Ich habe mich über 20 Jahre vor One Piece gedrückt und dann 600 Folgen in 9 Monaten geschaut – und jetzt fühle ich mich wieder wie ein Kind

Animes haben Mykis Leben von klein auf begleitet. Eine weltweit gefeierte Serie hat sie jedoch nie wirklich angerührt, bis zu jenem Tag, als sie Teil der GamePro-Redaktion wurde: One Piece.

Ich habe gelacht und geweint wie ein Baby beim Anschauen von One Piece. Ich habe gelacht und geweint wie ein Baby beim Anschauen von One Piece.

Schon seit ich denken kann, gehören Animes und Mangas fest zu meinem Leben. Wie viele Kinder der 90er und 2000er bin ich jeden Nachmittag nach der Schule nach Hause gerannt und habe das Anime-Programm von RTL2 verfolgt. Abends gab es dann auch immer bei Viva und MTV die etwas düsteren Animes wie Noir, Ghost in the Shell und Hellsing zu sehen. 

Von Monster Rancher und Flint Hammerhead bis hin zu Ranma ½, Digimon und Detektiv Conan habe ich jeden Anime geschaut, der gezeigt wurde – gern auch als Wiederholung. Bis heute schaue ich leidenschaftlich gerne Anime und lese die dazugehörigen Mangas.

Eine Serie hat jedoch bei mir als Kind nie so richtig gezündet und als ich dann älter wurde, hatte dieser Anime mittlerweile schlicht zu viele Folgen, um ihn einfach mal schnell nachzuholen. Ja, ich rede von One Piece. Einer der womöglich beliebtesten und wichtigsten Animes der letzten 20 Jahre. Mein Verhältnis zu den Strohhutpiraten änderte sich erst, als ich die Stelle zur Anime-Redakteurin bei GamePro antrat.

Um mich vollständig auf die neuen Aufgaben vorzubereiten, beschloss ich, mich nicht mehr vor den Strohhutpiraten zu drücken und meinen größten blinden Fleck in Sachen Anime ein für alle Mal auszugleichen. So begann meine große Reise, über 1000 Episoden One Piece nachzuholen – selbstverständlich inklusive Filler! Bei mir heißt es entweder alles oder nichts.

Dieser Artikel erscheint im Rahmen unserer Themenwoche "Retro-Anime", die vom 15. bis 21. Juli auf GamePro stattfindet. In unserer Übersicht zur Themenwoche findet ihr alle weiteren Artikel:

Als wäre ich wieder ein kleines Kind, das nach Hause rennt und sich auf jede neue Folge freut

Ich höre immer noch die deutschen Openings von One Piece in meinem Kopf. (Bild: © Toei Animation) Ich höre immer noch die deutschen Openings von One Piece in meinem Kopf. (Bild: © Toei Animation)

Seit diesem Entschluss sind nun etwa neun Monate vergangen und ich habe seitdem über 600 Folgen von One Piece gesehen. Von Alabaster bis hin zur Punk Hazard-Arc. Und wow, das war bisher eine Achterbahn der Gefühle! Ich habe viel gelacht, mich über manche veralteten Tropes aufgeregt, mir um einige Charaktere ziemlich große Sorgen gemacht und sogar um die Freundschaften zwischen Ruffy und seiner Crew gebangt, aber auch voller Spannung die nächsten Folgen verschlungen. 

Wer viele Animes unterschiedlicher Genres schaut, kennt dieses Gefühl von überlappenden Ähnlichkeiten in den Charakterzügen von Protagonisten, Plots oder sogar Beziehungen zwischen den Figuren. Bei so vielen Ähnlichkeiten in den Genren, lässt sich keiner mehr so schnell mit vermeintlicher Originalität, die letzten Endes mit anderen Serien überlappt, beeindrucken. Aber One Piece hat das trotzdem für mich geschafft und ich habe mich wieder wie ein kleines Kind gefühlt, das etwas komplett Neues für sich entdeckt hat.

