatenzadapter und Bluetooth-Verbindung
- lediglich durchschnittliche Sprachqualität des Mikrofons
- bei der Polsterung keine Alternative zum Lammleder
- Vibrationen am Klinkenkabel werden auf die Ohrmuschel übertragen
- kein Noise Canceling trotz des hohen Preises
Fazit: Das MG20 ist ein erstklassig klingendes Headset, wenn es nicht gerade seine Verbindung verliert.
Chris Werian
@DrChrisRespect
Das MG20 von Master & Dynamic ist ein edel designtes und hervorragend verarbeitetes Headset, das leider furchtbar klingt – zumindest ging ich einige Stunden davon aus, da ich nicht gemerkt habe, dass ich die eingebaute 7.1-Funktion aktiviert habe, die viele Songs und Spielszenen verzerrte. Als ich die Funktion dann abschaltete, schwebte ich auf Wolke Sieben und habe mich regelrecht in das Klangbild verliebt.
Für mich ist Audio pure Emotion und dieses Gefühl transportiert das MG20 mit seiner ausgewogenen, filigranen Abstimmung perfekt. Die breite Soundkulisse wird großartig gefüllt, viel authentischer kann man Töne nicht wiedergeben. Vom Zupfen einer Gitarrensaite über imposante Explosionen bis hin zu Troy Bakers tiefer Synchronstimme in The Last of Us - das MG20 hielt unzählige Gänsehaut-Momente für mich bereit.
Der große Wermutstropfen war für mich jedoch die übermäßig schwache Performance im kabellosen Betrieb. Fortwährend kam es zu Abbrüchen oder Aussetzern, selbst als jedes Gerät mit einer drahtlosen Verbindung in meinem Zimmer abgeschaltet war. Ich entschied mich daher schnell für das beiliegende Klinkenkabel und einen kleinen Kopfhörerverstärker. Dann erst entfaltete sich der Klang des MG20 erst so richtig und jede Sekunde wurde zum Hörgenuss.
Für die rein verkabelte Nutzung wäre mir das MG20 aber viel zu teuer, schon allein aufgrund der deutlich hörbaren Vibrationen, sobald man auch nur ansatzweise etwas mit dem Kabel streift.
Insgesamt muss zum Preis von 450 Euro einfach mehr möglich sein – ein besseres Mikrofon, eine verständlichere Bedienung, Noise Canceling und vor allem eine stabile Funkverbindung. Potenzial ist da, vielleicht klappt es ja mit kommenden Firmware-Updates oder einem Nachfolgemodell. Dann würde ich die Frage in der Überschrift auch mit einem klaren „Ja!“ beantworten.
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