Dead Space war 2008 eine völlig neue Horror-Erfahrung für mich. Denn niemals zuvor hatte mich ein Spiel mit seiner drückenden Atmosphäre in eine derart konstante Anspannung versetzt wie das Meisterwerk von Visceral Games. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie sich meine Hände beim Spielen mehrfach verkrampften und dass mir beim Ausschalten der Konsole stets gefühlte Zentnerlasten von den Schultern fielen.
Gründe dafür gibt es viele. Isaac bewegt sich beispielsweise vergleichsweise träge, die unbarmherzigen Nekromorphs brechen aber regelmäßig hinter ihm aus den Lüftungsschächten. Allein die Tatsache, dass ich mich in diesen Momenten nicht schnell umdrehen kann, sorgt also schon für Adrenalin in den Adern. Außerdem ist das Sounddesign derart grandios, dass ich bei jedem Knarzen der USG Ishimura hinter der nächsten Ecke direkt einen Gegner vermutete.
Die für mich große Faszination von Dead Space liegt aber auch daran, dass es an einem bestimmten Punkt mit dem bricht, was es der spielenden Person bis dahin beigebracht hat – und genau damit hat auch mein Horror-Moment-Highlight zu tun.
Achtung Spoiler! Ich erwähne in diesem Artikel Szenen und Situationen, die erst später in Dead Space passieren. Seid also gewarnt!
Der Hunter machte fast alles anders
Denn normalerweise ist es so, dass Isaac Clarke den Nekromorphs den Garaus machen kann, wenn er ihnen mit Hilfe von Plasma-Cutter und Co. ihre Gliedmaßen amputiert. Bis zum fünften Kapitel klappt dieses grausame, aber effektive Prinzip auch ganz gut. Doch dann bricht ein gewisses Viech namens "Hunter" aus seinem Glastank und wirft das Konzept mal eben über den Haufen.
Der Grund: abgeschossene Gliedmaßen wachsen dem Biest innerhalb von kurzer Zeit wieder nach. Isaac kann den Hunter also lediglich verlangsamen und nicht komplett ausschalten. Ich habe den Moment, in dem ich das erkannte noch genau vor Augen, diese unglaubliche Panik und die in mir hochschießende Frage: "WAS MACH ICH DENN JETZT?"
Die Aussicht, den Hunter niemals loszuwerden, sorgte bei mir damals allein schon für schweißnasse Hände, denn ich HASSE unbesiegbare Gegner in Spielen, wie etwa auch der Nemesis aus Resident Evil 3. Umso überraschter war ich dann, als ich das Viech am Ende von eben jenem fünften Kapitel in einem Cryo-Labor einfrieren und damit (vermeintlich) abservieren konnte.
Dass es das mit dem Hunter aber noch nicht gewesen sein konnte, machte Dead Space danach ziemlich schnell klar, etwa als ich das Biest in späteren Kapiteln immer mal wieder in der Entfernung brüllen hören konnte. Es war also nicht die Frage ob, sondern wann diese hässliche Ausgeburt der Hölle wieder auftauchen würde. Der Moment, in dem das dann aber passierte, war derart unerwartet, dass mir allein das Herz schon wieder in die Hose rutscht, wenn ich diese Zeilen schreibe.
Er kam wieder. Und wie.
In Kapitel 10 ist Isaac in den Mannschaftsunterkünften der USG Ishimura unterwegs und muss dort drei Navigationskarten finden. Die letzte liegt innerhalb eines Bereichs, zu dem ich mir erstmal Zugang verschaffen muss, indem ich mit der Telekinese-Fähigkeit mehrere Doppelstockbetten verschiebe. Das führt dazu, dass ich mich selbst in einen immer kleineren Bereich einpferche und mir zudem den Weg zurück in die Unterkünfte selbst versperre.
Und ihr könnt es euch vielleicht denken: GENAU in dem Moment, als Isaac die dritte Navigationskarte einsammelt, kracht der verdammte Hunter aus der Decke. Inmitten des Mini-Bereichs, in den ich mich gerade selbst eingesperrt habe.
Ich schreie wirklich selten beim Spielen, aber in dem Moment habe ich es damals definitiv getan. Sehr laut sogar. Die Gewissheit, mit dem Nekromorph, der im Spiel als Überwesen aufgebaut wurde, auf so engem Raum gefangen zu sein, schaltete dann gleich auch große Teile meiner grundlegenden Controller-Skills ab. Denn ich war so perplex und panisch, dass ich mehrfach von den Analogsticks abrutschte und natürlich prompt draufging, weil ich die Betten nicht rechtzeitig zurückgeschoben bekam, bevor mich der Hunter zerfetzte.
Diese Szene wird es bestimmt auch im Remake geben. Hier könnt ihr euch mein Preview-Video dazu anschauen:
Diese Kolumne erscheint im Rahmen unserer Horror-Themenwoche. Eine Übersicht über alle weiteren Artikel, wie beispielsweise unseren Ausblick auf die spannendsten Horrrorspiele 2023, findet ihr hier:
Im zweiten oder dritten Anlauf schaffte ich es dann aber und als der Hunter dann später endgültig im Feuerstrahl eines Triebwerks verging, schrie ich den Bildschirm noch einmal an. Hier brach sich der ganze Druck und die Anspannung dann noch einmal Bahn. Verarbeitet hatte ich diese Szene allerdings noch lange nicht. Auch Monate später – kein Witz – träumte ich noch regelmäßig von besagter Szene, dem Geräusch der krachenden Deckenkonstruktion und dem Grollen und den toten Augen des Hunters.
Ich habe Dead Space danach bestimmt noch zehnmal durchgespielt und jedes Mal bekam ich vor der Szene in Kapitel 10 eine Gänsehaut. Es ist ein, nein, DER Horrormoment, der mich nachhaltig geprägt hat. Und der auch mit dafür verantwortlich ist, warum Dead Space den Stellenwert bei mir hat, den es hat.
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