Blumen pflücken
Lead Game Designer Jamie Keen kümmert sich vor allem darum, die offene Spielwelt jenseits der Storymissionen spannend und verlockend zu machen. Zu den Inspirationsquellen des Teams gehören neben den Far-Cry-Vorgängern auch Weltoffenheits-Paradebeispiele wie das Rollenspiel The Elder Scrolls 5: Skyrim: »Unsere Aufgabe ist es, die Neugier des Spielers zu wecken, ihn dazu verführen, die Welt entdecken zu wollen - und ihn dafür zu belohnen. Bei unseren Tests mit Far Cry 3 haben wir es bisher bei jedem Spieler erlebt, dass er etwas Interessantes sieht und nachforschen will. Für mich ist das immer der Moment, in dem das Spiel wirklich zum Leben erweckt wird.«
Als Beispiele für Sehenswürdigkeiten, die uns vom direkten Storymissionen-Abklapperpfad abbringen sollen, nennt Andrea Zanini Begegnungen mit anderen Charaktere, das Wrack eines abgestürzten Flugzeugs oder geheimnisvolle Dschungelruinen.
Das Sammeln von Ressourcen ist eine weitere einträgliche Nebenbeschäftigung. Wir können bestimmte Pflanzen pflücken sowie Tiere jagen, häuten und deren Felle verkaufen. Dabei sind unterschiedliche Risiken zu beachten, eine Bergziege zu erlegen ist weniger gefährlich als eine Begegnung mit einem Komodowaran oder einer hungrigen Dschungelkatze: »Wenn du ein paar Augen in der Dunkelheit glühen siehst, ist es an der Zeit, die Machete rauszuholen«, berät uns Thompson. Geplant sind auch Aktivitäten wie Pokerpartien in der nächsten Kneipe oder Renn- und Schießaufgaben in freier Wildbahn. Hat hier gerade jemand Red Dead Redemption gesagt?
Granaten werfen
Damit's angesichts solcher an Rollenspiele erinnernden Elemente keine Missverständnisse gibt, stellt Produzent Dan Hay klar, dass Far Cry 3 in erster Linie ein Shooter ist. Zur Beweisführung dient ihm die Medusa-Mission früh in der Kampagne. Unsere Spielfigur Jason Brody ist ein ganz normaler Rucksacktourist, der zusammen mit seinen Freunden auf einer abgelegenen Insel irgendwo im Indischen Ozean strandet.
Doch auf dem Eiland gehen merkwürdige Dinge vor, paramilitärische Truppen unterdrücken die Inselbevölkerung, Touristen werden verschleppt und Zivilisten gnadenlos. Jason gelingt die Flucht in den Dschungel. Er kämpft ums Überleben und findet Verbündete unter den Inselbewohnern. Vor allem aber sinnt er auf Rache und will seine Freunde befreien.
In einer der ersten Missionen der Haupthandlung sollen wir den Funkturm auf dem Deck der Medusa ausschalten. Dabei steht unser Held in Funkkontakt mit einem Verbündeten namens Willis, kurze automatisch ablaufende Dialoge helfen bei der Erklärung der Situation.
Nach Sondierung der Lage mit der Kamera wird es ernst. Schleichen, stechen, dem Gegner das Maschinengewehr abnehmen und auf sie mit Gebrüll. Vom Strand zu einem ersten Schiffswrack vorkämpfen, hier die Gegner abräumen und zur Medusa abseilen. Weiter schießen, Granaten werfen und Explosiv-Fässer zum Vorteil nutzen.
Schließlich flitzt Jason eine Leiter rauf und legt den Funkturm lahm, klemmt sich dann hinter ein stationäres MG und rattert damit alles nieder, was am Strand noch kreucht, fleucht oder geparkt ist. Fette Explosionen, Rauchschwaden, aus dem Chaos entkommt der Held über eine weitere Seilrutsche. Er klemmt sich hinter einen Jeep, braust zunächst am Strand entlang und entschwindet schließlich über eine Brücke Richtung Dschungel. Auf dem Armaturenbrett wackelt eine lustige kleine Hula-Puppe.
»Immer wenn du dir wünschst, etwas Bestimmtes machen zu können, , soll dir das Spiel signalisieren ›Dann tu's doch‹«, fasst Dan Hay die Missionsdesign-Philosophie zusammen. Das Gelände kann erforscht, jede Waffe geklaut, jedes Vehikel benutzt werden. Die Entwicklung wird dadurch nicht einfacher, denn künstliche Intelligenz und auch Leveldesign müssen auf diese Möglichkeiten abgestimmt sein. Hay erinnert sich: »Das erste was passierte, als wir die Medusa-Mission intern testeten: Jemand schnappte sich einen Paraglider und schwebte damit über allen Gegnern hinweg direkt zum Turm - ›OK, ich bin schon fertig!‹«.
Pilze sammeln
An der Action-Kompetenz von Ubisoft bestehen nach der zunächst krachigen Demonstration wenig Zweifel. Aber Far Cry 3 kann auch anders. In der nächsten vorgeführten Mission besucht Jason auf Anraten seines Funkkontaktfreundes einen gewissen Dr. Earnhardt, der Patienten in einem heruntergekommenen Gewächshaus empfängt.
Der Doc ist eine exzentrische Erscheinung: graue Haare, wirrer Blick, ziemlich verlottert. Als er zur Spritze greift, brabbelt er: »Ich persönliche bevorzuge meine Shots ja in flüssiger Form«. Earnhardts fleckiger Kittel hat auch schon mal bessere Tage erlebt. Aber auf einer Insel voller Feinde kann Jason nicht wählerisch sein und lässt sich auf einen Deal mit dem Doktor ein: Pilze aus einer Höhle besorgen und im Gegenzug rezeptfreie Heilmittelchen erhalten.
Der Dialog mit dem Doc ist stimmig und spannend, uns haben Mimik und Stimme von Earnhardt sehr gut gefallen. Der Typ fällt aus dem Rahmen, was man auch von seiner Mission »Pilze in der Tiefe« behaupten kann. Ein Pfad führt uns zu einem Kliff, von dem wir in eine Höhle springen müssen. Nach einer Schwimmeinlage benutzt Jason Kletterpflanzen, um die Grotte zu erforschen. Dabei holt er in der Nähe einer Pilzschar zu tief Luft, der Dunst der Schwammerl verursacht absurdeste Sinnestäuschungen.
Jason verliert die Orientierung und schreitet von unheimlichen Soundeffekten begleitet einen verschwommenen Pfad entlang, das Licht ändert sich ständig, Felsen beginnen zu glühen, überhaupt drehen die Farben gehörig am Rad. Schließlich steht er wieder im Gewächshaus, dessen Glaswände in Zeitlupe in tausend Scherben zerspringen ... wodurch die Halluzination beendet wird. Jason ist immer noch in der Höhle, doch jetzt steht er vor den Heilpilzen, die er für seine Mission braucht. Als er sich auf den Rückweg macht, ist es draußen schon dunkel, der Vollmond steht am Himmel. Earnhardt ist sehr zufrieden der Ausbeute und kann die Produktion starten: »Komm' später wieder für eine Kostprobe, du wirst es nicht bereuen.«
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