GamePro wird 20 - André Horn erinnert sich: Ich war der erste Let’s Player

André blickt zurück auf die Anfänge der GamePro und was es ihm bedeutet, das Heft mit aus der Taufe gehoben und geformt zu haben.

Andrè Horn war Chefredakteur der GamePro und später Verlagsleiter bei der IDG Entertainment Media GmbH. Andrè Horn war Chefredakteur der GamePro und später Verlagsleiter bei der IDG Entertainment Media GmbH.

August 2002: In Leipzig findet die erste Games Convention statt. Auf ihr und mit ihr feiert GamePro Premiere – und ich mittendrin. In unseren kurzen Messepausen checken Gunnar und ich immer wieder das Forum unserer (damals noch sehr reduzierten) Website. Wie kommt die erste Ausgabe an? Besonders auf die Reaktionen zum TestCheck warte ich gespannt. Er ist auf meinem Mist gewachsen und im Verlag umstritten. Wollen die Leute wirklich 30 Minuten spontanem Geplapper über nur minimal geschnittenen Spielszenen lauschen?

Heute weiß man: Ja, sie wollen. Zuweilen behaupte ich salopp und frech, dass ich mit dem TestCheck eigentlich der erste Let’s Player in Deutschland war – drei Jahre vor YouTube. Aber das ist natürlich mit Augenzwinkern zu verstehen. Dennoch: Der TestCheck ist Vorzeigebeispiel für das, was mir IDG mit GamePro seinerzeit gegeben hat. Einen Raum, mein eigenes Ding zu machen, mich auszuprobieren, einem Magazin die eigene Persönlichkeit mitzugeben. 

André Horn

André war stellvertretender Chefredakteur und Chefredakteur der GamePro, bevor er bei IDG in die Verlagsleitung der Entertainment-Sparte berufen wurde. Heute ist er selbstständig als Unternehmensberater tätig und nutzt zum Spielen statt dem Controller bevorzugt Papier und Bleistift bei einer Partie Dungeons&Dragons.

"Meine" Ausgabe

Die Entwicklung von GamePro war ein Projekt, das ich genauso auch in meiner Freizeit gemacht hätte. Und dafür hat man mir noch Geld gezahlt. Was für ein Privileg! Nicht das einzige, das ich GamePro zu verdanken habe und warum mir das Magazin und die Zeit, die ich dort verbracht habe, so viel bedeuten. Seattle, San Francisco, Los Angeles, New York, Tokio, Singapur, Edmonton – unfassbar, wie viel ich von der Welt sehen durfte, dank GamePro. Ich war mit Markus Schwerdtel im Playboy Mansion, dank GamePro. Wie viel mehr will man im Leben erreichen?

So viele Reisen, so viele Erinnerungen, so viele große Spiele und Stories. Ich war einer der ersten, die GTA III in Bewegung sehen durften. Einer der allerersten Deutschen, denen die Xbox 360 gezeigt wurde. Ich war bei Bioware zu Besuch für die Enthüllung von Mass Effect. Vergisst man nicht. Ewig in meinem Herzen bleibt vor allem Ausgabe 12/2002. Ich fliege allein zur Tokyo Game Show 2002. Dort wird überraschend StarCraft Ghost vorgestellt. Irgendwie gelingt es mir, Blizzard nicht nur eine Titelstory aus dem Kreuz zu leiern, wir dürfen auch den Trailer exklusiv auf unserer DVD veröffentlichen.

André zog für die dritte Ausgabe mit Starcraft Ghost eine spektakuläre Titelstory an Land, worauf er immer noch stolz ist. André zog für die dritte Ausgabe mit Starcraft Ghost eine spektakuläre Titelstory an Land, worauf er immer noch stolz ist.

Am Ende ist es mit Titelstory, Messebericht, TestCheck und dem Trailer-Coup irgendwie "meine Ausgabe" und ist es für mich auch immer geblieben. StarCraft Ghost ist zwar nie rausgekommen, aber wen scheren schon solche unbedeutenden Details.