Das ungewöhnliche Konzept einer Piratencrew, die einem legendären Schatz auf der Spur ist und Feinde mit übernatürlichen Kräften bekämpft, die sie durch geheimnisvolle Früchte erhalten haben, war für mich als kleines Kind vielleicht etwas zu wild. Jetzt als Erwachsene haben mich Ruffy, seine Freund*innen und ihre ganz besondere Welt in den Bann gezogen.

Was One Piece so besonders für mich macht

Es gibt so vieles was One Piece so unglaublich cool macht. (Bild: © Toei Animation) Es gibt so vieles was One Piece so unglaublich cool macht. (Bild: © Toei Animation)

Im Vergleich zu anderen Shonen-Animes ist One Piece allein mit seinem Piraten-Setting recht einzigartig. Das liegt vor allem daran, dass, obwohl es hier um Piraten geht, kaum typische Piraten-Stereotype bedient werden. Figuren wie Jeff mit seinem Holzbein oder Crocodile mit seiner Hakenhand sind da die Ausnahme. Ich erinnere mich auch an keinen einzigen Piraten in One Piece, der eine Augenklappe getragen hätte.

Die kreative, oft extravagante Art und Weise, wie Eiichiro Oda seine Figuren darstellt und ihnen Leben einhaucht, hat mein Herz schnell erobert. Was mich ebenfalls überzeugt hat, ist die strikt freundschaftliche Dynamik zwischen Ruffy und seinen Crewmitgliedern. Es gibt keine Romanze zwischen den Crewmitgliedern, auch wenn Sanji Nami und Nico Robin immer wieder umgarnt. 

Es ist deutlich zu sehen, dass es hier um eine Gruppe enger Freunde geht, die sich immer den Rücken freihalten werden. Konfliktpotenzial durch Liebesdreiecke oder Beziehungsprobleme hätten meiner Meinung nach nur vom Kern der Abenteuer abgelenkt, auch wenn mir bekannt ist, dass später Boa Hancock, die sehr offentsichtlich romantisches Interesse an Ruffy hat, auftauchen wird. 

Keiner der Strohhutpiraten wirkt eindimensional im Vergleich zu so vielen anderen Shonen-Animes, wo einige Figuren nur einen signifikanten Charakterzug haben wie Yukiteru Amano in Mirai Nikki, dessen ängstliche Art kaum eine Charakterentwicklung durchmacht und sich das dann durch den ganzen Plot zieht. Auch Kirito aus Sword Art Online hat nach meiner Meinung neben seinen krassen Overpowered-Skills nicht besonders viel Tiefe. Abseits dieser Figuren gibt es auch weibliche Charaktere, die nur einen Trope haben. Von Tsundere, die immer wieder ihren Schwarm verprügelt und beleidigt bis hin zur eiskalten Schönheit, die nie spricht.

Dadurch fehlt es oft an Tiefgang bei solchen Figuren, was bei One Piece nicht der Fall ist. Als ich klein war, mochte ich zum Beispiel Lysop nicht besonders, weil er in meinen Kinderaugen einfach nur ein Feigling war. Jetzt gehört er mit Trafalgar D. Water Law zu meinen allerliebsten Charakteren in One Piece.

Lysop lehnt sich auch mal, wenn es sein muss, gegen seinen Kapitän auf. (Bild: © Toei Animation) Lysop lehnt sich auch mal, wenn es sein muss, gegen seinen Kapitän auf. (Bild: © Toei Animation)

Hinter Lysops Lügen und aufgesetztem Selbstbewusstsein verbirgt sich ein verunsicherter und ängstlicher Mann, der durch seine übertriebenen erfundenen Geschichten Aufmerksamkeit und Anerkennung bei anderen sucht. Als er jedoch auf Ruffy und die anderen trifft, sehen wir auch andere Seiten des so sonderbaren und ängstlichen Lügners.

