Marvel's Avengers: Imposante Action ausgebremst durch das Lootsystem

Marvel’s Avengers präsentiert sich mit neuem Gameplay und GamePro erklärt, warum der Mix aus imposanter Action und Loot-System den Spielspaß bremsen könnte.

Es gibt neues Marvel's Avengers-Gameplay und wir sind danach etwas zwiegespalten. Es gibt neues Marvel's Avengers-Gameplay und wir sind danach etwas zwiegespalten.

Genre: Action-Adventure Entwickler: Crystal Dynamics Plattformen: PS4, Xbox One, PS5, Xbox Series X, PC Release: 04.09.2020 (Current Gen)

Nachdem es zuletzt kaum frische Spielinhalte zu sehen gab, zeigt Entwickler Crystal Dynamics in einem neuen Stream-Format namens War Table endlich mehr von Marvel's Avengers. GamePro durfte sich die Inhalte vorab anschauen und auch mit den Entwicklern sprechen. Zu sehen ist ein Spiel, von dem wir uns spaßige Unterhaltung erhoffen, das aber noch nicht ganz bei uns zünden will.

Mit der folgenden Preview wollen wir euch zeigen, warum uns einige Aspekten des Spiels bereits überzeugt haben und was uns noch ein wenig Bauchschmerzen bereitet.

Spoiler-Warnung: Wir werden in dieser Preview auf Ereignisse vom Beginn des Spiels genauer eingehen, die auch einzelne Figuren betreffen.

Wo wir uns keine Sorgen machen

Inszenierung & Geschichte

Keine Nacherzählung bestehender Geschichten: Mit Marvel's Avengers nimmt sich Crystal Dynamics grundsätzlich verschiedene Storylines und Charaktere der Comic-Vorlagen als Grundlage, macht daraus dann aber etwas Eigenes. Am A-Day, einem Feiertag für die Avengers und zugleich der Prolog des Spiels, stirbt Captain America und das restliche Heldenteam zerbricht, da es für eine giftige Wolke über San Francisco verantwortlich gemacht wird, die Leute mutieren lässt.

Im Prolog, bevor Captain America stirbt, sind die Avengers noch ein Team. Im Prolog, bevor Captain America stirbt, sind die Avengers noch ein Team.

Mit dem War Table-Stream hat Crystal Dynamics mehr zur Story enthüllt. Kamala Khan, die schon vorher enthüllt wurde und ebenfalls durch den Vorfall mutiert ist, nimmt eine große Rolle im Spiel ein. Sie versucht, den neu vorgestellten Bösewicht George Tarleton mit Hilfe der Avengers aufzuhalten, der als Gründer von AIM den Menschen mit Robotern im Leben helfen will und ein Heilmittel gegen die mutierten Menschen verspricht. Eigentlich ist er aber nur daran interessiert, die Kräfte der Mutationen für sich zu gewinnen.

Einen Einblick in die Geschichte gibt der folgende Trailer:

Video starten 2:31

Neue Charaktere für MCU-Fans: Sehr interessant an dieser Geschichte ist, dass einige Hauptcharaktere und Bösewichte für viele Fans neu sein werden. Sowohl Kamala Khan als auch Tarleton, der im späteren Verlauf zu M.O.D.O.K. wird, den manche vielleicht aus Marvel vs. Capcom kennen, wurden bisher nicht in den Filmen verwendet. Wer die großen MCU-Filme also auswendig kennt, aber keine Comics liest, bekommt hier die volle Ladung Marvel geboten.

Dennoch gibt es aber auch ausreichend Szenen mit den bekannten Avengers. Auf der Leinwand könnte es noch etwas länger dauern, bis sich das Superhelden-Team das nächste Mal sammelt, in Videospielform gibt es aber schon viel früher Avengers-Nachschub.

George Tarleton, hier noch bevor er zu M.O.D.O.K. wird, ist der Hauptbösewicht des Spiels. George Tarleton, hier noch bevor er zu M.O.D.O.K. wird, ist der Hauptbösewicht des Spiels.

Eindrucksvolle Inszenierung: Die Hauptstory von Marvel's Avengers hat genau die imposante Atmosphäre, die wir von AAA-Superhelden-Spielen der letzten Jahre gewohnt sind. Die teils bombastischen Cutscenes sehen hochwertig aus und auch wenn die Figuren mit ihren Stimmen im ersten Moment noch ungewohnt wirken, kommt schnell ein echtes Avengers-Gefühl auf.

