Komplett idiotisch, aber verdammt cool - Dean Evans, der Creative Director des allein lauffähigen Downloadtitels Far Cry 3: Blood Dragon lässt keinen Zweifel daran, was für ein Spiel er entwickelt. »Nur um das nochmal klarzustellen, unsere Story ist grottenschlecht. Die einzige Emotion, die ihr hier finden werdet, ist wütende Cyborg-Mordlust. « Und als wären mordlustige Cyborgs nicht schon schlimm genug, haben sich die Kerle mitsamt Bergen von Massenvernichtungswaffen selbstständig gemacht und auf einer einsamen Insel verschanzt.
Bei einer solchen Bedrohung für das Schicksal der Welt ist für College-Milchbubis wie Jason Brody kein Platz mehr - nein, im ultimativen Kampf zwischen Gut und Böse muss ein anderer Held her. Ein Actionheld der alten Schule, halb Mensch, halb Maschine, ganz Patriot. Es schlägt die Stunde von Sergeant Rex Power Colt.
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Zurück in die Zukunft
Für Rex, wie könnte es anders sein, ist die Mission persönlich, denn die abtrünnigen Cyborgs unterstehen seinem ehemaligen Befehlshaber. Also schnappt sich der Cyber-Kommandosoldat, in der englischen Version übrigens gesprochen von Schauspieler Michael Biehn (Terminator, Aliens), einen Helikopter und macht sich auf, die feindliche Inselbasis zu infiltrieren. Ein tropisches Idyll à la Far Cry 3 sollten wir aber nicht erwarten: Palmen und Gräser gibt es zwar reichlich, aber die Erde hat inzwischen einen akolyptischen zweiten Vietnamkrieg hinter sich und nun hängen selbst in den Tropen schwarze Wolken in einem roten Himmel. Zu allem Überfluss stampfen auch noch die namensgebenden »Blood Dragons« über das Eiland, riesige Cybersaurier, die mit ihren Augenlasern alles vaporisieren, was ihnen in die Quere kommt. Es ist eine finstere Zukunft, dieses Jahr 2007 - Moment, 2007?
Richtig, denn Far Cry 3: Blood Dragon ist vor allem eine Liebeserklärung an SciFi-Filme der Achtziger und Neunziger. Und von denen borgt es sich auch seine Zukunftsvision - wir erinnern uns da zum Beispiel an Terminator, wo die intelligente KI Skynet die Welt schon 1997 in einen Nuklearkrieg stürzte. Wer mit dieser Generation von Filmen aufgewachsen ist, wird auch den Grafikstil von Blood Dragon sofort wiedererkennen: Die einzige Beleuchtung in den scheinbar komplett aus Chrom zusammengeschweißten Cyborg-Stützpunkten sind grelle Neonlichter, das Bild flimmert wie von einer alten Videokassette abgespielt.
Und dann sind da die Cyborgs selbst. Deren Rüstungen sollen allesamt so aussehen, als wären sie Kostüme für einen Film - und zwar einen mit verflixt knappem Budget, sodass die Maskenbildner jeden Anzug aus Bestandteilen für höchstens 150 Dollar zusammenkleistern mussten. So laufen uns Feinde vor die Flinte, die augenscheinlich einen Staubsauger auf dem Rücken tragen oder für ihre Schulterpanzer Eishockey-Outfits ausgeschlachtet haben. In einem Computerspiel, wo der Fantasie der Modellierer keine Grenzen gesetzt sind, natürlich blanker Unsinn, aber enorm stimmig.
Hasta la Vista, Far Cry 3
Und was hat das alles mit Far Cry zu tun? Mit der Handlung des dritten Teils überhaupt nichts, aber das ist für die Serie ja sowieso nichts Neues. Bislang hat noch jeder Teil eine völlig neue Geschichte erzählt, ohne sich groß um seine Vorgänger zu kümmern. Dean Evans sieht Blood Dragon am ehesten noch als futuristischen Nachfolger des ersten Teils. Jack Carvers Amoklauf durch Doktor Kriegers Mutantenarmee sei schließlich auch schon »Schwachsinn der allercoolsten Art« gewesen. Was Far Cry vor allem für ihn ausmache, sei die Spielmechanik, und hier bleibt Blood Dragon überraschend nah an Far Cry 3.
Genau wie Jason Brody erkunden wir auch als Rex Colt eine frei begehbare Insel, nur anstelle von Piratenaußenposten räuchern wir diesmal Cyborg-Garnisonen aus. Wie wir dabei vorgehen, ist uns wieder komplett selbst überlassen: Wir können uns entweder anschleichen und Feinde mit Messer, Ninjasternen und Cyberbogen (»genau wie der normale Bogen, nur mit Neon«) lautlos erledigen. Oder wir pfeifen auf Diskretion, stürmen halsbrecherisch drauflos und ballern das Cyber-Gesocks zu den Klängen ihrer Alarmanlage aus allen Rohren nieder.
Für jeden eroberten Stützpunkt schalten wir auf der Insel neue Abenteuer frei. Auch die erinnern an das Hauptspiel, und das nicht nur im Guten - etwa, wenn mal wieder zur Jagd auf wilde (genauer gesagt, bis zum Irrsinn verstrahlte) Tiere geblasen wird. Diese Aufträge kamen uns schon im Hauptspiel wegen mangelnder Abwechslung schnell zu den Ohren raus. Wir hoffen, dass Blood Dragon sein abgedrehtes Setting nutzt, um sie ein wenig abwechslungsreicher zu gestalten. Neu und deutlich interessanter sind die Geiselbefreiungen, in denen wir Wissenschaftler aus den Klauen unserer Cyborg-Widersacher befreien müssen. Sobald die uns aber bemerken, richten sie die Geisel hin - es ist also Vorsicht statt Feuerkraft geboten. Insgesamt versprechen die Entwickler um die acht Stunden Spielzeit, was für einen Downloadhappen für 15 Euro voll in Ordnung ginge.
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