Kopfgeldjäger, Samurai und grüne Aliens in schwebenden Rennfahrzeugen - was klingt wie ein Drehbuchschnipsel aus dem unsäglichen »Star Wars: Episode 1«, ist für uns eine wunderschöne Erinnerung. Denn statt einem neunjährigen Kulleraugen-Anakin sitzen in F-Zero mit »Bounty Hunter« Captain Falcon oder dem Samurai-Banditen Goroh echte Kerle hinter dem Steuer. Sie lenken Gleiter jenseits der 500-Stundenkilometer-Marke durch eine galaktische Rennserie, flitzen über Sprungschanzen, drängeln sich gegenseitig in die Streckenbegrenzungen. So jedenfalls haben sich die Entwickler um Shigeru Miyamoto die Zukunft des Rennsports vorgestellt.
Das Ergebnis versenken wir 1992 im Modulschacht unseres Super Nintendos: Ein futuristisches Rennspiel mit halsbrecherischem Tempo, das uns buchstäblich aus den Socken haut. Denn als wir unseren Gleiter zum ersten Mal beschleunigen, trauen wir unseren Augen kaum. Wir flitzen über eine 3D-Strecke, die bei Lenkbewegungen über den Röhren-Bildschirm rotiert. So plastisch haben wir noch kein Videospiel erlebt. Dabei hat das Ganze mit echtem 3D nichts zu tun. »Mode 7« heißt die Technologie, die platte Pixel-Hintergründe so dreht und verschiebt, dass eine räumliche Illusion entsteht. Und für uns ist die Illusion damals perfekt.
Galaktische Geldsäcke
Die Rennserie in F-Zero ist ein Zeitvertreib von galaktischen Geldsäcken. Sie haben auf verschiedenen Planeten unserer Galaxis Rennstrecken gebaut, ob auf Wasser-, Wüsten- oder Feuer-Welten. Und weil Spektakel im 26. Jahrhundert groß geschrieben wird, haben sie gleich noch ein paar Fallen aufgestellt, bei denen heutige Formel-1-Rennkommissare einen Herzinfarkt bekämen: Bombenteppiche zum Beispiel oder Magnete, die unsere Gleiter zum Streckenrand ziehen.
Dabei sorgt doch schon das Tempo von F-Zero für Nervenflattern. Als wir unseren Gleiter zu Beginn beschleunigen und in die Kurven lenken, kracht er kurzerhand in die Energie-Barriere am Streckenrand. Aber wir haben die richtige Technik schnell raus: In normalen Kurven kurz vom Gaspedal, bei engen Spitzkehren die Schultertasten benutzen, um den Gleiter zur Seite zu neigen. Unsere beiden Ziele sind klar definiert. Erstens: überleben. Denn jede Kollision mit Fahrzeugen oder Barrieren kostet Energie. Wer seinen Flitzer nicht rechtzeitig auf den Reparatur-Streifen flicken lässt, löst sich in Rauch auf. Zweitens: ein Podestplatz. Wer bis zur letzten Runde nicht mindestens auf dem dritten Platz ist, wird aus dem Rennen genommen. Das Rennfahrerleben im 26. Jahrhundert ist eben eine kompromisslose Angelegenheit.
Die Wilde Gans
Unseren Lieblingsgleiter haben wir schnell entdeckt: »Wild Goose«, die wilde Gans von Alien Pico. Der grüne Flitzer ist nicht nur pfeilschnell, sondern hat auch eine starke Panzerung - für uns ein klarer Vorteil gegenüber dem Allrounder »Blue Falcon«, dem Beschleunigungs-Monster »Golden Fox« und der Hochgeschwindigkeits-Schleuder »Fire Stingray«. Ohne die richtige Panzerung werden die Meisterschaften nämlich unfassbar schwierig: Ständig rammen uns die anderen Fahrer, denn die künstliche Intelligenz ist offenbar auf »tollwütiges Toastbrot« programmiert.
Mit schweißnassen Händen kämpfen wir uns durch die drei Meisterschaften. Trotzen auf der Piste »Death Wind« starken Böen von der Seite, springen bei »White Land« über gigantische Abgründe oder schlängeln uns durch die tückischen Kurven des »Fire Field«. Das ist schon auf dem Schwierigkeitsgrad »Standard« keine leichte Aufgabe, dabei hält das Spiel noch eine »Expert«- und die »Master«-Klasse bereit. Bei so vielen Herausforderungen fällt uns gar nicht auf, dass der Titel keinen Mehrspieler-Modus hat. Aber für Multiplayer-Duelle gibt es zu SNES-Zeiten ja Mario Kart - F-Zero dagegen steht in den frühen 90ern für den ultimativen Geschwindigkeitsrausch. Dabei ist die PAL-Anpassung des Spiels (für 50- statt 60-Hertz-Röhren) lausig, zwischen dicken schwarzen Balken ist das Tempo im Vergleich zur US-Version gedrosselt. Konnten wir damals kaum fassen.
Mute City ist der Hit
Bei aller optischen Wucht nicht zu vergessen: der Sound. Die Songs in F-Zero gehören zu den besten der 16-Bit-Ära, sind luftig-leicht wie die Gleiter, die über die Rennstrecken flitzen. Vor allem die Melodie der Strecke »Mute City«, die zu Beginn jeder Meisterschaft in einer anderen Variante gefahren wird, geht ins Ohr. Dieser tolle Sound rundet ein Gesamtpaket ab, das F-Zero zu einem der ganz großen SNES-Erfolge macht - später kommen Nachfolger auf dem N64 und Gamecube. Seit 2003 allerdings ist es still um die Reihe geworden - dabei bietet gerade die neue WiiU mit HD-Optik und zweitem (»Touch«-)Screen doch die perfekten Voraussetzungen für eine moderne Zukunfts-Raserei. Miyamoto, übernehmen Sie!
Die F-Zero-Reihe
Die F-Zero-Reihe setzte auf dem SNES Maßstäbe und verkaufte sich millionenfach. Dennoch erschien der Nachfolger F-Zero 2 nur in Japan. Als in den 90ern die Konkurrenz mit Titeln wie WipeOut aufs Gaspedal trat, veröffentlichte Nintendo 1998 F-Zero X fürs N64. Darin flitzen die Gleiter über echte 3D-Strecken. Außer drei Gameboy-Advance-Episoden erschien 2003 noch F-Zero (Gamecube), das von einem Sega-Entwicklerteam programmiert wurde - in den 90ern wäre das unvorstellbar gewesen.
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