Ein flauschiger Hase, der auf PS4 und PS5 mit Eisenfaust, Blitzpeitsche und dröhnendem Bohrer bewaffnet Metallroboter aufmischt. Bei der coolen Prämisse ist es doch klar, dass der Controller geradezu in unsere Hände schwebte. Das 2,5D-Actionspiel mit dem sperrigen Namen F.I.S.T.: Forged in Shadow Torch ist frische Metroidvania-Kost des chinesischen Entwicklers TiGames, das uns über 20 Stunden lang in eine dystopische Dieselpunk-Welt wirft und sich exakt so cool spielt, wie es klingt.
Das größte "Manko", und hier greifen wir ein wenig vorweg, ist das Genre selbst, das in den vergangenen Jahren so viele tolle Spiele hervorgebracht hat. Zuletzt Axiom Verge 2 sowie die Metroidvania-Könige Ori and the Will of the Wisps und Hollow Knight - und Metroid Dread für die Switch klopft ebenfalls bereits an die Tür. Bleibt hier Platz für Kampfhase Rayon? Aber ja! Aus unserer Sicht solltet ihr euch die Zeit nehmen, denn F.I.S.T. macht für einen vergleichsweise schmalen Taler mächtig Laune.
Update: Mit Patch 1.03 wurde ein zweiter Schwierigkeitsgrad (Easy Mode) hinzugefügt.
Kampfhase vs. Killerroboter
Damit ihr im Bilde seid, zunächst ein kurzer Blick auf Story und Setting des Spiels. Schauplatz ist Torch City, eine gigantische Industriestadt, die von einer Roboterlegion namens Iron Dogs unterjocht wird. Von Diesel angetriebene mechanische Aufzüge, kalte Tristesse, die von Flammen und Rauch durchzogen wird, gepaart mit dem Charme der 1950er-Jahre. Dieselpunk, den man förmlich durch den Bildschirm schmecken und riechen kann. Ohne aber husten zu müssen.
Zu den Bewohnern der Stadt - allesamt Tiere wie Ratten und Waschbären - gehört auch Kriegsveteran und Kampfhase Rayon, dessen Freunde in Gefangenschaft geraten. F.I.S.T. erzählt fortan eine unterhaltsame, spannende Geschichte über die Befreiung der Stadt. Für ein Spiel mit eher geringem Budget wird die Story in erstaunlich hochwertigen Cutscenes und mit einer tollen englischen Sprachausgabe präsentiert.
Die Charaktere sind toll geschrieben, haben auch immer wieder einen humorvollen Spruch auf den Lippen. Auch optisch macht das Spiel abseits weniger, eher unschöner Passagen, in nativen 4K und flüssigen 60 fps auf der PS5 einen hervorragenden Eindruck.
Mit Eisenfaust, Bohrer und Peitsche
Das Drumherum stimmt, doch wie schaut's mit den teils stark fordernden Kämpfen aus? Auch hier wurden wir bestens unterhalten. Im Kern ist F.I.S.T. ein Melee-Game. Bedeutet, ihr schaltet via Fähigkeitenbaum Nahkampfattacken für Rayons Hauptwaffen frei: Mit der auf seinem Rücken montierten Eisenfaust deckt ihr die Iron Dogs mit leichten und schweren Schlägen ein, mit einem unfassbar cool aussehenden Bohrer nehmt ihr Gegner in die Mangel oder saugt sie mit einer Drehattacke zu euch.
Und die Blitzpeitsche, naja, die macht exakt das, was man erwartet. Mit ihr könnt ihr auf große Distanz humanoiden Blechmännern, fliegenden Drohnen und teils richtig knackigen, aber fantastisch inszenierten und abwechslungsreichen Bossen so richtig eins über die Metallhaut braten.
Die Kämpfe fühlen sich auch dank wuchtiger und toll inszenierter Finisher klasse an. Zu mäkeln haben wir lediglich bei den nicht ganz eindeutig dargestellten Angriffen bzw. Kontern der Gegner, die uns durch nicht vorhandene Unverwundbarkeits-Frames (invincibility frames) mehr getroffen haben als uns lieb war.
Auch war leicht störend, das wir nicht durch Gegner hindurch rollen konnten, was jedoch Geschmackssache ist. F.I.S.T. geht hier einen eher "realistischen" Weg.
Ein tolles Metroidvania mit einer Schwäche
Auch beim Kampfsystem heimst F.I.S.T. ordentlich Punkte ein, doch ein ganz wichtiger Punkt fehlt noch: Ist es denn auch ein gutes Metroidvania?
Die Spielwelt Stück für Stück dank gewonnener Fähigkeiten aufdecken, Geheimnisse wie Upgrades und optionale Bosse entdecken, so eine permanente Motivationsspirale schaffen, das Abenteuer mit Rayon bietet exakt das. Hinzu kommen anspruchsvolle Plattformer-Passagen über rotierende Sägeblätter und tödliche Laserbarrieren, die dank punktgenauer Steuerung bestens funktionieren.
Das Actionspiel versteht es hervorragend, Ray immer neue Fähigkeiten an die Hand zu geben, um etwa durch einen erlernten Doppelsprung, Wandsprünge und Dash-Manöver an zuvor unerreichbare Orte zu gelangen. Auch können wir zum Beispiel nach Finden des Bohrers diesen als Propeller einsetzen, um über gefährliche Stellen zu schweben oder unter Wasser zu tauchen.
Wir finden Items, die unser Leben permanent erhöhen oder coole Skins, die unsere Eisenfaust rosa einfärben und mit einem … süßen Hundekopf versehen. Ein Beispiel übrigens, dass sich das Spiel nicht immer ernst nimmt, was wir herrlich erfrischend finden.
Wo ist denn jetzt der Haken? Wir müssen über die Karte sprechen. Was war da los, TiGames? Was wir bei anderen Genres lediglich als Randnotiz abhandeln würden, ist bei einem Metroidvania essentiell. Die Map ist zwar weit davon entfernt, ein K.O.-Kriterium zu sein - Missionsziele werden verständlich mit einem großen roten Punkt angezeigt -, doch Kleinigkeiten hätten hier so viel bewirkt. Komfortfunktionen wie das Einfärben von Räumen, oder eine Markierung, dass wir an einem Ort alles gefunden haben. Ein Cursor, der uns beim Hovern über die Karte anzeigt, was welches Symbol auf der Karte bedeutet (eine Legende gibt es). Platzierbare Marker und generell ein wenig mehr farbliche Struktur wären eine wünschenswerte Ergänzung.
Wir wissen, dass Metroidvania-Spieler*innen aus einem simplen Feature wie der Karte viel Motivation und Befriedigung ziehen. Hier mögen wir für einige unter euch vielleicht ein wenig pingelig und überkritisch sein und nochmal sei gesagt, dass das Fehlen wahrlich kein Beinbruch ist. Doch die Map zählt für uns im Genre zu den wichtigsten Punkten.
Doch klar ist auch: Dass eine Map unser größter Kritikpunkt ist, zeigt auch, wie viel Spaß wir mit dem Abenteuer des Kampfhasen hatten. In Sachen Inszenierung und Atmosphäre bewegen wir uns hier nicht in Hollow Knight- oder Ori-Sphären. Dennoch erwartet euch ein einzigartiges, überaus spaßiges Metroidvania zu einem durchaus fairen Preis.
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