Update am 04. Oktober: Unseren kompletten Test findet ihr jetzt hier:
Die Forza Motorsport-Reihe war 12 Jahre lang eine fast schon unheimliche Konstante. Entwickler Turn 10 veröffentlichte seit 2005 pünktlich alle 24 Monate einen neuen Teil der Serie, die sich schnell einen Ruf als eine der besten Rennspielserien mit Simulationsanspruch machte.
Seit 2017 hat die Serie nun pausiert und am 10. Oktober erscheint nun ein vermeintlich runderneuertes Forza Motorsport, dem man den Reboot-Charakter schon an seinem zahlenlosen Titel ablesen kann. Ich konnte bereits ein paar Proberunden drehen und habe dabei schon einige Neuerungen in der Karriere und beim Fahrgefühl erlebt. Und auch einen ersten Eindruck von der Technik – dem Steckenpferd der Serie – habe ich bekommen – auch wenn sich das noch ein bisschen im Zaum(zeug) hält.
Was war spielbar?
Ich hatte über eine Preview-Version Zugriff auf die ersten beiden Tutorialrennen sowie den Einführungs-Cup (3 Rennen) der Kampagne von Forza Motorsport. Die Version enthielt 5 Fahrzeuge und 5 Strecken, der Gameplay-Content umfasste ca. eine Stunde. Außerdem nahm ich an einer knapp 45-minütigen Gesprächsrunde mit den Entwicklern teil, in der Hintergründe erklärt wurden und es die Möglichkeit gab, Fragen zu stellen.
Evolution statt Revolution
Um das gleich mal vorweg zu nehmen – auch, wenn ich nur wenige Rennen fahren konnte: Eine Genre-Revolution wird Forza Motorsport aller Voraussicht nach nicht. Stattdessen besinnt sich das Spiel auf das, was die Serie schon früher ausgezeichnet hat und garniert es mit zahlreichen Verbesserungen. Es handelt sich also auch in der Neuauflage um ein ebenso zugängliches wie vielfältig einstellbares Rennspiel mit tollem Fahrgefühl und einer hervorragenden Technik – das kann ich auch nach wenigen Stunden schon attestieren.
Die Preview-Version stellt den Anfang des überarbeiteten Karrieremodus in den Vordergrund. Auf den ersten Blick macht der sogenannte “Builders Cup” allerdings nicht so viel anders. Der generelle Gameplay-Loop ändert sich hier fundamental und ähnelt dem von anderen Racern in diesem Genre wie etwa Gran Turismo 7.
Mit unterschiedlichen Fahrzeugen absolviere ich diverse Meisterschaften (Touren) und versuchen, möglichst auf den vorderen Plätzen zu landen, um dadurch Fortschrittspunkte und Credits einzusacken. Damit verbessere ich dann meine Autos oder kaufe neue und schalte nach und nach immer weitere Serien frei.
Eine Prise Rollenspiel
Den Fokus verschiebt Entwickler Turn 10 diesmal aber deutlich. Denn zum einen ist der Verlauf der Meisterschaften ähnlich wie schon in Forza Motorsport 7 nicht stringent vorgegeben. Und zum anderen liegt die Konzentration diesmal weniger auf dem Sammeln von Autos, sondern vielmehr deren Entwicklung und Verbesserung.
Meine Boliden leveln nach und nach auf, wenn ich sie fahre, jede neue Autostufe schaltet neue Upgrade- und Tuningteile (Spoiler, Motorenteile, Stabilisatoren etc.) für die Fahrzeuge frei – ein bisschen also wie in einem Rollenspiel, nicht umsonst fiel in der Interview-Runde mit den Entwicklern mehrfach das Wort "Car-PG".
Diese Freischalt-Salamitaktik irritiert mich beim Anspielen zwar zunächst, gerade weil manche Leistungsverbesserungen am Fahrzeug (z.B. Turbo, Ventile, Nockenwelle) erst in höheren Stufen möglich sind.
Dennoch hat mich dieses Prinzip während der Preview auch ungemein motiviert. Am rechten oberen Bildschirmrand sehe ich nämlich stets, auf welchem Level mein Auto gerade ist und wofür es Punkte gibt. Etwa für Überholvorgänge, gut gefahrene Kurven oder das Schlagen einer persönlichen Bestzeit von bestimmten Sektoren einer Strecke.