Kampfsystem

Die Inszenierung überträgt sich auch auf das Kampfsystem. Die sogenannten Heldenmissionen lassen uns in die Rolle von einem der fünf Avengers Hulk, Ms. Marvel, Thor, Iron Man oder Black Widow schlüpfen. In der folgenden Mission "Once an Avenger" zeigt Crystal Dynamics, wie sich der Gott des Donners Thor spielt:

Video starten 7:32

Simple aber effektreiche Action: In der Mission kämpfen wir als Thor während eines Sturms auf einem abstürzenden Schiff gegen die Roboter-Armee von M.O.D.O.K. und AIM. Dabei steuern wir ihn direkt und können diverse Fähigkeiten auslösen, um so die Gegner zu besiegen. Die Attacken haben eine "übermenschliche" Wucht dahinter, die durch die vielen Effekte unterstützt wird - hier ist eben ein echter Superheld am Werk.

Das Kampfsystem mit wenigen Combos und Skills ist zwar recht simpel gehalten, aber im Endeffekt unterstreicht dies, was Marvel's Avengers ausmacht. Wir spielen einen mächtigen Helden, der mit seinen Fähigkeiten unter einem imposanten Effektgewitter seine Gegner aufmischt.

Thor lässt es in seiner gezeigten Heldenmission ordentlich krachen. Thor lässt es in seiner gezeigten Heldenmission ordentlich krachen.

Jeder Held spielt sich anders: Wie in den Filmen und Comics wird es auch im Spiel Unterschiede zwischen den verschiedenen Avengers geben. Neben normalen Angriffen, gibt es drei aktive Fertigkeiten und eine Super-Fähigkeit, die wir für jeden Helden individuell auswählen können. Über einen Talentbaum wählt ihr selbst aus, welche Fertigkeiten ihr verbessern wollt. Mit jedem Held könnt ihr durch die Wahl der Fähigkeiten zudem bestimmen, ob ihr mehr auf den Boden- oder den Luftkampf setzt.

Falls ihr noch mehr Eindrücke zum Kampfsystem und den Unterschieden zwischen den Helden haben wollt, könnt ihr das hier nachlesen:

Was wahrscheinlich funktionieren wird

Fanservice

Viele Charaktere, viele Anspielungen: Zu einem Marvel-Spiel gehört ausgiebiger Fanservice einfach dazu. Hier beweisen die Entwickler von Crystal Dynamics, dass sie Ahnung von der Materie haben, was sich auch im Charakter von Kamala widerspiegelt. Sie ist ein riesiger Avengers-Fan, hat dementsprechend ihr gesamtes Zimmer mit Memorabilia und Merchandise des Superhelden-Teams ausgestattet. Kenntnisreiche Marvel-Fans sind klar die größte Zielgruppe, die hier angesprochen werden soll.

Kamals Zimmer ist vollgestopft mit Anspielungen an die Superhelden. Vor allem Captain Marvel hat es ihr angetan. Kamals Zimmer ist vollgestopft mit Anspielungen an die Superhelden. Vor allem Captain Marvel hat es ihr angetan.

Bauchschmerzen bei den Skins: Natürlich gibt es deswegen, wie erwartet, auch viele Skins im Spiel. Diese sind von den unterschiedlichen Kostümen der Helden inspiriert, die sie über die Jahre in den Comics getragen haben. Eine Auswahl, die wir bisher sehen konnten:

  • Original Sin-Rüstung für Iron Man aus der Original Sin-Storyline
  • Bleeding Edge-Rüstung für Iron Man aus The Invincible Iron Man
  • Donald Blake für Thor aus den Journey into Mystery-Comics
  • Grey Hulk lässt euch den Hulk aus den ersten Comics spielen

In einer Cutscene ist zudem auch der beliebte Hulkbuster von Iron Man zu sehen. Ob die große Rüstung letztlich auch im Gameplay nutzbar sein wird, ist nicht bekannt. Bei den Skins wird der Fanservice-Charakter voll ausgespielt und der "Sammelfaktor" spielt keine zu unterschätzende Rolle. Zumal die Kostüme auch noch unterschiedliche Seltenheitsgrade haben.

Auch der Hulkbuster wird im Spiel auftauchen. Auch der Hulkbuster wird im Spiel auftauchen.

Die Skins erhalten wir unter anderem durch Belohnungen am Ende einer Mission. Aber Crystal Dynamics hat auch bereits einen dedizierten Händler für Skins bestätigt und im Menü lassen sich zwei verschiedene Währungen erkennen. Da die Skins rein kosmetischer Natur sein sollen, ist das zwar nicht gravierend, aber hier lassen sich jetzt schon viele Chancen für Mikrotransaktionen erahnen.

