Beschlagnahmung: Was ist das?
Sollte ein Medium sein Dasein auf Liste B der jugendgefährdenden Medien fristen, können zwei Szenarien eintreten:
- Der Rechteinhaber stellt einen Antrag auf Umtragung in Liste A, was bewilligt werden kann, aber nicht muss.
- Ein Gericht befasst sich damit, ob das Medium gegen das Strafrecht verstößt. Die Verhandlung muss allerdings nicht sofort stattfinden; es kann Jahre dauern, bis es soweit ist.
Sollte letzteres Szenario eintreten, gibt es wiederum zwei Möglichkeiten:
- Der Richter stellt keine strafrechtliche Relevanz fest und lässt das Medium nicht beschlagnahmen. Dann wird es automatisch umgetragen in Liste A.
- Der Richter stellt fest, dass das Medium gegen das Strafrecht verstößt und beschlagnahmt werden soll.
Wenn das Medium beschlagnahmt wird, hat dies weitreichende Konsequenzen. Zum einen gilt nun ein absolutes Werbeverbot, zum anderen auch ein Verkaufsverbot innerhalb Deutschlands, selbst »unter der Ladentheke«. Und wann kann ein Spiel beschlagnahmt werden? Wenn es gegen das Strafrecht verstößt. Hier können unterschiedliche Gesetze zur Anwendung kommen, zum Beispiel:
- Beleidigung: § 185 StGB
- Verleumdung: § 187 StGB
- Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen: § 86a StGB
- Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole: § 90a StGB
- Volksverhetzung: § 130 StGB
- Anleitung zu Straftaten: § 130a StGB
- Gewaltdarstellung: § 131 StGB
- Verbreitung gewalt- oder tierpornographischer Schriften: § 184a StGB
Beschlagnahmung: Wissenswertes
- Eine Beschlagnahmung erfolgt per Gericht und kann auch nur durch ein Gericht aufgehoben werden (Es gibt keine automatische Streichung oder Verjährung).
- Inhaltsgleiche Medien sind nicht automatisch beschlagnahmt. Eine Beschlagnahmung gilt nämlich nur für das dem Gericht vorliegende Medium. Als fiktives Beispiel: »Zombie Killer 3« vom Hersteller Electronic Soft für die Xbox wird beschlagnahmt, damit ist »Zombie Killer 3« vom Hersteller Ubivision für die Xbox nicht automatisch beschlagnahmt. Gleiches für »Zombie Killer 3« für die PlayStation und den PC, auch diese sind nicht automatisch beschlagnahmt, sondern lediglich indiziert nach Liste B, obwohl inhaltsgleich. Jedes Medium und jede Version eines Spiels müssen also einzeln beschlagnahmt werden. Trotzdem wird sich ein deutsches Geschäft hüten, ein solches Medium zu verkaufen, schließlich kann das Gerichtsurteil jederzeit fallen.
- Ist ein Medium von der USK oder FSK geprüft und hat eine Freigabe bekommen, kann es zwar nicht mehr indiziert, aber trotzdem beschlagnahmt werden, falls ein Gericht einen strafrechtlichen Tatbestand feststellt.
- Eine Beschlagnahme verjährt automatisch nach drei Jahren, eine Einziehung automatisch nach zehn Jahren. Das heißt aber lediglich, dass frühere (!) Straftaten nach dieser Frist nicht mehr verfolgt werden. Man darf nicht einfach mit einem beschlagnahmten Spiel handeln, nur weil es drei Jahre alt ist. Vielmehr muss die Beschlagnahmung erst durch ein Gericht aufgehoben werden.
Strafbare Gewaltdarstellung
Der wohl am häufigsten in Verbindung mit Spielen und Filmen verwendete Paragraph ist der 131 StGB (Gewaltdarstellung) Dort heißt es:
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. eine Schrift (§ 11 Absatz 3), die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen in einer Art schildert, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt,
a) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht,
b) einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überlässt oder zugänglich macht oder
2. einen in Nummer 1 bezeichneten Inhalt mittels Rundfunk oder Telemedien
a) einer Person unter achtzehn Jahren oder
b) der Öffentlichkeit zugänglich macht oder
3. eine Schrift (§ 11 Absatz 3) des in Nummer 1 bezeichneten Inhalts herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diese Schrift ein- oder auszuführen, um sie oder aus ihr gewonnene Stücke im Sinne der Nummer 1 Buchstabe a oder b oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 und 2 ist der Versuch strafbar.