Trotz seinen Ängsten, die natürlich in den gefährlichen Situationen von One Piece verständlich sind, setzt sich Lysop für seine Freunde ein und stellt sich den starken Gegnern. Seit er mit Ruffy und den restlichen Crewmitgliedern die Meere besegelt, ist er durch seine Taten zum echten Helden aufgestiegen. Zum Beispiel, als Lysop sich mutig einem Fischmenschen in der Arlong-Arc gegenübergestellt und ihn sogar besiegt. Als Sogeking an der Seite der Strohhüte deklarierte er sogar der Weltregierung den Krieg und tat alles in seiner Macht, um Robin zu retten. 

Sogekings Teilnahme an Robins Rettung an der Seite der Strohhüte war einer der coolsten Momente für mich. (Bild: © Toei Animation) Sogekings Teilnahme an Robins Rettung an der Seite der Strohhüte war einer der coolsten Momente für mich. (Bild: © Toei Animation)

Nach und nach steigt der damals und immer noch so ängstliche Lysop zu einem Held auf, der sogar seine Kampfkünste als Sniper der Gruppe immer wieder unter Beweis stellt.

Auch alle anderen Strohhüte habe ich ins Herz geschlossen: Zorro mit seinem schlechten Sinn für Orientierung trotz seinem Talent im Schwertkampf, Nami und ihre Geldgier, Sanjis Persönlichkeitsschwankungen zwischen Ernsthaftigkeit und Comedy, wenn es um Frauen geht, Choppers unschuldige süße Art, Nico Robins kühne und gelassene Persönlichkeit, Ruffys Abenteuerlust und Sorglosigkeit, Frankys abgedrehten Roboter-Körper und ich könnte noch ewig weiter von anderen Figuren schwärmen. 

Es ist noch lange nicht vorbei! Meine chaotische Reise in die Welt von One Piece geht weiter.

Auch wenn einige Filler-Arcs wie der Spa Island-Arc oder der Boss Ruffy-Arc nicht sonderlich interessant für mich waren, habe ich sie trotzdem aus reiner Neugier gerne geschaut. Ich bin einfach nicht so der Fan von Beach-Episoden oder von alternativen Zeitlinien als Filler.

Ja, manchmal hat sich One Piece auch ziemlich gezogen, da einige Folgen schlicht Recaps sind oder lediglich ein Crewmitglied von A nach B läuft. Das hat meinen Fortschritt immer wieder für eine kurze Zeit aufgehalten. Aber durch die interessante Welt, die von Eiichiro Oda liebevoll aufgebaut wurde, hat es mich immer wieder zurückgeholt. 

Myki Trieu
Myki Trieu

Ich hatte schon immer großes Interesse an Animes, Mangas und Videospielen. Dennoch stand One Piece nie wirklich auf meiner Liste - Bis jetzt! Ich bin froh, dass ich beim Anschauen des Animes, einen Gefallen an die Strohhüte gefunden habe und auch immer wieder gespannt darauf bin was Oda als nächstes plant.

Durch meine Arbeit als Anime-Redakteurin bei GamePro muss ich natürlich bei One Piece auf dem neuesten Stand sein und verfolge daher parallel auch aktiv den Egghead-Arc im Manga. Obwohl ich in einem komischen Limbo zwischen aktuellen Egghead-Ereignissen im Manga und Folge 601 im Anime bin, kann ich es kaum erwarten, mehr von Joyboy, dem Willen von D, Nika und Imu zu erfahren – und das dann irgendwann auch in animierter Form!

Ich hoffe sehr, dass ich den One Piece-Anime noch bis zur aktuellen Folge nachholen kann, bevor entweder das Remake erscheint oder der Manga zum Abschluss kommt. Ich bereue es jedenfalls nicht, dass ich One Piece endlich eine Chance gegeben und auch mal am Wochenende mehr als 10 Folgen gebinged habe.

Wart ihr von Anfang an bei One Piece dabei oder seid ihr auch wie ich später dazugestoßen und habt den Anime gebinged?

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