Beim Wort "Postapokalypse" kommen mir als erstes verödete Landstriche und zerlumpte Helden in den Sinn, die durch Ruinen oder Keller streifen und dabei versuchen, mit allen Mitteln am Leben zu bleiben. Doch Ubisoft schert sich mit Far Cry New Dawn nicht um die klassisch düstere Darstellung von Endzeit-Welten, wie wir sie aus Fallout oder Metro kennen.
In der Open World des Shooters stehen knallige Farben auf dem Programm. Während meines Anspieltermins stürze ich mich in die vielleicht bunteste Postapokalypse, die ich bis dato in einem Videospiel gesehen habe. Doch obwohl Far Cry New Dawn mit serientypischer Shooter-Action überzeugt, lässt mich gerade die auf dem ersten Blick so interessant wirkende Spielwelt enttäuscht zurück.
Schöne neue Welt
Far Cry New Dawn spielt 17 Jahre nach den Ereignissen von Far Cry 5. Und Achtung, hier muss ich mir einen großen Story-Spoiler erlauben - Der wahnsinnige Prediger Joseph Seed sollte am Ende Recht behalten: Die Welt geht unter. Dank Atombomben, die Hope County, Montana in Schutt und Asche gelegt haben.
Nach dem Fallout sprießt hier mittlerweile wieder das prachtvolle Leben: Pinke Blumen überziehen das Land, Wildschweine trinken Wasser aus Kraterpfützen und ehemalige Städte wurden durch improvisierte Lager ersetzt, die Überlebende mit Neonfarben bemalt haben.
Bei ihrer Endzeit-Version haben sich die Macher laut Art Director Isaac Papismado vom sogenannten Super-Bloom inspirieren lassen. Ein reales Phänomen, bei dem trockene Wüsten nach Regenfällen unvorstellbare Mengen an Blumen wachsen lassen. Wie kalifornische Landschaften bei einem Super-Bloom ist die Welt von Far Cry New Dawn atemberaubend schön. Ein Farbenmeer, das in einem interessanten Kontrast zum brutalen Shooter-Gameplay steht.
Auf den Gameplay-Pfaden der Vorgänger
Far Cry New Dawn ist im Grunde Far Cry 5 im Endzeitgewand. Zwar kommt der Shooter mit einigen Neuerungen, am grundsätzlichen Spielgefühl ändert sich aber nichts.
Als komplett neuer Charakter, bei dem wir abermals Geschlecht und Aussehen bestimmen, müssen wir diesmal die sogenannten Highwaymen und ihre beiden Anführerinnen Mickey und Lou zur Strecke bringen. Unbarmherzige wie habgierige Überlebende, die Hope County terrorisieren und das Land um seine verbleibenden Rohstoffe berauben.
Was ist mit dem Deputy aus Teil 5 passiert? Welche Rolle wird Joseph Seed diesmal spielen? Das sind nur zwei von mehreren offene Fragen, auf die wir laut Papismado im Laufe der Story oder beim Erkunden der Spielwelt Antworten finden werden.
Wie im Vorgänger hangeln wir uns an den Storymissionen der Kampagne entlang oder widmen uns den vielen Open World-Aktivitäten wie Schatzsuchen, Angeln oder Lagerbefreiungen, bei denen wir uns serientypisch für eine schleichende oder offensive Vorgehensweise entscheiden.
Auf Expedition
Neu sind hingegen Expeditionen. Spezielle Missionen die uns aus der Open World von Hope County ausbrechen lassen und uns an Schauplätze rund um den Globus schicken.
Im Grunde bestreiten wir hierbei Außenposten-Missionen mit erweiterten Spielregeln: So müssen wir zum Beispiel ein Kriegsschiff infiltrieren und ein bestimmtes Päckchen finden, um es anschließend an einen Abholort zu bringen. Am besten unbemerkt, da uns im Falle eines Alarms unendlich nachspawnende Feinde im Nacken sitzen. Ist die Tarnung erst einmal aufgeflogen, eskaliert unser Vorhaben in eine wilde, ungeahnt fordernde Schießerei.
