Um Power Stone ins Herz zu schließen, müssen wir im Jahr 1999 einiges ausblenden. Den albernen Titel zum Beispiel: »Kraftstein« müffelt für uns eher nach Geruchsbekämpfung im Pinkelbecken als nach Konsolen-Kracher. Auch die Zeiten, in denen wir quietschbunte Animes im Kabelfernsehen schauen, neigen sich zur Jahrtausendwende dem Ende entgegen. Zumal die Figuren in Power Stone aus dem Comic-Baukasten für Anfänger zu stammen scheinen: Vom Samurai bis zum Indianer findet sich ein Abziehbild nach dem anderen.
Als die GD-Rom aus dem Hause Capcom aber zum ersten Mal in der Dreamcast-Konsole rotiert, fällt uns ein »Kraft-Stein« vom Herzen: Das Geld war gut angelegt, dieses Spiel ist tatsächlich ein Kracher. Denn als sich Falcon, Ayame, Gunrock und die übrigen sieben Charaktere durch die 3D-Arenen kloppen, spielt sich das erfrischend anders als Street Fighter oder Tekken.
Power Stone 1 und 2 gibt es gebündelt als Power Stone Collection für die PSP.
Statt Kombos in die Controller-Tasten zu hämmern, jagen wir in alle Himmelsrichtungen den »Power Stones« nach - oder schnappen wir uns doch lieber einen Raketenwerfer, um dem Gegner Feuer unter dem Polygon-Popo zu machen? So entstehen wilde wie taktische Kämpfe, die heute noch genauso fesseln wie 1999.
Nichts für Button-Masher
Warum kloppen sich die zehn Charaktere in Power Stone eigentlich? Wie der Titel vermuten lässt, geht es um magische Steine, die unermessliche Macht verleihen. Und die will in der Fantasie-Welt mit Städten wie »Londo« (man füge einen Buchstaben hinzu, um das reale Vorbild zu erkennen) natürlich jeder Anime-Kämpfer haben. Vor allem der »Londoer« Falcon ist heiß auf die Steinchen. Also ziehen wir mit dem Boxer samt Unio(n)-Jack auf den Schultern in den Kampf.
Doch Schlagkombos spielen in Power Stone nur eine Nebenrolle: Zwar verpassen wir unserer ersten Gegnerin Ayame in Oedo (unbedingt zu verwechseln mit Edo, dem heutigen Tokio) ein paar Hiebe, doch ihr Energiebalken schmilzt dabei kaum. Viel wichtiger: Sie lässt ihren Power Stone fallen, der nun in der frei begehbaren Arena liegt. Wir sprinten zwischen Kisten und Holzbalken vorbei zum Kraft-Klunker - nun haben wir schon zwei. Ayame hüpft in die Luft, saust mit einem Sprungkick auf uns nieder, doch die Gegenattacke muss warten. Denn am hinteren Ende der Arena glitzert der dritte Stein.
Wir schnappen ihn, und die Show beginnt: Falcon verwandelt sich in einen roten Iron-Mega-Man-Verschnitt, der Ayame Raketen hinterher jagt. Als sie nach einem Treffer in die Arena-Ecke knallt, knüppeln wir sie mit einem Feuerwirbel-Aufwärtshaken in die Luft, ihre Energie schwindet. Vorbei ist der Kampf aber noch nicht. Stattdessen endet unsere Verwandlung.
Ayame greift sich einen plötzlich aufploppenden Flammenwerfer, erwischt uns… und während wir noch das Feuer auf unserem roten Piloten-Overall löschen, hat sie die drei Steine geschnappt. Jetzt heißt es flüchten und zum Gegenschlag ausholen. Im Grunde gleicht das Hin und Her dem ständigen Führungswechsel in einer guten Partie Mario Kart. Denn nur wer als erster die Steine erwischt, den Gegner auf Distanz hält und die Arenen samt Waffen zu seinem Vorteil nutzt, gewinnt. Button-Masher haben dagegen keine Chance.
Transformiert euch!
Zum Ende des Arcade-Modus werden die Kämpfe zur Nervenschlacht: Der Pirat Kraken verlangt uns einiges ab, und Obermotz Valgas ist beinahe unbezwingbar. Aber nicht nur die beinharten Prügeleien faszinieren uns damals. Auch die Kämpfer-Riege entpuppt sich auf den zweiten Blick als kultig.
Galuda zum Beispiel sieht aus wie ein Schmalspur-Indianer aus dem Tal der großen Langeweile, verwandelt sich dank der Power Stones aber in einen wandelnden Totem-Pfahl, der wie ein Holz-Transformer aussieht. Wir nennen ihn liebevoll »Optimus Baum«.
Der andere Kraftprotz im Kader, Gunrock, mutiert stattdessen zu einem riesigen Steinmonster der Marke »Das Ding «. Und Jack bleibt auch in seiner normalen Erscheinung in Erinnerung: Mit seinen insektoiden Bewegungen und der bandagierten Birne erinnert er an Voldo aus Soul Calibur, dehnt aber seine Beine und rotiert beim Sprungkick wie Street-Fighter-Veteran Dhalsim.
Deutlich überdrehter sind die Figuren in der Fortsetzung, wie der eine Pfanne schwingende Chefkoch, der sich in einen Dinosaurier verwandelt. Auch im Mehrspieler-Modus setzt Power Stone 2 mit vier möglichen Spielern noch einen drauf. Doch der ganz große Zauber ist im Vergleich zum Vorgänger irgendwie verflogen - wir jedenfalls holen viel lieber den Vorgänger aus dem Schrank, um uns durch die Arenen zu kloppen.
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