Mehrspieler

Multiplayer wird nicht aufgezwungen: Marvel's Avengers wurde grundsätzlich als Einzelspieler-Spiel entworfen, das aber eine integrale Mehrspieler-Komponente haben wird. Mittlerweile ist aber klar, dass ihr niemals gezwungen werdet, gemeinsam mit anderen Superhelden zu spielen. Ihr könnt selbst die neuen War Zone-Missionen, die eigentlich auf Koop-Gameplay ausgelegt sind, einfach alleine mit der KI spielen.

Was sind War Zones?
Die groß angekündigten War Zones sind ein Teil der Mehrspieler-Erfahrung von Marvel's Avengers und dienen als Koop-Missionen. In diesen bekämpft ihr mit bis zu drei weiteren Mitspielern eine Reihe an Gegnern, erkundet die weitläufigen Areale und bekommt für den Abschluss neue Ausrüstungen, Skins und mehr.

Jedoch haben wir hier Bedenken, dass Crystal Dynamics diesen Spagat nicht ganz schaffen wird. Die Koop-Missionen benötigen dadurch deutlich mehr Balancing, damit sich Einzelspieler- und Koop-Erfahrung nicht zu sehr voneinander unterscheiden. Vor allem hinsichtlich des Schwierigkeitsgrads sorgen Gratwanderungen zwischen Single- und Multiplayer-Ausrichtungen schnell für Probleme.

Wie die War Zones sich spielen, zeigt der folgende Trailer:

Video starten 2:20

Andere Spielerfahrung je nach Loadout: Wie bereits erwähnt, können die Spieler selbst auswählen, wie sie ihre Helden anpassen und optimieren wollen. Dadurch kann es je nach Loadout der Helden in Koop-Missionen zu unterschiedlichen Spielerfahrungen innerhalb der Teams kommen. Mal habt ihr einen Held, der über die Häuser fliegt, mal lauft ihr als Black Widow über die Dächer.

Dadurch kann es ebenfalls zum Problem kommen, dass ihr je nach Character-Build bei bestimmten Missionen im Nachteil seid. Wenn ihr beispielsweise Black Widow auswählt, aber eben fliegen müsst, um euch ein optionales Item zu sichern, seid ihr im Singleplayer womöglich dazu gezwungen, die Mission neu zu starten.

Zusammen mit anderen Spielern könnt ihr als Avengers gegen riesige Gegner antreten. Zusammen mit anderen Spielern könnt ihr als Avengers gegen riesige Gegner antreten.

Um diese möglichen Frustmomente vermeiden zu können, muss Crystal Dynamics die Spielwelt so gestalten, dass jeder Charakter jedes Hindernis überwinden kann. Das könnte letztlich dann aber wieder den spielerischen Effekt der unterschiedlichen Spielerfahrung mindern.

Warum es wichtig sein kann, die komplette Welt erkunden zu können, hat uns Scott Amos, Head of Crystal Dynamics, im Interview verraten:

"Es gibt viele Möglichkeiten, die Missionen anzugehen. Zum Beispiel gibt es in manchen War Zones lineare Ziele, die ihr aber nicht nacheinander erfüllen müsst. Drückt ihr auf dem Steuerkreuz nach oben, wird eine taktische Ansicht verwendet, die auf dem HUD andere Punkte markiert. Diese Fragezeichen könnt ihr dann jagen und findet so seltene Ressourcen, wichtige Gegner-Ziele, versteckte Kisten oder Personen, die eure Hilfe benötigen.

Manche dieser Missionen sind sogar in sehr großen, offenen Gebiete, die besondere Ziele beinhalten. Diese öffnen dann Koordinaten, die ihr im Hauptquartier verwenden könnt, um neue Missionen und Orte zu erkunden."

Was uns noch Sorgen bereitet

Missionsstrukturen

Zu wenig Abwechslung & zu viele Kämpfe? Wie Amos bestätigt, wird es in den War Zones zwar auch offene Gebiete geben, insgesamt scheinen die Missionen aber eher linear aufgebaut zu sein. Die Helden-Mission "Once an Avenger…" war beispielsweise nur eine große Kampfarena auf einem Luftschiff, in der Wellen an Gegnern besiegt werden mussten. Das ist vielleicht gut inszeniert, aber wenn letztlich alle Missionen so simpel gestaltet sind, dann reicht das nicht aus.

