Pünktlich zum Launch der PSVR 2 am 22. Februar erscheint mit Horizon: Call of the Mountain das erste und bislang einzige frische Exklusivspiel für Sonys neues Virtual Reality-Headset der zweiten Generation. Im linearen Adventure schlüpfen wir allerdings nicht in die Rolle von Aloy, sondern wortwörtlich in die Haut des gefangenen Stammeskriegers Ryas.
Nach gut 6-7 Stunden bis zum Ende des Spiels sind wir uns sicher, dass speziell VR-Neulinge mit dem technisch und optisch beeindruckenden interaktiven Abenteuer ihren Spaß haben werden. Aufgrund eher seichter, aber durchaus launiger Gameplay-Mechaniken und einer bestenfalls zweckmäßigen Erzählung, solltet ihr jedoch trotz 70 Euro Vollpreis kein umfangreiches PlayStation-Highlight zum Launch der PSVR 2 erwarten. Den Test zum Headset an sich findet ihr hier auf GamePro.de:
Mensch, schaut das gut aus
Was direkt zum Spielstart auffällt, ist die für VR-Verhältnisse überaus ansprechende Optik. Ihr dürft natürlich kein kristallklares Bild erwarten, wie ihr es von eurem 4K-Fernseher kennt – einen solchen Standard bietet derzeit noch keine Virtual Reality-Brille. Dank einer Auflösung von 2000x2040 Pixel pro Auge ist Horizon: Call of the Mountain jedoch ein optisches Ausrufezeichen und ein Fingerzeig, was technisch mit der PSVR 2 derzeit möglich ist.
Weit weniger beeindruckend ist jedoch die seichte und bestenfalls zweckmäßige Geschichte rund um Shadow Carja Ryas, der zu Spielbeginn von zwei feindlichen Stammeskriegern mit einem Kajak entführt wird und sich nach einem Dinosaurier-Zwischenfall fortan in mehreren Missionen durch die farbenfrohe Spielwelt klettern und kämpfen muss.
Speziell Horizon-Neulinge dürfte der Einstieg und generell die Geschichte erzählerisch arg verwirren, da das zwischen Zero Dawn und Forbidden West angesiedelte Abenteuer mit für Fans bekannten Begriffen um sich wirft, wie ein mächtiger Donnerkiefer mit einem nichtsahnenden Wühler. Doch auch Horizon-Experten sollten hier kein Story-lastiges Spiel erwarten, das den beiden Open World-Spielen für PS4 und PS5 gleicht. Zwischen den Missionen wird die Story vorangetrieben und während der Aufträge kommentiert Ryas gelegentlich die Ereignisse.
Schwindelerregende, aber wenig fordernde Kletterei
Wie eingangs erwähnt, ist Horizon: Call of the Mountain ein überaus lineares Abenteuer, jedoch kein Rail-Shooter. Abseits von einem sehr kleinen, frei begehbaren Dorf, das uns als Hub-Bereich dient und von wo aus wir die Missionen starten, bewegt sich Stammeskrieger Ryas oft kletternd durch die Berglandschaft.
Die Kletterei ist dabei kein gelegentliches Gimmick, sondern gehört zum Kern-Gameplay des Spiels, das uns über den ein oder anderen schwindelerregenden Abgrund schickt. An dieser Stelle sei angemerkt, dass das Spiel nichts für euch ist, falls ihr auch in der virtuellen Realität starke Höhenangst verspürt.
Geklettert wird mit dem Einsatz unserer beiden Hände auf weiß markierten Pfaden durch Druck von R2 und L2 unter anderem ohne Hilfswerkzeuge, mit Klettereisen, die ihr an bestimmten Stellen in die Klippen schlagt oder mittels eines Greifhakens, mit dem ihr über Abgründe schwingt.
Die Kraxelei ist aufgrund langer Passagen durchaus schweißtreibend, motivierend und gut umgesetzt. Schade ist nur, dass sie abseits der körperlichen Anstrengung jeglichen Anspruch vermissen lässt und weder auf eine Ausdauerleiste noch auf optionale Pfade setzt. Hier hätte sich Entwickler Guerrilla gern an dem nur für PC bzw. Oculus-Geräte erschienenen VR-Abenteuer The Climb orientieren und das Ganze fordernder gestalten können.
