Auch Phil Fish hat es nicht leicht: Der gute Mann ist Perfektionist und möchte sein Puzzle FEZ, in dem die weiße Kreatur Gomez eine flache 3D-Welt voller Geheimnisse erkundet, möglichst fehlerfrei veröffentlichen – nach Perfektionistenmaßstäben wohlgemerkt. Kein Wunder, dass sehr viel Zeit mit den Versuchen vergeht, sämtliche Bugs und Fehler zu beseitigen. Sogar so viel, dass er währenddessen auch gleich zweimal seine liebenswerte Pixel-Grafik komplett über den Haufen wirft.
Erst beim dritten Anlauf ist er mit dem Ergebnis zufrieden. Doch womit der Entwickler nicht rechnet: Frühe FEZ-Fans aus der Anfangszeit der Entwicklung lassen nun ihrem Unmut freien Lauf im Internet, beschimpfen ihn wegen des langen Entwicklungszeitraums. Dabei war alles was er wollte, ein perfektes FEZ -- und ein wenig Anerkennung. Als dann noch Probleme mit dem ehemaligen Geschäftspartner hinzukommen stürzt Fish in Depressionen und flüchtet sich in Zynismus.
Johnathan Blow hat diese steinigen Anfänge bereits hinter sich, denn Braid war im Jahre 2008 ein Erfolg. Und zwar sowohl bei den Kritikern als auch finanziell. Doch wirklich glücklich ist der Entwickler trotzdem nicht. Obwohl Fans und Kritiker den Puzzle-Platformer in höchsten Tönen loben, scheinen nur wenige seine wahre Essenz greifen zu können. Fast schon besessen sucht Blow im Internet nach Reviews zu seinem Spiel und klärt den Autor in den Kommentaren aus seiner Sicht über angebliche Missverständnisse und Fehler auf.
Wer tief fällt, kann hoch klettern
Indie Game: The Movie ist besonders gut darin, seinem Publikum auf emotionale Art und Weise die verschiedenen Aspekte von unabhängiger Entwicklung ganz nahe zu bringen. Denn Indie-Entwicklung, das wird sehr deutlich, ist Fluch und Segen zugleich. Die Dokumentation jongliert gekonnt mit den Frust- und Glücksmomenten der drei miteinander verbundenen Handlunsstränge und erzeugt so auch genügend Spannung für ein Publikum, das mit den drei Entwickler-Teams bereits vertraut ist. Denn BlinkWorks setzt (wie gesagt) vor allen Dingen auf rohe Emotionen.
Das geht so weit, dass wir uns dabei erwischen, wie wir Tränen in den Augen haben, wenn Edmund von Team Meat über eine seiner ersten Spiel-Ideen redet. Und ein breites Lächeln unser Gesicht leuchten lässt, wenn sich Tommy darüber freut, wie die Spieler an manchen Passagen in Super Meat Boy fast verzweifeln – und trotzdem nicht den Spaß am Spiel verlieren.
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Beim Thema Emotion stolpert Indie Game: The Movie allerdings manchmal über seine eigenen Füße. Die Filmemacher wollen auf Teufel komm raus eine klar nachvollziehbare Dramaturgie mit sich beständig steigernder Spannungskurve schaffen. Darunter leiden einige Szenen im letzten Drittel der Doku, die zu dramatisch und auf den emotionalen Effekt hin zugespitzt um die Ecke kommen. Darauf hätten wir durchaus auch verzichten können, denn der Film hat das eigentlich nicht nötig, funktioniert er doch vor allem wegen seines gemäßigten Tempos, des gelungenen Schnitts und der Glaubwürdigkeit der Geschichten der vier Entwickler, die nie im anekdotenhaften verharren, sondern darüber hinaus wirklich etwas zu sagen haben.
Happy End?
Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2012. Endlich hat mit FEZ auch das Letzte der drei Spiele das Licht der Monitore und TVs erblickt und komplettiert so den dreifaltigen Indie-Traum der im Film portraitierten Entwickler: ein Spiel erschaffen, das der eigenen Persönlichkeit entspricht. Eine Art digitales Selbstportrait, ein Denkmal aus Bits und Bytes, das den Leuten Freude bereitet und dazu noch kommerziell erfolgreich ist.
Auch der Traum von James Swirsky und Lisanne Pijot ist wahr geworden. Nach zwei Jahren Bearbeitungszeit kann das Team Indie Game: The Movie voller Stolz einem durchaus differenzierten Publikum vorführen. Denn die Doku, deren Bilder mit einem herausragenden Soundtrack von Jim Guthrie (Sword & Sworcery) unterlegt sind, ist nicht der Nischen-Film, den wir, durchaus freudig, erwartet hatten. Stattdessen wurde aus Indie Game: The Movie ein mitreißendes Portrait über künstlerisches Schaffen am Beispiel von Spieleentwicklern und ist deswegen auch für Nicht-Spieler durchaus sehenswert.
Kristin Knillmann: Zwar hätte es Indie Game: The Movie gut getan, seinen Zuschauern mit einigen allgemeinen Infos zur Indie-Szene ein fundiertes Hintergrundwissen zu bieten. Allerdings bringt die Konzentration auf Super Meat Boy, FEZ und Braid die Thematik der Dokumentation besser auf den Punkt: Es ist verdammt noch mal schwierig, mit Kreativität seine Brötchen zu verdienen. Und es ist verdammt nochmal gleich nochmal so schwer, wenn man dabei unabhängig, also selbstständig ist. Wer bereits einmal selbst wertvolle Stunden in ein kreatives Projekt gesteckt hat, egal ob Videospiel, Buch, Film, Malerei oder Blog, wird sich garantiert in einer Facette von Indie Game: The Movie wiederfinden. Und das finden wir verdammt großartig.
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