Silvester 1899, die Menschheit steht kurz davor, ihr bisher blutigstes Jahrhundert zu eröffnen. Ein Mann kann all die Gräueltaten verhindern, doch zu welchem Preis? Um diese Frage dreht sich die geniale Geschichte von Amnesia: A Machine for Pigs, in der sich philosophische und metaphorische Konzepte in einer wilden und mitreißenden Story die Hand reichen. Einer Geschichte, die sicher viele von euch aufgrund eher gemischter Wertungen für das Adventure nicht im Blick haben und die ich euch daher im Rahmen der Horror-Themenwoche näher bringen will.
Perlen vor die Säue
Als A Machine for Pigs 2013 auf den Markt kam, waren meine Erwartungen riesig. Der Vorgänger, Amnesia: The Dark Descent, konnte dem stagnierenden Horror-Genre nämlich zwei Jahre zuvor die dringend notwendige Frischzellenkur verpassen und galt schon nach kurzer Zeit als moderner Klassiker. Ich persönlich blickte aber eher skeptisch auf das neue Spin-Off, da das Entwicklerstudio dahinter, The Chinese Room, bis dato nur für den Walking-Simulator Dear Esther bekannt gewesen war.
Dear Esther bietet mit seinem minimalistischen Gameplay aber kein Konzept, das ich in einem Horror-Titel sehen wollte. Und deshalb hätte ich A Machine for Pigs auch beinahe nicht gespielt. Der Titel ist auf den ersten Blick auch nur ein düsterer Walking-Simulator, mit gemächlichem First-Person-Gameplay, vielen Dokumenten zur Lore-Bildung und kaum echten Gefahren. Im Nachhinein bin ich aber mehr als froh, hinter diese Fassade geblickt zu haben, denn die dort vergrabene Narrative geht mir bis heute nach.
Von Schweinen und Göttern – darum geht's
A Machine for Pigs beginnt harmlos, aber eskaliert schnell: Wenige Stunden vor Beginn des 20. Jahrhunderts erwacht der Großindustrielle Oswald Mundus in seinem Londoner Anwesen – natürlich mit der titelgebenden Amnesie. Er macht sich auf den Weg, eine riesige Maschine unter dem Haus zu reparieren, in der angeblich seine Söhne festsitzen. Doch einmal reaktiviert, sendet diese eine Armee brutaler Schweinemenschen auf die Straßen der Stadt, die Menschen entführen und ihr als stärkendes Futter in den mechanischen Rachen werfen.
Oswald stellt sich der Maschine, die mit dem dunklen Teil seiner Seele verschmolzen ist. Der „böse“ Mundus versucht den „guten“ Mundus (unsere Spielfigur) via Gedankenübertragung davon zu überzeugen, den Mechanismus nicht abzuschalten und ihn die Menschheit auslöschen zu lassen. Sein Argument: All der Terror (Giftgas, Konzentrationslager, Atombombe, Umweltzerstörung, etc.), den das kommende Jahrhundert mit sich bringen wird, könnte so verhindert werden.
Der Protagonist sieht sich auf einer tieferen Ebene mit einer der schwierigsten Fragen der Menschheit konfrontiert: Wie viele Opfer ist unser freie Wille wert? Oder anders formuliert: Muss ein allmächtiger Gott, sollte er denn existieren, die Welt nicht zu einem besseren Ort machen? Der freie Wille ist das vermeintlich größte Geschenk an die Menschheit, denn er lässt uns unabhängig von einem Gott oder einer „Maschine“ handeln, ganz egal ob wir Gutes tun oder den Planeten zerstören.
A Machine for Pigs ist kein Meisterwerk, galoppiert in einer Kategorie aber allen anderen davon
Amnesia: A Machine for Pigs begann bei The Chinese Room als Mod-Experiment und wurde erst später zu einem vollwertigen Spiel ausgebaut – diese Tatsache und der Entwicklerwechsel weg von Frictional Games sind dem Titel anzumerken. Das Spiel hätte mit packendem Gameplay noch viel mehr sein und eine breitere Masse erreichen können, aber auch so bleibt uns immer noch die für mich beste Geschichte des Horror-Genres und eine der interessantesten Storys der Videospiel-Historie als Ganzes.
Meine Empfehlung: Lasst euch auf das Spiel ein, wenn ihr euch für Horror, Geschichte, Philosophie oder gute Storys im Allgemeinen interessiert. A Machine for Pigs hat definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient und kostet in den meisten Online-Stores nur wenige Euro (vor allem als Teil der Amnesia Collection). Zudem ist das Spiel in unter fünf Stunden durchgespielt und bietet eine tolle Vorbereitung auf Amnesia: The Bunker, das 2023 erscheinen wird.
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