Das hat mir beim Anspielen schon ziemlich gut gefallen und mich immer wieder gekitzelt, noch ein paar Millisekunden besser zu sein als in einer vorherigen Runde. Außerdem dürfte diese Ausrichtung im fertigen Spiel dazu beitragen, dass ich meine Autos in diesem Motorsport-Teil seltener wechseln werde als in bisherigen – schlicht, weil ich alles für meinen aktuellen Flitzer freischalten will.
Geteiltes Qualifying
Viele Autos habe ich bei der Vorschau aber ohnehin noch nicht unter dem Hintern, die Anfangs-Meisterschaft lässt die Wahl zwischen einem Honda Civic Type R, einem Subaru Impreza und einem Ford Mustang – im fertigen Spiel wird es über 500 Karren geben.
Die Autos lassen sich später mit den freigeschalteten gesammelten Teilen natürlich auch deutlich verbessern, hier sollte man aber stets das Limit der aktuellen Meisterschaft im Auge behalten – wird das überschritten, darf die aufgemotzte Karre nicht mehr teilnehmen.
Apropos teilnehmen: In der ersten Meisterschaft gibt es für die drei Rennen jeweils ein freies Training und anschließend das eigentliche Rennevent. Ein Qualifying, bei dem die eigene Startplatzierung herausgefahren wird, fehlt wie schon in bisherigen Teilen.
Dafür hat Turn 10 eine Option eingebaut, die Startplatzierung selbst festzulegen. Je weiter vorne, desto höher die Siegwahrscheinlichkeit, aber desto geringer auch die zusätzliche Creditbelohnung.
Eine interessante Risiko-Belohnungs-Abwägung also, aber auch kein wirklicher Ersatz für ein echtes Qualifying. Immerhin: Die Entwickler haben mir bestätigt, dass es im Multiplayer komplette Rennwochenenden geben wird – also auch mit Qualifying.
Forza Motorsport als Plattform
Dass das neue Forza Motorsport keine Zahl im Titel hat, hat zum einen mit dem Reboot-Gedanken zu tun, aber noch einen anderen Grund. Wie die Entwickler in der Interviewrunde mehrfach betonten, ist das neue Forza als Plattform ausgelegt, dass zukünftig regelmäßig erweitert und verbessert werden soll – unter anderem mit neuen Strecken, Autos und Touren. Ein Forza Motorsport 2 wird also vermutlich nicht allzu schnell kommen.
Forza Motorsport fühlt sich super an!
Das Fahrgefühl ist bislang mein absolutes Highlight des Xbox-Racers: Die verfügbaren Boliden steuern sich mit dem Pad allesamt hervorragend und vor allem nachvollziehbar. Es fällt sofort auf, dass Turn 10 bei der Fahrphysik keine Schraube auf der anderen gelassen hat. Insbesondere das simulierte Gewicht der Fahrzeuge ist speziell in Kurven nahezu spürbar, wenn die Fliehkräfte an den Karosserien zerren.
Ebenso schick sind zudem die Verbesserungen an der Reifenphysik. Natürlich maße ich mir nicht an, wirklich zu merken, dass die virtuellen Reifen jetzt acht Kontaktpunkte mit der Fahrbahn haben und 260mal in der Sekunde abgefragt werden – das tun sie nämlich jetzt laut Turn 10 – aber das gesamte Physiksystem ist ein deutlicher Fortschritt im Vergleich zum siebten Teil. Und das Wichtigste: Es macht einmal mehr richtig viel Laune, die Boliden über die Pisten zu scheuchen.
Ebenfalls erfreulich: Die KI der gegnerischen Fahrer. Die lässt sich in insgesamt acht Stufen einstellen und machte bei meinen Proberunden schon eine gute Figur. Die Gründe dafür sind vor allem “menschliche” Fehler: KI-Autos verbremsten sich beispielsweise hier und da in Kurven und rollten ins Kiesbett, sodass ich nicht das Gefühl hatten, gegen tumbe KI-Roboter zu fahren, die stumpf auf der Ideallinie beharren – das gibt es im Rennspiel-Genre ja leider öfter.
Einziger Wermutstropfen: Schon in den ersten Rennen zeigten sich Tendenzen, dass sich ein oder zwei Fahrzeuge vom Feld absetzen und dann aufgrund der zumindest in der Preview-Version sehr kurzen Rennen (maximal vier Runden) nur sehr schwer einholbar sind. Dieses Problem hatten schon andere Motorsport- und auch Horizon-Teile, hier muss natürlich noch die fertige Version abgewartet werden.