Optionen für Barrierefreiheit: Folgende Accessibility-Optionen lassen sich direkt über das Hauptmenü aus anwählen:
- fallen lassen beim Klettern deaktivieren
- Pfeile automatisch auflegen
- Zeitlupe bei Werkzeugauswahl
- Zielhilfe
- verursachter Schaden erhöhen
- erlittener Schaden reduzieren
- Kletterreichweite-Multiplikator
Mit dem Bogen gegen Dinos
Bewegt sich Ryas nicht gerade vertikal durch die Spielwelt oder läuft auf engen Gebirgspfaden – entweder durch unsere Bewegung im realen Raum (dabei müsst ihr natürlich auf eure Umgebung achten und euch immer wieder neu ausrichten!) oder alternativ mit Einsatz des rechten Analogsticks – von einem Ort zum anderen, geht’s in kleine Kampfarenen. Über weite Strecken des Spiels kämpft ihr hier mit dem Bogen unter anderem gegen flinke Wächter, flatternde Grauhabichte oder mächtige Donnerkiefer.
Das Ganze funktioniert so, dass wir mit der linken Hand normale, Brand- oder Schockpfeile aus dem Köcher am Rücken ziehen und in unseren Bogen legen, den wir dann mit entsprechenden Bewegungen spannen und möglichst präzise abfeuern. Wie in Zero Dawn und Forbidden West haben die Mecha-Dinos nämlich mehrere Schwachstellen am Leib, die getroffen ordentlich Schaden verursachen. Auch aufgebaute Status-Effekte machen den Dinos mächtig zu schaffen. Schießen wir beispielsweise Brandpfeile auf gegen Feuer anfällige Frost-Grauhabichte, reichen wenige Treffer, um den blechernen Flattermann vom Himmel zu holen.
Wie die Kämpfe aussehen, könnt ihr euch hier im Trailer ansehen:
Umgekehrt setzen uns die Dinos beispielsweise mit Sprungattacken, Feuerstrahlen oder Frostschüssen zu. Werden wir von Letzteren getroffen, friert unser Bild ein, sodass wir es mit einer Wischbewegung der Hand zunächst enteisen müssen. Um nicht vom Feuer angebrutzelt zu werden, lehnen wir uns nach links oder rechts, und Nahkampfangriffen weichen wir mit dem Analogstick und einer darauf folgenden ruckartigen Bewegung Ryas aus.
Das Gekämpfe ist, wie ihr schon erahnen könnt, recht limitiert und spielerischen Tiefgang solltet ihr hier nicht erwarten. Vielmehr leben die Duelle vom Spaß am Bogenschießen und ihrer Imposanz bzw. dem Punkt, dass ihr hier gegen die mächtigen und teils furchterregenden Dinos aus der Horizon-Welt so immersiv wie noch nie kämpft. Da die Kämpfe zudem wohl portioniert sind, stets gegen unterschiedliche Gegner stattfinden und auch durchaus Schweiß auf die Stirn unterm VR-Headset treiben, taugen sie zur Auflockerung zwischen den Klettereien aber allemal.
Nette Spielereien nebenbei: Abseits der Kämpfe und Kletterpassagen können wir in allen Gebieten Zielscheiben suchen und abschießen oder aus mehreren Steinen kleine Steinhaufen bauen. Mehr als eine nette Beschäftigungstherapie ist das jedoch nicht. Zudem können wir über das Hauptmenü eine Kajak-Tour auswählen, die uns entlang eines Flusses alle Dinos spektakulär zeigt und vorstellt. Den ca. dreiminütigen Sightseeing-Ausflug können wir euch nur wärmstens empfehlen.
Zudem gibt es ein optionales Gebiet samt einer Bogenschieß- und einer Kletter-Herausforderung. Hier gilt es, Zielscheiben für Punkte möglichst schnell zu treffen oder einen Kraxel-Parcours möglichst schnell zu durchqueren.
Keine Tech-Demo, aber …
Horizon: Call of the Mountain ist durchaus geeignet, um sich mit der PSVR 2 vertraut zu machen und speziell Neulinge in der virtuellen Realität werden der optisch imposanten, interaktiven Erfahrung sicher einiges abgewinnen können. Auch die seichten, aber durchaus spaßigen Klettereien und Kämpfe können eine Menge Laune machen.
Erwarten solltet ihr jedoch kein Highlight zum Launch der PSVR 2, das euch über viele Stunden samt tiefgreifenden Gameplay-Mechaniken ähnlich Zero Dawn oder Forbidden West unterhält. Oder anders formuliert: Sony liefert zum Start ihrer zweiten VR-Generation kein Half-Life: Alyx – auch wenn das die Optik und der stolze (!) Preis von 70 Euro vielleicht vermuten lassen. Horizon: Call of the Mountain ist vielmehr ein durchaus gelungenes, recht kompaktes VR-Abenteuer, das zumindest für wenige Stunden gut unterhalten kann.
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