Hauptziele von Missionen basieren fast immer darauf, dass wir irgendwo gegen irgendwen kämpfen müssen. Abwechslungsreiche Objectives wurden bisher nicht gezeigt und auch die Gegnerauswahl, die bislang nur aus Robotern zu bestehen scheint, fällt eher gering aus. Das Kämpfen als Fokus des Spiels, passt zu den Avengers, aber es sollte eben nicht das alleinige Gameplay-Element sein.

Wo wir uns sicher sind: Im Spiel wird sehr viel gekämpft. Wo wir uns sicher sind: Im Spiel wird sehr viel gekämpft.

Ob die Nebenaktivitäten wie in den War Zones auch auf die anderen Missions-Typen angewandt werden, wurde nicht bekannt gegeben. Sowieso muss sich da auf lange Sicht zeigen, ob es motivieren kann, unzähligen Fragezeichen hinterherzulaufen.

Looten für Ausrüstung

Verwässerung der Erfahrung: Das größte Problem sehen wir aber derzeit noch im Loot-System. Die verfügbare Ausrüstung ist vielfältig und es gibt bestimmte Items, die nur von manchen Helden getragen werden können. Zudem tragen sie verschiedene Werte, die euer Power-Level bestimmen, das wiederum auch als Anzeige für den Schwierigkeitsgrad aller Missionen dient.

Scott Amos verspricht dabei, dass Spieler aber auch direkt die Kampagne linear durchspielen können:

"Wir möchten, dass Spieler die Kampagne an einem Stück erleben können. Wenn sie aber die War Zones spielen, dann hilft es ganz klar, die Skills, Ausrüstung und mehr zu verbessern, um die Kampagne einfacher zu machen. Wir haben Optionen hinzugefügt, wodurch Spieler die Herausforderungen im Spiel anpassen können, um es so zu erleben, wie sie wollen."

Wie Amos schon sagt, könnte es aber schwierig werden, die Hauptstory ohne die begleitenden Nebenmissionen zu spielen. Wir befürchten, dass uns das Spiel gezwungenermaßen vor eine unangenehme Wahl stellt: Entweder wir müssen den Schwierigkeitsgrad wechseln oder es wartet ein langer Grind auf uns, um stets stark genug für die Storymissionen zu sein.

Bemerkbare Veränderungen: Wie im Stream gezeigt wurde, kann die Ausrüstung visuelle Veränderungen bringen. So können die Strahlen von Iron Man grün anstatt rot leuchten. Aber am Ende muss sich zeigen, ob sie auch wirklich direkten und vor allem bemerkbaren Einfluss auf die Fähigkeiten der Helden bringen.

Mit der Ausrüstung könnt ihr euren Charakter verändern. Wie wichtig die Anpassungen später für das Gameplay sind, muss sich aber noch zeigen. Mit der Ausrüstung könnt ihr euren Charakter verändern. Wie wichtig die Anpassungen später für das Gameplay sind, muss sich aber noch zeigen.

Wenn schon Missionen abseits der Kampagne gespielt werden müssen, damit jeder Charakter bessere Ausrüstung finden kann, dann müssen sich diese auch lohnen. Wenn sich aber nur Details wie die Farbe eines Energiestrahls ändert oder der Held in seinen Fähigkeiten nur geringfügig stärker wird, dann würden wir auf die ganzen Loot-Systeme lieber verzichten und uns dafür eine vollkommen lineare Spielerfahrung mit ein paar gut erzählten Nebengeschichten wünschen.

GamePro-Einschätzung


Sebastian Zeitz
@Citronat

Wenn Marvel's Avengers mir bisher eine Sache gezeigt hat, dann wohl, dass es sehr wahrscheinlich viel Spaß machen wird als Superheld auf den Putz zu hauen. Der leicht zu verstehende Gameplay-Loop lässt mich in bombastisch inszenierten Kämpfen jede Menge Gegner verkloppen. Auch die Story bietet mit Fokus auf Kamala Khan und M.O.D.O.K. als Bösewicht neues Futter und bleibt trotzdem ein Wiedersehen mit der beliebten Truppe.

Ich bin aber sehr skeptisch, was den grundsätzlichen Aufbau des Spiels angeht. Der RPG-Ansatz, inklusive Lootsystem könnte dazu führen, dass die kinoreife Marvel-Erfahrung in den Hintergrund rückt. Ich will nicht ständig auf mein Power-Level schauen und Missionen für bessere Ausrüstung wiederholen müssen, damit die Kampagne auch allein schaffbar bleibt. Ich hoffe, dass ich mich am Ende frei entscheiden kann, wann ich welche Mission angehe und nicht durch künstliche Einschränkungen dazu gezwungen werde.

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