Das Team zählt

Es sind aber nicht nur die Privilegien, das Dolce Vita und geile Spiele, die mir aus der Zeit bei GamePro geblieben sind. Ich habe auch viel gelernt. Zum Beispiel, zu welchen Leistungen ein Team imstande ist, wenn sich die beteiligten Menschen vertrauen und alles irgendwie fließt. Ich glaube nicht, dass wir aus unseren Mitteln in der Anfangszeit von GamePro so viel rausgeholt hätten, wenn wir nicht so gut als Team funktioniert hätten. Danke an all die großartigen Menschen, die dabei waren! Es war mir stets ein Fest, mir würde zu jedem einzelnen eine wilde Anekdote einfallen (zu David auch ein paar mehr), aber dann sprenge ich die vereinbarte Zeichenzahl!

Pünktlich zum Erscheinen der ersten GamePro fand 2002 die erste Games Convention in Leipzig statt. Pünktlich zum Erscheinen der ersten GamePro fand 2002 die erste Games Convention in Leipzig statt.

Stattdessen nutze ich den Platz hier für einen Gruß an Gunnar: Danke, dass ich diese Zeit mit dir erleben durfte! Die Zusammenarbeit war schon etwas Besonderes! Jetzt ist das alles schon 20(!) Jahre her, unfassbar. Meinen Glückwunsch, GamePro! Meinen Glückwunsch, Team! Es gab immer so viel mächtige Konkurrenz, so oft das Gefühl, andere agieren mit viel mehr Möglichkeiten als man selbst. Die meisten sind nun weg, GamePro ist immer noch da! Bravo!

GamePro-Jubiläum
Dieser Artikel ist Teil unserer Jubiläumswoche anlässlich des 20. GamePro-Geburtstages. Mehr Artikel dazu findet ihr in unserer Übersicht.

Den Spielen verbunden

Ich selbst spiele nicht mehr so irre viel. Zum einen, weil mir Einiges bei vielen aktuellen Spielen auf den Zeiger geht, zum anderen, weil ich dank GamePro gefühlt genug Spiele für zwei Leben gespielt habe. Wenn ich heute zocke, dann vornehmlich etwas aus meinem (sehr hohen) Stapel der Schande an Rollenspielen. Das war schon immer mein Genre, außerdem hat es mich nach meinem Abschied aus der Spiele-Branche wieder stark zum Pen&Paper-Rollenspiel gezogen.

Ganz losgelassen habe ich Spiele also nicht, werde ich auch nie. Medien auch nicht. Derzeit basteln wir mit Freunden an unserem Hobby-Twitch Kanal "Bonus Action: Die", auf dem wir Dungeons&Dragons spielen. Wenn alles nach Plan läuft, ist er live, wenn ihr diese Zeilen lest. Schaut doch mal rein, ich würde mich freuen, mit dem ein oder anderen GamePro-Veteran im Chat zu plaudern.

Ein ziemlicher Kontrast, wenn man sich den gigantischen Messestand zwei Jahre später ansieht. Ein ziemlicher Kontrast, wenn man sich den gigantischen Messestand zwei Jahre später ansieht.

Denn das, und das hebe ich mir für den Schluss auf, ist das Allergrößte, was mir GamePro gegeben hat: das Gefühl, Menschen Freude zu machen, ihnen Momente zu geben, die was bedeuten. Vor einigen Jahren stand ich mit Jemanden abends auf einem Empfang, plötzlich sagt er aus heiterem Himmel: "Aragorn, André Horn, wo ist da der Unterschied?" – über 15 Jahre, nachdem ich diesen Satz eher spontan auf einer DVD geparkt habe. Irgendwie war er bei ihm hängengeblieben.

In solchen Momenten weißt du: Da ist damals was Besonderes passiert! Danke an euch alle für eure Rückmeldungen in all den Jahren, für die Begeisterung, die Briefe, Poster, die irre Energie auf Games Convention und Gamescom, und was nicht noch alles. Ganz viel Liebe! 

Zock on,
André 

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