(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Handlung der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte dient.
(3) Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b, Nummer 2 Buchstabe a ist nicht anzuwenden, wenn der zur Sorge für die Person Berechtigte handelt; dies gilt nicht, wenn der Sorgeberechtigte durch das Anbieten, Überlassen oder Zugänglichmachen seine Erziehungspflicht gröblich verletzt.
Die Nummern 1 und 2 von Absatz 1 dürften leicht zu verstehen sein: Man darf das beschlagnahmte Spiel nicht weiterverkaufen, Minderjährigen überlassen oder öffentlich zeigen.
Deshalb kommen wir gleich zum wichtigsten Abschnitt, nämlich Absatz 1, Nummer 3. Dort heißt es: »herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diese Schrift ein- oder auszuführen«. Es wird also erstmal alles aufgezählt was bei beschlagnahmten Spielen verboten ist, nämlich Herstellung, Vorratshaltung, Werbung und Handel ins In- oder Ausland.
Doch erst jetzt kommt der wesentliche Teil für uns, nämlich »um sie oder aus ihr gewonnene Stücke im Sinne der Nummer 1 Buchstabe a oder b oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.« Dieser Schlussteil bedeutet im Klartext, dass die Strafbarkeit von Herstellung, Handel & Co. nur dann greift, wenn man das Medium verbreiten, öffentlich zugänglich machen oder Minderjährigen anbieten will. Daraus folgt:
- Der reine Besitz des Mediums ist nicht strafbar.
- Der Kauf und Import für den Eigengebrauch ist nicht strafbar.
- Das private Anschauen, Spielen und Anhören des Mediums ist nicht strafbar, sofern man es alleine macht und die Öffentlichkeit nichts davon mitbekommt.
- Nur der Verkauf innerhalb Deutschlands wäre tatsächlich strafbar, etwa als Gebrauchtspiel.
Absatz 3 regelt zudem, dass Eltern ihren Kindern (unabhängig vom Alter) solche Medien zugänglich machen können, solange sie dabei ihre Erziehungspflicht nicht »gröblich verletzen«, also beispielsweise ein Kleinkind traumatisieren.
Verfassungswidrige Symbole
Ein anderer Paragraph, der bei Spielen ebenfalls öfters zum Einsatz kommt, ist der § 86 bzw. 86a StGB. § 86 StGB untersagt die Verbreitung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, also etwa von Hakenkreuzen oder SS-Runen. Dort heißt es:
(1) Wer Propagandamittel
1. einer vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Partei oder einer Partei oder Vereinigung, von der unanfechtbar festgestellt ist, dass sie Ersatzorganisation einer solchen Partei ist,
2. einer Vereinigung, die unanfechtbar verboten ist, weil sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, oder von der unanfechtbar festgestellt ist, dass sie Ersatzorganisation einer solchen verbotenen Vereinigung ist,
3. einer Regierung, Vereinigung oder Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, die für die Zwecke einer der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen tätig ist, oder
4. Propagandamittel, die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen,
im Inland verbreitet oder zur Verbreitung im Inland oder Ausland herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt oder in Datenspeichern öffentlich zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Propagandamittel im Sinne des Absatzes 1 sind nur solche Schriften (§ 11 Abs. 3), deren Inhalt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist.
(3) Absatz 1 gilt nicht, wenn das Propagandamittel oder die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.
(4) Ist die Schuld gering, so kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.
§ 86a untersagt die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, dort heißt es:
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in von ihm verbreiteten Schriften (§ 11 Abs. 3) verwendet oder
2. Gegenstände, die derartige Kennzeichen darstellen oder enthalten, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.
(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.
Und auch hier ist die Lage ähnlich wie beim vorherigen §131 StGB, also
- Der reine Besitz des Mediums ist nicht strafbar.
- Der Kauf und Import für den Eigengebrauch ist nicht strafbar.
- Das private Anschauen, Spielen und Anhören des Mediums ist nicht strafbar, sofern man es alleine macht und die Öffentlichkeit nichts davon mitbekommt.
- Nur der Verkauf innerhalb Deutschlands wäre tatsächlich strafbar, etwa als Gebrauchtspiel.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.