»Wenn China erwacht, wird die Welt erzittern«, das hat angeblich Napoleon mal gesagt. Auch wenn der französische Kaiser ziemlich sicher keine Ahnung von Videospielen hatte, ist der Spruch nicht minder wahr. Denn mit der Öffnung Chinas für die großen Konsolen-Herstellern verschiebt sich das »Machtgefüge« im Markt einmal mehr.
Veteranen erinnern sich: In der grauen Vorzeit der Videospiele (nach dem Atari-Konsolen-Crash der frühen 80er-Jahre) war Japan das Maß aller Dinge. Coole Hardware wurde in Nippon gebaut, Spiele kamen oft erst Monate oder gar Jahre später und dann oft zweifelhaft übersetzt in den Westen. Das änderte sich erst grundlegend, als Anfang des neuen Jahrtausends mit Microsoft auch ein Player aus den USA einstieg und damit Sony und vor allem Nintendo zeigte, wie lukrativ der US-Markt sein kann - wenn man ihn denn richtig bedient. Plötzlich waren nicht nur westlichere Szenarios und Helden gefragt.
Auch das ganze Drumherum wie die einfache Lokalisierung in viele Sprachen, international abgestimmte Marketing- und PR-Aktionen sowie mehr oder weniger synchronisierte Release-Termine wurden Standard. Kurz: Die (Teil-)Globalisierung unseres Hobbys hat die Spielebranche insgesamt professionalisiert, aber in letzter Konsequenz eben auch zu einem dramatischen Bedeutungsverlust Japans geführt.
Riesenmarkt China
Was hat das jetzt alles mit China zu tun? Viel, denn die offizielle Öffnung des riesigen Landes für Hightech-Unterhaltungselektronik (die paradoxerweise ja auch größtenteils dort produziert wird) könnte eine weitere »Machtverschiebung« zur Folge haben. Klar, mit Geld und guten Beziehungen kam man auch bisher in China - etwa über den Umweg Shanghai - an eine PlayStation 4. Und sicher werden jetzt nicht alle 1,37 Milliarden Chinesen in den Laden laufen, um sich eine neue Konsole zu kaufen – den dafür fehlt vermutlich den meisten Menschen das Geld.
Der Autor
Markus Schwerdtel kennt China nur von der Speisekarte und aus Reisedokus, hat aber seit über 30 Jahren alle Wogen und Wehen des Spielerlebens mitgemacht - vom Atari-Niedergang über die Blütezeit der Heimcomputer bis heute. Entsprechend nüchtern sieht er die Öffnung Chinas für moderne Konsolen: Sie ist ein weiterer Schritt in Richtung Globalisierung unseres Hobbys, der hoffentlich frisches Blut in die manchmal etwas bräsige Spiele-Branche bringt.
Doch selbst wenn nur ein winziger Bruchteil der Bevölkerung das nötige Geld auftreibt, dürfte die Öffnung ein sehr gutes Geschäft für die Konsolenhersteller werden. Kein Wunder also, dass zum Beispiel Sony die Zeichen der Zeit erkennt und lieber auf der chinesischen Messe ChinaJoy eine Pressekonferenz abhält, als eine Woche später auf der ohnehin bereits von den Konsolen-Produzenten »eroberten« Gamescom.
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