Wer nach einer Herausforderung und etwas Abwechslung vom herkömmlichen Open World-Gameplay sucht, dürfte mit den Expeditionen glücklich werden. Wirklich originell ist zumindest die, die ich gespielt habe nicht, weil sie sich spielerisch nur geringfügig von herkömmlichen Außenposten-Missionen unterscheidet.
Ein Far Cry, wie wir es kennen
Ebenfalls neu sind das Crafting-System und damit verzahnte RPG-Light-Elemente, die ich euch hier genauer erkläre. So viel kann ich euch aber jetzt schon verraten: Einen grundlegenden Richtungswechsel, wie ihn Ubisoft mit der Assasssin's Creed-Reihe vollzogen hat, steht uns trotz leichter Rollenspielelemente mit New Dawn nicht bevor. Far Cry bleibt auch nach dem Ende der Welt Far Cry.
Somit ist der postapokalyptische Shooter vor allem für diejenigen interessant, die mehr von Far Cry 5 wollen. Ein Titel für Spieler, die nach derselben kurzweiligen Erfahrung gieren, die Ubisoft mit dem dritten Teil etabliert hat. Doch während das Gameplay gewohnt actionreichen Spaß verspricht, will es Ubisoft nicht gelingen, sich immerhin mit der Spielwelt von den anderen Ablegern der Reihe abzusetzen.
Schöne aber öde Ödnis
Das Endzeit-Montana ist zweifellos schön anzusehen. Hinter der farbenfrohen Fassade herrscht allerdings Ödnis. Während meiner rund dreistündigen Anspiel-Session konnte ich bislang nicht viel Interessantes entdecken.
Dabei erwarte ich aber genau das von einer postapokalyptischen Open World: spannende Orte an jeder Ecke, Orte mit Geschichten, Orte mit Seele. Gerade wer sich mit Far Cry New Dawn ein actionlastigeres Fallout-Äquivalent mit gutem Gunplay erhofft, wird zumindest in puncto Setting enttäuscht werden. Hope County ist kein Ödland des Commonwealth, kein Washington D.C., kein Appalachia.
Trotz vieler technischer wie erzählerischer Baustellen versteht es Fallout 76, eine abwechslungsreiche Spielwelt zu entwerfen, die Erkundungslust weckt. Jeder Abschnitt der Map birgt einen neuen spannenden Ort mit neuen spannenden Geschichten. Ein verlassenes Skigebiet, eine zerstörte Nuka Cola-Fabrik, ein komplett intaktes Hotel inklusiver Roboter, die dort seit Jahren arbeiten als wäre nichts gewesen.
Die Open World von Far Cry New Dawn wirkt dagegen gleichförmig. Auf meinen ersten Streifzügen finde ich zwar hübsche Wälder und Wiesen, aber keinen einzigen Flecken, den ich mir genauer ansehen will oder der wirklich besonders wirkt.
Das bedeutet nun aber nicht, dass es hier rein gar nichts zu entdecken gibt. Da das neue Hope County größtenteils auf der Map des Vorgängers basiert, werden Far Cry 5-Fans auf viele bekannte Orte stoßen, die die Natur zurückerobert hat. Josep Seeds Kapelle zum Beispiel. Oder die Stadt Fall's End.
Mir fehlt der Postapokalypse des Spin-offs allerdings das gewisse Etwas. Zumal ich die Welt des fünften Teils im direkten Vergleich zur Insel aus Far Cry 3 und Kyrat aus Far Cry 4 ohnehin uninteressant fand. Natürlich kann mich das finale Spiel noch immer überraschen. Ich habe ja nur etwa drei Stunden von Far Cry New Dawn gesehen. Bislang weckt Ubisofts Postapokalypse bei mir allerdings keine Endzeit-Abenteuerlust.
Far Cry New Dawn
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