Schon vor Erscheinen im November 2018 hat Bethesdas Fallout 76 viele Schlagzeilen gemacht und die Spielerschaft gespalten. Viele Spieler wandten sich wegen des alternativlosen Multiplayer-Modus vom Spiel ab, andere wegen des Fehlens menschlicher NPCs.
Denn das bedeutet auch heute noch, dass alle Quests nur indirekt erzählt werden, nämlich über Briefe, Computerdateien oder Audiologs. Die finden wir im Spiel zwar an so gut wie jeder früher bewohnten Ecke, wir brauchen aber viel Geduld und Lust, uns diesen ganzen Kram überhaupt durchzulesen oder anzuhören.
Indiana Jones lässt grüßen
Zusammenhänge zwischen einzelnen Quests und Story-Strängen bekommen wir aber nur mit einem guten Gedächtnis für Daten und Zahlen wirklich mit. Das Zusammenstoppeln der einzelnen Infopuzzleteile hin zur eigentlich sehr interessanten Hintergrundgeschichte Appalachias fällt damit ziemlich mühsam aus.
Die meisten Quests spielen sich so trocken wie eine archäologische Ausgrabung und lassen nur wenig Mitgefühl für die längst verstorbenen Handelnden aufkommen.
Ganz egal, ob wir uns in den Whitespring-Bunker vorarbeiten, auf den Pfaden des Kaulquappen-Ordens wandeln oder versuchen, das Heilmittel für die Verbrannten-Seuche zu finden, wir sind immer zu spät dran und können am Geschehen nichts mehr ändern. Selbst wenn uns dann doch mal das Schicksal eines Verstorbenen packt und wir bis zum Ende mitfiebern, bleibt uns nach Abschluss der Quest nur das dumpfe Gefühl immer wiederkehrender Ohnmacht.
Der größte Vorteil von menschlichen NPCs
Motivierend geht anders - und genau in diese selbstgemachte Lücke passen menschliche, lebendige NPCs, die das Wastelanders-Update ins Spiel bringt, sehr gut hinein.
Was bringt das Wastelanders-Update?
- menschliche NPCs und eine neue Story-Quest
- ein Dialog-System, das Fallout 3 ähnelt
- Begleiter, mit denen wir sogar eine Liebesbeziehung eingehen können
- wir schließen uns Fraktionen an: Siedlern, Raidern, Kannibalen oder Mothman-Kultisten
- neue Waffen und Ausrüstungsgegenstände
- neue Locations auf der Map
Mitglieder verschiedener Fraktionen mit eigenen Zielen lassen uns die Zukunft gestalten, anstatt uns immer wieder in einen Trip in die Vergangenheit zu schicken. Bethesda hat auf der E3 2019 versprochen, dass wir mit unserer Entscheidung für eine der zurückkehrenden Siedlergruppen den Storyverlauf verändern werden.
Zum ersten Mal bietet Fallout 76 damit einen spürbaren Wiederspielwert, ganz abseits anderer Perk-Builds oder dem Wunsch, eine bestimmte Quest noch einmal zu erleben.
Genau darin liegt doch der Reiz der Vorgänger: Wir treffen in Quests Entscheidungen, woraus sich dann komplett unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten ergeben. In Fallout 4 erleben wir beispielsweise eine von drei verschiedenen Varianten der Hauptstory, wenn wir uns der Stählernen Bruderschaft, der Railroad oder dem Institut anschließen.
In Fallout 76 erreichen wir hingegen bislang einfach irgendwann das Ende des vorhandenen Contents und müsst dann entweder kreativ werden oder wir wenden uns anderen Spielen zu. In Quests mit Entscheidungen bleiben wir hingegen neugierig: Wie wäre ein von Raidern bestimmtes Appalachia? Welche Aufgaben erwarten uns, wenn wir lieber die andere Fraktion unterstützen?
Persönlichkeiten statt Einheitsbrei
Lebendige NPCs bringen aber auch anderweitig Abwechslung ins Spiel. Schließlich wissen wir nie vorher, ob wir den Worten eines Questgebers trauen können. Gerade bei den egoistisch und rücksichtslos handelnden Raidern müssen wir jederzeit damit rechnen, dass sie uns spätestens dann in den Rücken fallen, wenn es ihnen einen Vorteil bringt.
Dank menschlichem Gegenüber können wir nicht mehr vorausahnen, was passiert, wenn wenn wir eine Aufgabe erfüllen. Gut so! Lebendige Questgeber mit einer eigenen, uns zunächst nicht bekannten Agenda füllen das trostlose Ödland nicht nur durch ihre Anwesenheit, sondern auch emotional.
Bisher können wir echte Persönlichkeiten in Appalachia an einer Hand abzählen. Umprogrammierte Bots wie Raider-Rose oder der handelsreisende Supermutant Grahm haben ziemlichen Seltenheitswert. Selbst wenn es mal interessante Menschen gab, sind sie inzwischen entweder tot oder zu Verbrannten mutiert. Und Letztere geben uns statt einem launigen Plausch beim Kaffeekränzchen lieber ein Pfund Schmerz ins Gesicht.
Wie gerne hätte ich Paladin Taggerdy kennen gelernt, mit Senator Blackwell über Korruption diskutiert oder Raider-Anführer Thorpe gefragt, wieso er vom Skiurlauber zum gnadenlosen Raiderchef wurde! Dass im Fallout 76-Team kreative Autoren sitzen, beweisen Questreihen wie "Der verlogene Lowe" oder der "Orden der Mysterien". Ein bisschen Hoffnung auf abwechslungsreiche Freunde und Feinde ist also erlaubt.
Mehr Raum für Skurriles
Details wie die Versammlungsorten des Mottenmann-Kults haben Spieler bereits zu eigenen Kirchen- und Kultbauten inspiriert. Kein Wunder also, dass wir auch mit NPC-Mitgliedern dieses Kults zu tun bekommen sollen. Appalachia bietet noch genug andere kleinere Grüppchen, aus denen die Autoren für künftige Updates schöpfen können - genug Stoff, um Spieler immer wieder neugierig zu machen und zurückkehren zu lassen.
Mit lebendigen NPCs könnte Fallout 76 also durchaus nochmal durchstarten. Aber natürlich nur dann, wenn sich Bethesda darüber hinaus um ein weiteres großes Problem kümmert. Alle schicken Fraktionen, Romanzen, Entscheidungen und instanzierte Weltveränderung nützen nichts, wenn das Spiel nach wie vor ein Bugfest bleibt, bei dem jeder neue Patch nur noch mehr Probleme im Spiel bringt. Hier sollte Bethesda lieber noch mehr Zeit in die Bugbeseitigung stecken, bevor ein neues, großes Update Fallout 76 vollends unspielbar macht. Und dann können wir die neuen Geschichten erst richtig genießen!
Wastelanders soll im Herbst 2019 für Fallout 76 erscheinen.
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