Nach scharfer Kritik am sogenannten Circle of Life hat GameStop Besserung gelobt: Wo das Programm vorher einzelne Mitarbeiter überwachte und damit für stetigen Druck sorgte, sollen jetzt nur noch Filialen als Ganzes bewertet werden.
Uns gegenüber kritisierte ein Mitarbeiter, der anonym bleiben wollte, diese Änderung aufs Schärfste. In Deutschland sei es schon lange gang und gäbe, dass rein formell nur die Filialen insgesamt beurteilt werden - aber die einzelnen Mitarbeiter bekämen das trotzdem noch über Gebühr zu spüren.
Report zum GameStop-Skandal: Todeskampf des Spielehandels? (Plus)
Wie das Circle-of-Life-Programm Mitarbeiter zu Lügnern macht
Der Circle of Life bezeichnet grundlegend das Geschäftsmodell von GameStop: Die Kette macht einen beträchtlichen Teil ihres Umsatzes damit, gebrauchte Spiele auf- und weiterzuverkaufen. Die Gewinnmarge fällt dabei deutlich höher aus als beim Verkauf von Neuware.
Gegen Ende 2016 begann in Amerika ein neues Programm, das dieses Modell forcieren sollte. Jeder Mitarbeiter erhielt eine Punktzahl basierend darauf, wie viel Gebrauchtwaren, Versicherungen und Premium-Mitgliedschaften er verkaufte.
Die Überwachung ging sogar noch weiter: Anonyme Mitarbeiter beklagten gegenüber Kotaku und GameStar, dass sie gar dafür bestraft werden konnten, neue Spiele zu verkaufen, wenn sie nicht zum Ausgleich auch noch mehr Gebrauchtware an den Mann brachten. So käme es dazu, dass Verkäufer sogar ihren Kunden vorlügen, dass gar kein neues Exemplar mehr vorrätig sei.
Die Änderungen und warum sie in Deutschland nicht greifen
Als Reaktion auf die Kritik kündigte GameStop Verbesserungen an, um Mitarbeiter zu entlasten. Nun sollen auch Neuverkäufe für die Bewertung zählen und statt einzelner Mitarbeiter werde die Filiale insgesamt bewertet. Genau da liegt aber der Hund begraben: In Deutschland, wo das amerikanische Programm noch gar nicht flächendeckend umgesetzt wurde, war genau das schon davor der Fall.
Und viele Mitarbeiter berichteten uns übereinstimmend, dass die Filialleiter trotzdem Wege fanden, jeden einzelnen Angestellten genau zu kontrollieren. Einer beschrieb, wie Gebiets- und Filialleiter jeden einzelnen Verkauf überwachen:
"Alles wird über die Zentrale getrackt, da die Zentrale Einsicht auf alle Transaktionen hat und somit sagen kann, welcher Mitarbeiter wie viele Gebrauchtverkäufe, GameProtections, Gamestop-Kundenkarten usw. generiert.
Seit geraumer Zeit schauen die Area Manager aber schon vorher, um rauszufinden, wann die Qualitätskennzahlen abnehmen. In manchen Areas (auch in meiner) wurden somit Qualitätskennzahlen-Listen erstellt.
Jeden Tag wird diese Liste geführt. Für jeden Mitarbeiter gibt es eine Spalte und man macht Striche sobald eine Gameprotection verkauft wurde, ein Presell gemacht wurde oder eine Kundenkarte ausgestellt wurde."
Wer sich auf dieser Liste nicht gut genug schlage, dem könne auch mal die Kündigung drohen. Somit werden Mitarbeiter unserer Quelle zufolge keineswegs entlastet, wenn die Circle-of-Life-Punktzahl nur noch für Filialen gilt - denn die einzelnen Mitarbeiter wurden sogar schon genau überwacht, bevor es diese Punktzahl offiziell überhaupt gab.
GameStop reagierte bis zur Veröffentlichung dieses Artikels nicht auf unsere Anfrage einer Stellungnahme. Frühere Mitarbeiter-Aussagen zu GameStops Firmenpolitik haben wir in unserer Artikelserie zum Thema zusammengetragen:
4. Februar:Schwere Vorwürfe gegen GameStop - Mitarbeiter fühlen sich gezwungen, Kunden zu belügen
6. Februar: »Du bist Verkäufer, Du musst lügen!« - Das sagen deutsche (Ex-)Mitarbeiter zum GameStop-Skandal
21. Februar: Ex-Mitarbeiter über GameStop: »Da wurde in Flaschen gepinkelt«
25. Februar:Ladenkette ändert stark kritisiertes »Circle of Life«-Programm
Falls Sie aktuell bei GameStop arbeiten und mit uns über Änderungen am »Circle of Life«-Programm in Deutschland sprechen möchten, schreiben Sie uns gerne an [email protected]. Wir werden Ihre Angaben streng vertraulich behandeln.
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