Was, die Überschrift dieser Kolumne ist unverständlich? Keine Ahnung was »Ha Wenja na Oros vi« heißt? Ich auch nur so ungefähr, dabei habe ich schon mehrere Stunden mit einer Vorabversion von Far Cry Primal hinter mir. Denn Ubisoft verzichtet auf Sprachausgabe auf Englisch, Deutsch, Französisch etc. Statt dessen sprechen Held Takkar und seine Kumpels ein altes Indogermanisch, laut Ubisoft aufwändig rekonstruiert von einem Team hochqualifizierter Linguisten. Ob dieser Aufwand von der Spielerschaft geschätzt wird, ist erst mal fraglich. In den Kommentaren unter unserer News zum Thema finden sich Reaktionen wie »Wenn ich lesen will, nehme ich mir ein Buch« oder »Ich spiele doch kein Spiel mit Untertiteln«. Und unbestritten ist, dass das Lesen von Untertiteln vom eigentlichen Geschehen in den Zwischensequenzen ablenken kann. Was schade wäre, weil die in Far Cry Primal gut gemacht sind – zumindest die, die ich bereits gesehen habe.
Über den Autor
Markus Schwerdtel hat als Dialektsprecher ein Herz für linguistische Randerscheinungen und ist grundsätzlich für Originalversionen mit Untertiteln, egal ob bei Serien, Filmen oder Spielen. Wenn in der Netflix-Serie »Narcos« Pablo Escobar auf Spanisch mit seinen Drogendealern verhandelt, hilft das nämlich genauso der Atmosphäre wie das Indogermanisch der Stämme in Oros. GameStar-Artikel auf Bairisch gehen aber dann vielleicht doch ein Bisserl weit.
Sparen an der Sprache?
Wäre ich ein böser Mensch, würde ich Ubisoft unterstellen, das Steinzeitgebrabbel aus Kostengründen einzubauen. Eine einzige Tonspur ist nun mal billiger, als für die Standard-Videospiel-Lokalisierungssprachen Englisch, Französisch, Italienisch, Deutsch und Spanisch (im Entwicklerjargon kurz EFIGS) jeweils neue Texte zu schreiben und Schauspieler ins Tonstudio zu holen. Schließlich kann kein Spieler der Welt kompetent nachvollziehen, welches Kauderwelsch die Charaktere im Spiel nun wirklich sprechen. Selbst Linguisten müssen bei so lange ausgestorbenen Idiomen ja sehr viel raten. Takkar & Co. könnten auch Simlisch parlieren, wir müssten es für bare Münze nehmen. Ja, vielleicht verkauft uns Ubisoft also hier tatsächlich eine Kostensparmaßnahme als wagemutiges Experiment. Aber selbst wenn: Ich finde es gut!
Super, ich versteh nix!
Was ich nach etlichen Stunden mit Far Cry Primal nämlich weiß: Die Steinzeitsprachen-Idee funktioniert! Es hilft einfach der Atmosphäre, wenn die blutverschmierten Charaktere vor Höhlenmalereien kauernd nicht lupenreines Englisch oder Deutsch sprechen. Zumal ein Versuch in diese Richtung sicher auf peinlich-holprige Textzeilen im Stil von »Feuer fallen vom Himmel, du jagen Tiger« hinausgelaufen wäre. Dann doch lieber atmosphärisches Proto-Indogermanisch mit einer vernünftigen Übersetzung drunter. An das Mitlesen der Texte gewöhnt man sich schnell, und mit der Zeit erkennt man sogar einzelne Wörter und Laute wieder. Obendrein kommt eine Nuance zur Geltung, die bei einer deutschen Lokalisierung vielleicht unter den Tisch gefallen wäre: Die Stämme in Oros sprechen in unterschiedlichen Dialekten. Takkars Stamm der Wenja hört sich – obwohl man kein Wort versteht – anders an als etwa die Izila-Angehörigen. Vielleicht hat sich Ubisoft also doch etwas mehr Mühe gegeben, als im vorigen Absatz unterstellt. Was nun am Ende wirklich der Grund war, ist mir auch egal, solange das Spiel von der Entscheidung profitiert. Und im Fall von Far Cry Primal ist das so.
Übrigens: »Ha Wenja na Oros vi« heißt laut den Untertiteln im Spiel so viel wie »Du bist ein Wenja, kommst nicht aus Oros«.
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