So zugänglich wie selten
Lobend hervorheben will ich an dieser Stelle die Accessibility-Einstellungen. Von denen gibt es in Forza Motorsport wie auch in Forza Horizon 5 zig unterschiedliche und auch mehr als in den Vorgängern. Dazu zählen beispielsweise einstellbare Schriftgrößen und eine Vorlesefunktion – es gibt sogar Optionen für blinde Spieler*innen.
Und natürlich sind auch etliche Fahrhilfen wie Ideallinien, ABS oder eine Rückspulfunktion am Start, die sicherstellen dürften, dass auch dieses Forza Motorsport für alle zugänglich sein wird, die noch nicht als Baby an der Benzin-Pulle genuckelt haben. Genau die dürften mit Forza Motorsport aber vermutlich wieder mal das größte Vergnügen haben. Ebenso wie Einstellungsfanatiker*innen, denn im Tuning-Menü ist jedes noch so kleine Parameter einstellbar, von der Übersetzung bis zur Bremskraft.
Schick, aber noch nicht wow
Bei der Grafik waren meine Erwartungen ziemlich hoch, schließlich waren die ersten sieben Teile stets echte Technik-Vorzeigespiele für die jeweiligen Xbox-Generationen. Und nach der Preview-Version bin ich auch durchaus angetan: Die Automodelle sind enorm detailliert und nehmen in den Rennen sichtbar Schaden (z.B. durch Kratzer und Dellen im Lack), die Streckenoptik ist gelungen und gerade wenn die Sonne tief steht und mich blendet – etwa auf dem neuen Grand Oak-Kurs – oder leichter Dunst über dem Asphalt wabert, sieht Forza Motorsport wirklich exquisit aus.
Zusammen mit der konstanten Bildrate von 60 fps und der ansprechenden Präsentation vor und nach den Rennen, dürfte auch das neue Motorsport ziemlich sicher wieder auf die Grafik-Podiumsplätze fahren.
Grafik-Modi
Forza Motorsport bietet auf der Xbox Series X insgesamt drei Grafikmodi:
- Leistung: 60 fps und 4K-Auflösung
- Leistung RT: Ray-Tracing auf der Strecke, 60 fps und variable Auflösung
- Grafik: 4K-Auflösung, Ray-Tracing mit 30 fps
Zur Wahrheit bei der Optik gehört aber auch: Komplett umgehauen hat mich die Grafik von Forza Motorsport noch nicht. Das ist aber eher ein Gefühl, dass ich nicht an konkreten Details festmachen kann, sondern eher daran, dass sich Rennspiele heutzutage generell auf einem ziemlich hohen technischen Level bewegen.
Forza Motorsport verschiebt hier keine Grenzen oder macht etwas besonders außergewöhnlich, auch wenn es insbesondere zum direkten Vorgänger ein deutlicher Sprung ist. Allerdings habe ich natürlich auch nur einen Bruchteil des Spiels gesehen, Regenrennen oder Tageszeitenverläufe gab es in der Preview-Fassung beispielsweise noch nicht. Dieser erste Eindruck kann sich also im fertigen Spiel noch ändern.
Forza Motorsport erscheint am 10. Oktober 2023 für die Xbox Series X/S und den PC, übrigens auch direkt im Game Pass. Wer die Premium Edition des Spiels kauft, kann schon fünf Tage früher loslegen.
Einschätzung der Redaktion
Tobias Veltin
@FrischerVeltin
Wenn ihr die Forza Motorsport-Serie kennt, dürfte euch vieles in meiner Vorschau sicherlich nicht überraschen. Denn obwohl das hier ein Reboot ist, wagt Turn 10 wenig überraschend keine großen Experimente – wie auch in diesem Genre? – sondern schleift das bewährte Prinzip der Reihe dieses Mal noch etwas feiner.
Das Ergebnis ist zumindest meiner allerersten vorsichtigen Einschätzung nach ein hervorragendes Rennspiel mit exzellenter Fahrphysik, schicker Optik und nahezu allem, was man von einem AAA-Spiel dieses Genres erwarten darf. Nur eben an vielen Stellen noch einmal verbessert und optimiert, aber immer noch merkbar ein Forza Motorsport.
Viele Fragen bleiben natürlich noch. Etwa zur Qualität der Karriere, die ich nach meinen Proberunden noch nicht wirklich beurteilen kann, oder auch nach dem Multiplayer-Modus, der in der Preview-Version gar nicht zur Verfügung stand. Ich bin aber optimistisch – Motorsport hat in seiner Historie schließlich noch nie enttäuscht – und freue mich schon jetzt auf die ersten Runden in der finalen Testversion.
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